Der Weltkrieg am 5. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Fortschreitende Angriffe in Polen

Großes Hauptquartier, 5. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich Arras sprengten unsere Truppen einen Schützengraben von 200 Meter Länge und machten dabei einige Gefangene. Spätere Gegenangriffe des Gegners scheiterten. In den Argonnen wurden mehrere französische Vorstöße zurückgewiesen. Ein französischer Angriff zwischen Steinbach und Uffholz wurde im Bajonettkampf abgeschlagen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
In Ostpreußen und im nördlichen Polen ist die Lage unverändert. Unsere Angriffe östlich der Bzura bei Kozlow-Biskupi und südlich machen Fortschritte, auch nordöstlich Bolimow drangen unsere Truppen östlich der Rawka über Humin und Höhen nördlich davon vor. Weiter südlich bis zur Pilica sowie auf dem rechten Pilicaufer hat sich nichts verändert. Zustand der Wege und ungünstiges Wetter hinderten unsere Bewegungen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

 Die ostpreußischen Flüchtlinge

Königsberg i. Pr., 5. Januar. (W. B.) 
In einer Versammlung von Ostpreußen in Berlin wurden die Zeitungsnachrichten erwähnt, aus denen hervorgeht, daß die Zahl der aus Ostpreußen geflüchteten Personen insgesamt auf 500000 bis 600 000 zu schätzen sei, und daß der Oberpräsident der Provinz Ostpreußen annehme, 200000 bis 300000 Flüchtlinge würden nicht mehr in die Heimat zurückkehren. Diese Angaben sind, wie schon der Vorsitzende jener Versammlung betonte, völlig unzutreffend. Es ist keine Rede davon, daß eine halbe Million oder mehr Ostpreußen ihre Heimat verlassen haben.
Die Zahl der Flüchtlinge ist auf 200000 bis 300000 zu schätzen. Selbstverständlich ist niemand der Ansicht, daß die Flüchtlinge in der Anzahl, die sich der letzten Ziffer nähert, nach Friedensschluß nicht mehr nach der Heimat zurückkehren werden. Daß ein Teil, insbesondere solche Personen, die schon in anderen Provinzen Verwandte wohnen haben, endgültig fortbleiben werde, ist leider zu befürchten. Die große Heimatliebe bei der überwiegenden Zahl der Ostpreußen und die Maßregeln, welche der Staat später zur wirtschaftlichen Förderung der Zurückkehrenden zu ergreifen entschlossen ist, bieten aber die Gewähr, daß bei weitem die Mehrzahl der jetzt Geflüchteten zurückkehren wird. Darüber hinaus muß aber nach dem Kriege alles daran gesetzt werden, um durch Maßregeln der inneren Kolonisation und durch die Förderung der Entwicklung aller Gewerbe, vor allem durch die Zurückführung von Deutschen aus dem Auslande nach Ostpreußen schon vor Beendigung des Krieges der menschenarmen Provinz neues Blut zuzuführen.

 

 Die Bestimmungen des Bundesrats über die Getreidevorräte

Berlin, 5. Januar. (W. B. )
Der Bundesrat hat heute die Bestimmungen über eine weitere Streckung unserer Getreidevorräte nach mehreren Richtungen auf Grund der inzwischen gemachten Erfahrungen ergänzt und erweitert. Roggen ist künftig mindestens bis zu 82 Prozent, Weizen bis zu 80 Prozent durchzumahlen, wobei von den Landeszentralbehörden bei einer einzelnen Mühle aus besonderen Gründen Ausnahmen zugelassen werden können. Es können ferner wie bisher Roggen- und Weizenauszugsmehle, aber nur bis zur Höhe von 10 Prozent zugelassen werben. Weizenmehl darf von den Mühlen künftig nur in einer Mischung abgegeben werden, die auf 30 Teile Roggenmehl 70 Teile Weizenmehl enthält. Dies gilt auch für die Kunden- und Lohnmüllerei. Die Vorschriften über das Verfütterungsverbot sind ebenfalls verschärft worden, sodaß mahlfähiger Roggen und Weizen nicht mehr verfüttert oder geschrotet und auch nicht mehr zur Futtermittelbereitung verwendet werden dürfen. - Das Verbot erstreckt sich auch auf den Roggen und Weizen, der mit anderer Frucht gemischt ist, sowie aus Roggen- und Weizenmehl, das allein oder mit anderen Mehlen gemischt und zur Brotbereitung geeignet ist. Endlich darf auch kein Brot mehr verfüttert werden, mit Ausnahme von verdorbenem Brot und Brotabfällen. Die Landeszentralbehörden können die Verwendung von Roggen- und Weizenmehlen zu anderen Zwecken als zur menschlichen Nahrung noch weiter beschränken oder verbieten.
Zur Bereitung von Roggen- und Weizenbrot dürfen Auszugsmehle nicht verwendet werden. Weizenmehl muß 30 Prozent Roggenmehl enthalten. Das Weizenmehl kann dabei bis zu 20 Prozent durch Kartoffelstärkemehl ersetzt werden. Roggenbrot muß aus 90 Teile Roggenmehl 10 Teile Kartoffelflocken, Kartoffelwalzmehl oder Kartoffelstärkemehl und 30 Teile gequetschte oder geriebene Kartoffeln enthalten. Bei größerem Kartoffelzusatz muß das Brot mit der Bezeichnung "K" versehen werden. Statt Kartoffel- kann auch Gerstenmehl, Hafermehl und Reismehl oder Gerstenschrot zugesetzt werden. Reines Roggenbrot, zu dessen Herstellung der Roggen bis zu mehr aus 93 Prozent durchgemahlen ist, braucht keinen Kartoffelzusatz zu enthalten. Weizenbrot darf nur in Stücken bis höchstens 100 Gramm hergestellt werben. Die Landeszentralbehörden können hierüber zur Einschränkung des Weizenbrotverbrauches anders bestimmen. Sie können auch für Roggen- und Weizenbrot bestimmte Formen und Gewichte vorschreiben. Bei der Kuchenbereitung darf nicht mehr als die Hälfte des Gewichts des verwendeten Mehls oder mehlartiger Stoffe aus Weizen bestehen. Die Landeszentralbehörden können die Kuchenbereitung auf bestimmte Wochentage beschränken. In Bäckereien, Konditoreien, einschließlich Hotelbäckereien, und in ähnlichen Betrieben wird alle Nachtarbeit verboten. Roggenbrot von über 50 Gramm Gewicht darf erst 24 Stunden nach Beendigung des Backens aus der Bäckerei abgegeben werden. Backfähiges Mehl darf nicht mehr als Streumehl zur Isolierung der Teigware verwendet werden. Zur genauen Durchführung dieser Vorschriften erhalten die Polizeibeamten und die hierfür besonders beantragten Sachverständigen das Recht, in Mühlen, in Bäckereien, in Lager- und Geschäftsräume und in Futterräume jederzeit hineinzugehen und Besichtigungen vorzunehmen und Proben zu entnehmen.
Die Verordnung über das Ausmahlen des Brotgetreides wie das Verfütterungsverbot tritt am 11. Januar, die Verordnung über die Bereitung der Backware am 15. Januar 1915 in Kraft.

 

 Die Seeschlacht bei Coronel

Die nebenstehende Skizze der Seeschlacht an der chilenischen Küste ist der "Times" entnommen, die sie nach der amtlichen Darlegung und nach dem Bericht von Augenzeugen entworfen hat. Sie gibt dazu eine Aufzählung der an der Schlacht beteiligten Schiffe und schildert dann den Verlauf der Schlacht kurz wie folgt:
1. November 4 Uhr 30 bis 5 Uhr nachmittags: Die "Glasgow" sichtet den Feind und ruft von Nordwesten das britische Geschwader herbei.
5.30 bis 6.30 nachmittags: Das britische Geschwader ordnet sich in Kiellinie mit Kurs nach Süden, während der Feind etwa sieben Meilen (11 Kilometer) östlich ebenfalls südlichen Kurs annimmt.
6.40 nachmittags: Das deutsche Geschwader beginnt den Kampf in etwa 10000 Yards (9 Kilometer) Entfernung. Die "Otranto", die nur ein Hilfskreuzer ist, biegt alsbald nach Südwesten ab.
7 Uhr nachmittags: Das britische Geschwader eröffnet das Feuer, nachdem der Feind bis auf 4500 Yards (etwa 4 Kilometer) nahe gekommen war.
7 Uhr bis 7.15 nachmittags: "Monmouth" wird kampfunfähig und dreht nach Südost. "Good Hope" wird ebenfalls kampfunfähig und dreht nach Südost.
7.30 nachmittags: "Glasgow" biegt nach Südwest und setzt gegenüber dem deutschen Geschwader, das in einer Entfernung von 6300 Yards (etwa 5½ Kilometer) fährt, seine Fahrt nach der Magalhaes-Straße fort.

 

Deutsche Zivilverwaltung in Russisch-Polen

Berlin, 5. Januar.
Für die von den deutschen Truppen besetzten Gebietsteile von Russisch-Polen ist eine Zivilverwaltung mit Wirkung vom 5. Januar 1915 eingesetzt worden. Zum Verwaltungschef ist der Regierungspräsident z. D. v. Brandenstein unter Beilegung des Prädikats Exzellenz ernannt. Der Verwaltungschef wird seinen Sitz zunächst in Posen nehmen.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 5. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Am nördlichen und südlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Beschießung von Daressalam

London, 5. Januar.
Das Reutersche Bureau meldet aus Nairobi:
Die britischen Kriegsschiffe "Fox" und "Goliath" haben am 15. Dezember Daressalam beschossen. Die Stadt hat großen Schaden erlitten. Alle Schiffe des Feindes wurden unbrauchbar gemacht, 14 Europäer und 20 Eingeborene wurden gefangengenommen. Die Engländer verloren einen Toten und hatten 12 Verwundete.
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Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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