Der Weltkrieg am 20. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Beschießung von Reims - Schonung der Kathedrale

Großes Hauptquartier, 20. September, abends.
Im Angriff gegen das französisch-englische Heer sind an einzelnen Stellen Fortschritte gemacht worden. Reims liegt in der Kampffront der Franzosen. Gezwungen, das feindliche Feuer zu erwidern, beklagen wir, daß die Stadt dadurch Schaden nimmt. Es ist Anweisung zur möglichsten Schonung der Kathedrale gegeben worden.
In den mittleren Vogesen sind Angriffe französischer Truppen am Donon bei Senones und Saales abgewiesen worden.
Auf dem östlichen Kriegsschauplatze heute keine Ereignisse.

Generalquartiermeister v. Stein. 1)

 

Die Kämpfe in Frankreich

Genf, 20. September. (Priv.-Tel.)
Der Sieg bei Noyon wird bis jetzt von keiner französischen Seite zugegeben.

Paris, 20. September. (Priv.-Tel.)
In dem letzten Bulletin vom 19. September nachts heißt es, daß den ganzen Tag über starkes Bombardement stattgefunden habe. Im ganzen sei die Lage unverändert. Im Zentrum hätten die Franzosen Fortschritte gemacht. Vom Westabhang der Argonnen und dem rechten Flügel sei nichts Neues zu melden. Die allgemeine Lage bleibe den Verbündeten günstig.
Diesen matten, aber immerhin noch optimistischen Meldungen gegenüber finden die Pariser Militärkritiker, daß die Lage im Vergleich zur Schlacht an der Marne vollständig verändert sei. Es war, nach ihren Äußerungen, schon damals schwer, die Deutschen trotz ihrer ungünstigen Stellungen zurückzudrängen, die jetzige deutsche Stellung habe natürliche Vorzüge. Außerdem sei sie durch Laufgräben von technischer Vollendung befestigt. Es sei möglich, daß sich beide Heere lange ohne Entscheidung gegenüberstehen werden. Einen möglichen Erfolg erwarteten die Franzosen schließlich von zwei Faktoren: sie sagen sich, daß sie selbst jeden Tag Verstärkungen heranführen könnten, während die Deutschen an die Deckung ihrer rückwärtigen Verbindungen denken müssten. Sie erwarteten außerdem, daß die Verbündeten die Aisne nördlich von Noyon überschreiten und dem Heere Klucks in die Flanke fallen würden. Von Westen sei die Hochebene verhältnismäßig leicht zugänglich, da sie mit Wald bedeckt sei. Historiker erinnern daran, daß auf dieser Hochebene Cäsar den Galliern eine Schlacht lieferte. Das Heer Klucks habe Verstärkungen erhalten, welche aus Lothringen kämen, das bringe die Gefahr mit sich, daß die deutsche Rückzugslinie auf Metz abgeschnitten würde.

Paris, 20. September. (W. B.)
Eine Note des Kriegsministers bringt die Verpflichtung, den deutschen Verwundeten die sorgfältigste Pflege angedeihen zu lassen, in Erinnerung. Es sei dies eine gebieterische Pflicht, die durch die internationale Gesetzgebung, die Bestimmungen der Genfer Konvention und insbesondere durch das Gefühl der Menschenfreundlichkeit festgelegt sei. Man müsse im Interesse der in Deutschland gefangenen Franzosen wünschen, daß dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhe. Der Minister erklärt, überzeugt zu sein, daß Ärzte und Sanitätspersonal den deutschen Verwundeten gegenüber ihre Pflicht mit wünschenswerter Hingebung erfüllen, und er werde unverzüglich diejenigen ihres Amtes entheben, die Verwundeten und Gefangenen gegenüber gegen die von der Genfer Konvention festgesetzten Regeln der Menschlichkeit verstoßen.
2)

 

Rabaul besetzt

Berlin, 20. September. (W. B. Amtlich.)
Wie zu erwarten war, ist nach zuverlässigen Nachrichten nunmehr auch Rabaul, der Sitz des Gouvernements in Deutsch-Neu-Guinea, von den Engländern besetzt worden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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