Zur
Lage Deutschlands
Berlin,
22. Aug. (W.B.)
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:
Weithin durch die deutschen Lande und in alle Welt hinaus klang die
Kunde von unserem herrlichen Siege bei Metz. Vorbereitet mit allen
Mitteln moderner Kriegsführung, erfochten durch höchste
Kraftleistung von Mann und Roß, daheim erwartet in Geduld und ohne
Zagen. Was dieser große Sieg für unser Volk bedeutet, weiß
jedermann bei uns und die verklärten Gesichter überall bezeugen
es. Drei Wochen sind vergangen, seitdem der Kaiser die Mobilmachung
des deutschen Heeres und der Marine befohlen hat. Drei Wochen eines
wunderbaren Aufschwungs der ganzen Nation, Wochen unermüdlichster
Arbeit im Felde und in der Heimat, Wochen, worin jeder einzelne an
seinem Platze das hergab, was in ihm ist. Eine erstaunliche Wandlung
ging in unserem Volke vor. Vor dem Ernst der Zeiten hinweggeblasen,
was im Frieden, im Kampfe der Parteien und Interessen wie eine
schier unüberwindliche Schranke zwischen den verschiedenen Gruppen
unseres Volkes zu stehen schien. Es ist, als ob in dem Feuer, das
der Haß unserer Feinde rings um uns angefacht hat, die deutsche
Nation zu einem stahlharten Block zusammengeschmiedet ist. Auch in
den gemischtsprachigen Landesteilen wird jetzt klar, wie fest die
Kulturgemeinschaft uns zusammenhält gegenüber unseren Feinden im
Westen und dem barbarischen Gegner im Osten, der vergeblich mit gleißenden
Worten seine Jahrhunderte alte Schuld zu übertünchen sucht. Den
tiefbeglückenden Eindruck dieser ersten Kriegswochen von Lüttich
bis zum Siege bei Metz kann nichts mehr auslöschen. Einig in Not
und Tod, fest zusammenstehend in Prüfung und Sieg, so wird unser
Volk in dem gewaltigen Ringen, das begonnen hat, unüberwindlich
sein. Tief eingeprägt trägt
jeder von uns das Bewußtsein in sich, für eine gerechte Sache
einzustehen, deshalb ist bei jedem auch die Überzeugung so unerschütterlich,
daß wir es schaffen werden. Wen rührte nicht in seinen
Herzenstiefen, zu sehen, wie unsere Familien in Dorf und Stadt, Arme
und Reiche, ohne ein Wort der Klage ihre Väter, Brüder und Söhne
dahingaben, als trügen sie das fromme, tapfere Wort mit sich, das
Roon vor Düppel seinem Freunde Perthes schrieb: "Als unsere Söhne
auszogen, da haben wir sie schon weggegeben, ganz und gar. Kehren
sie einst unverletzt zu uns zurück, so sind sie ein neues Geschenk
unseres gnädigen Gottes." Welch ein Kinderspiel damals - und
es war doch eine weltbewegende Leistung - gemessen an der unerhörten
Aufgabe, die unserem Volk heute zu lösen bestimmt ist. Schon sind
Taten vollbracht, die sich an die größten Kriegsleistungen des deutschen Volkes würdig
anreihen. Größere werden und müssen folgen. Wir müssen siegen.
Ehern steht der Entschluß in allen Köpfen und Herzen und ehern
wird ihn die weitere Tat bewähren. Wir waren von einem dichten Lügengewebe
eingesponnen. Wenn die Kriege mit Druckerschwärze und
Zeitungspapier ausgefochten würden, so wäre Deutschland heute
mausetot. Es ist immer französische Art gewesen, sich von
phantastischen Selbsttäuschungen wiegen zu lassen, bis dann das
Erwachen und der Zusammenbruch in derselben Stunde kam. Mit dem
ungeheuren Lügenapparat aber, der in diesen Wochen von den
Franzosen und den Engländern in Bewegung gesetzt wurde, ist noch
ein ganz bestimmter Zweck verfolgt worden: Es war ein Kampf um die
Seele der Neutralen und es handelte sich darum, die neutralen
Staaten zur Stellungnahme gegen Deutschland und Österreich-Ungarn
zu bewegen, ehe die Tatsachen des Schlachtfeldes das entscheidende
Wort sprachen. Heute ist der erste große Sieg, der zählt, in aller
Welt bekannt und damit der Schleier der Täuschung zerrissen. Unsere
Armee bestand ihre Probe glanzvoll über alles Maß. Dankbar und
stolz grüßt Deutschland seine tapferen Söhne. 2)
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