Der Weltkrieg am 11. August 1914

 

Generalfeldmarschall v. d. Goltz an die
deutsche Jugend

Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz

Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz

Berlin, 11. Aug. (W. B.)
Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz erläßt im Namen des Jungdeutschland-Bundes folgenden Aufruf an die deutsche Jugend:
Mit inniger Freude habe ich aus allen Teilen des Reiches die Nachricht erhalten, daß die Jungmannschaften unseres Bundes durch wackeres Verhalten, braves und tüchtiges Zugreifen bei den Erntearbeiten, Hilfeleistungen jeder Art, durch Manneszucht und Ordnung sich die höchste Anerkennung erworben haben. Ich spreche ihnen allen meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung dafür aus. Ihr Verhalten beweist mir, daß die durch die Lehren des Bundes gestreute Saat kräftig aufgegangen ist und in der Zukunft reiche Früchte tragen wird, in der, wie ich hoffe, sich die gesamte deutsche Jugend ohne Ausnahme im großen Jungdeutschlandbunde zusammenfinden wird. Ich glaube nicht nötig zu haben, unsere Jungmannschaft zum Ausharren in den begonnenen Hilfsleistungen zu mahnen. Sie wissen ja, daß es unser Grundsatz bei allen Übungen war, niemals ein angefangenes Werk unvollendet zu lassen; das wird sich jetzt bewähren. Vorwärts also, deutsche Jungmannschaft. Jeder von Euch tue seine Pflicht für das Vaterland, für unseren geliebten Kaiser und sein Reich, gleichgültig an welchen Platz der einzelne gestellt wird. Während der Dauer des Krieges tritt unser Bund vorübergehend in die allgemeine Neuordnung der Jugendkräfte ein, die in nächster Zeit von höherer Stelle aus getroffen werden wird. In ihr sollen die älteren Klassen vom 16. Lebensjahr aufwärts eine Ausbildung erhalten, durch welche sie unmittelbarer als bisher für den Kriegsdienst vorbereitet werden. Jungdeutschland hat sich früh an den Gedanken gewöhnt, zur Verteidigung des Vaterlandes berufen zu sein. Jetzt sieht es dieses schneller, als wir alle dachten, erfüllt. Es freue sich dessen und setze alle Kräfte ein, sich dieser Bestimmung wert zu zeigen. Es sei, wenn es zu den Fahnen berufen wird, wie unser Gesetz es befiehlt, unerschrocken und tapfer, weil sein Herz nicht anders kann. Es bekämpfe jede Anwandlung von Furcht, Grauen oder Schwäche als seiner nicht würdig; es trage Ungemach und Beschwerde mit Gleichmut. bewahre die Ruhe in der Gefahr und achte die Ehre höher als ihr Leben. Unser Vaterland ist schwer bedroht, die Feinde wollen es nicht nur schwächen, sondern zerstückeln und vernichten. Aber seine tapfere Kriegsmacht wird es retten, zum Siege führen und seinen Ruhm erhöhen. Jungdeutschland hilft mit dabei, es glaubt fest an die Zukunft Deutschlands und ist entschlossen, ihr unter seines Kaiser glorreicher Führung Gut und Leben zu opfern. Glück auf, deutsche Jungmannschaft. Ans Werk. Erfülle deine Pflicht.

Charlottenburg, 11. August.

Freiherr von der Goltz

Generalfeldmarschall
und
erster Vorsitzender des Jungdeutschlandbundes.
2)

 

Warnung vor Gerüchten 

Berlin, 11. Aug. (W. B.) 
Es ist natürlich, daß unseres Volk in diesen Tagen der Spannung auf jedes Gerücht achtet. Durch Weitertragung pflegen sich die Gerüchte zu vergrößern, mag es sich um Erfolge oder Mißerfolge unserer Waffen handeln. So laufen Gerüchte um, daß ganze Regimenter vernichtet worden seien, z. B. das Regiment Garde du Corps. Dies wurde zu einer Zeit verbreitet, als sich das Regiment noch auf dem Transport befand und den Kriegschauplatz noch garnicht erreicht hatte. Auf der andere Seiten wurden unmögliche Erfolge verbreitet, so die Einnahme von Belfort. Es hieß sogar, kaiserliche Kraftwagen hätten die Ortschaften durchfahren und diese Nachricht kundgegeben. Solche Gerüchte können der Phantasie entsprungen sein, können aber auch von feindlicher Seite absichtlich verbreitet werden, um uns zu schaden. Denn auch ein vorgespiegelter Erfolg, wie der Fall von Belfort, kann Unheil anrichten, wenn sich die erweckte Hoffnung später als trügerisch erweist. Mit wie niedrigen Mitteln unsere Gegner arbeiten, mag die Meldung beweisen, daß wir England eine Teilung der Niederlande zur beiderseitigen Vergrößerung angeboten hätten, um Englands Neutralität zu erkaufen. Über solche Gemeinheiten wird ein höherer Richter entscheiden. Alle diese Machenschaften beweisen nur, daß wir eine gute und gerechte Sache verfechten und unsere Gegner das Gegenteil.
Unser opferwilliges Volk wird immer wieder aufgefordert, nur solchen Nachrichten über die Kriegsereignisse Glauben zu schenken, die von dem Generalstab veröffentlicht worden sind. Die meisten kennen den Krieg nur aus den Erzählungen von Büchern. Auch dort spielt die Phantasie eine Rolle in gutem wie in bösem Sinne. Die unendlichen Schwierigkeiten und Mühen, unter denen ein Erfolg in langer Zeit langsam heranreift und geerntet wird, kennen selbst nur wenige der Beteiligten. Wenn es Zeit ist, wird alles bekannt gegeben werden, aber nur so, daß wir dann nichts mehr zurückzunehmen, sondern nur noch manches erweiternd hinzufügen haben. Wir halten das Versprechen, keinen Mißerfolg zu verschweigen und keinen Erfolg zu vergrößern. Auch einen etwaigen Mißerfolg, mit dem unter den schwankenden Verhältnissen des Krieges immer gerechnet werden muß, wird unser starkes Volk ertragen, und ein Erfolg wird keine überschwenglichen Hoffnungen und Übermut erwecken, des sind wir gewiß.

Generalquartiermeister v. Stein. 2)

 

Die französisch-russischen Pläne

Wien, 11. Aug. (W. B.) 
Die "Wiener Allgemeine Zeitung" schreibt bezugnehmend auf frühere Meldungen über die französisch-russische Militärkonvention und den Besuch Poincarés in Petersburg im Jahre 1912: Wir können heute aus guter Quelle den Zweck des letzten Besuches Poincarés in Petersburg im Juli 1914 enthüllen. Poincaré stellte mit Sasonow in langen Unterredungen fest, daß die russische und französische Armee Ende 1915 mit ihren Vorbereitungen fertig werden würden, um eventuell eine kräftige Offensive gegen Deutschland und Österreich-Ungarn führen zu können. Es wurde diese Frage in allen Details sowohl nach der militärischen wie nach der finanziellen Seite hin erörtert und der Termin 1916 als derjenige festgestellt, an dem das Übergewicht Rußlands und Frankreichs in Europa, sei es auf Grund zweier schlagfertiger Armeen, sei es mit den Waffen, festzulegen sei. Wie sich jetzt zeigt, haben beide Reisen Poincarés das Ziel verfolgt, für die Erhaltung des europäischen Friedens eher gefährliche Abmachungen zu treffen. Diese Abmachungen, die Poincaré mit Sasonow in diesem Jahre in Petersburg getroffen hat, sind der deutliche Beweis für die wahren Absichten, die in Petersburg und Paris an den maßgebenden Stellen geherrscht haben.
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Die Kriegserklärung Serbiens 

Berlin, 11. Aug. (Priv.-Tel.) 
Der serbische Geschäftsträger in Berlin hat vor seiner Abreise noch die Kriegserklärung Serbiens an das Deutsche Reich übergeben. Darauf sind die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ebenso wie die zu Montenegro abgebrochen worden. Für den Gang der Weltereignisse ist das ziemlich gleichgültig; auch über das Schicksal von Serbien und Montenegro wird auf den großen Schlachtfeldern im Osten und Westen entschieden werden.
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700 Franzosen gefangen 

Berlin, 11. Aug. (W. B.) 
Eine vorgeschobene gemischte Brigade des französischen 15. Armeekorps wurde von unseren Sicherungstruppen bei Lagarde in Lothringen angegriffen. Der Gegner wurde unter schweren Verlusten in den Wald von Parroy (nordöstlich von Lunéville) zurückgeworfen. Er ließ in unseren Händen eine Fahne, 2 Batterien, 4 Maschinengewehre und 700 Gefangene. Ein französischer General ist gefallen.
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Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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