Das
Seegefecht in der Nordsee
Berlin,
30. Aug. (Priv.-Tel.)
Von dem Untergang des Torpedobootes "V 187" in dem Treffen
bei Helgoland wird uns amtlich ein Bericht eines Augenzeugen zur Verfügung
gestellt, der ein der Festhaltung würdiges Bild vom Verlust dieses Schiffes
entwirft. Zuerst wurde das Boot vom Norden her angegriffen, und bald sah
es sich von allen Seiten umringt von englischen Torpedobootszerstörern
und Unterseebooten. "V 187", auf dem sich außer dem Kommandanten
auch der Flottillenchef befand, wehrte sich mit allen Kräften gegen die
Übermacht, verlor aber bald einen Teil seiner Bewegungsfreiheit. Das Boot
drehte im feindlichen Feuer auf den Feind zu, um mit ihm in ein Passiergefecht
zu kommen, wurde aber unter dem Hagel der Geschosse bald ganz manövrierunfähig.
Um es nun nicht dem Feinde in die Hände fallen zu lassen, wurde im Innern
des Bootes eine Sprengung vorgenommen. Das Boot sank rasch, und während
des Sinkens noch bediente die Bemannung bis zum letzten Augenblick die
noch brauchbar gebliebenen Geschütze. Feuernd sank das Boot in die Tiefe.
Der Flottillenchef Kapitän Ballis und der Kommandant Kapitänleutnant Lechler
fanden den Heldentod. Dem Feind gebührt die vollste Anerkennung dafür,
daß er, ungeachtet der Gefahren, seine Beiboote aussetzte, um die Lebenden
aufzunehmen. Als er hiermit noch beschäftigt war, nahten sich deutsche
Streitkräfte. Er mußte sich zurückziehen und die eigenen Beiboote treiben
lassen. Aus diesen wurden die deutschen Geretteten auf unsere eigenen
Schiffe übernommen.
Auf den Donner der Schiffsgeschütze vor Helgoland hin eilte der deutsche
Kreuzer "Ariadne" unserem schwachen Vorpostengefechte zu Hilfe.
Als er in der Vorpostenlinie ankam, hatte sich der Feind schon gegen Westen
zurückgezogen. Das Schiff nahm die Verfolgung auf und bestrebte sich,
die Fühlung mit dem Feinde wieder zu gewinnen, um, wenn möglich, diesen
zum Kampf zu stellen. Plötzlich sah er einen anderen deutschen Kreuzer
mit zwei englischen Panzerkreuzern der Lionschiffklasse von 27000 Tonnen
mit je acht 34.3 Zentimeter-Geschützen im Kampfe. "Ariadne"
kam zur Unterstützung. Ein Treffer in den vorderen Kesselraum setzte aber
bald die Hälfte der Kessel außer Betrieb, so daß das Schiff
nur mit 15 Seemeilen laufen konnte. Noch eine halbe Stunde dauerte der
ungleiche Kampf, dann war das Achterschiff in Brand geschossen, und der
Brand dehnte sich bald auf das ganze Vorderschiff aus. Die vordere Munitionskammer
konnte noch unter Wasser gesetzt werden, bei der hinteren war das nicht
mehr möglich.
Der Feind hatte inzwischen nach Westen abgedreht. Die "Ariadne"
war aber dem Untergang geweiht. Die Mannschaft versammelte sich auf dem
vorderen Deck und brachte, getreu der Überlieferung unserer Marine, drei
Hurras auf den allerhöchsten Kriegsherrn aus. Dann erklang das Flottenlied,
und unter dem Gesang "Deutschland, Deutschland über alles" wurde
das Schiff in vollständiger Ordnung verlassen. Zwei deutsche Schiffe,
die inzwischen herangekommen waren, nahmen die Mannschaft auf, während
"Ariadne" in den Fluten versank. Von der Besatzung ist soweit
bisher festgestellt werden konnte, ihr erster Offizier Korvettenkapitän
Franck, der Schiffsarzt Ritter v. Boxberger, der Wachtingenieur Helbing
und ungefähr 70 Mann gefallen. Die Zahl der Verwundeten ist groß. Dieses
Verhalten der Mannschaft in einem unglücklichen Kampf und das Zugeständnis
des Feindes, daß er schwere Beschädigung erlitten hat, zeugen für
die Tüchtigkeit und dem Kampfesmut unserer Marine. 2)
|