Eine Antwort
auf die französischen Verleumdungen
Berlin,
11. Januar. (W. B.) Ministerpräsident Viviani hat am 9. Januar im
Ministerrat den Bericht einer Untersuchungskommission über Verletzungen der
Menschenrechte durch die Deutschen angekündigt, der in mehreren hunderttausend
Exemplaren gedruckt, übersetzt und den Neutralen zur Verfügung gestellt werden
soll. Dieser Bericht bildet, soweit er bis jetzt aus französischen
Veröffentlichungen bekannt ist, eine einzige Kette niedrigster, haltloser
Verleumdungen, durch welche nur Haß erzeugt und das Volk gegen die deutsche
Invasion aufgepeitscht werden soll. Soweit den Deutschen allgemein und ohne
nähere Angaben von Zeit und Ort, von Täter und Beweismaterial Mord,
Brandstiftung, Plünderung und Vergewaltigung von Frauen vorgeworfen wird, soll
offensichtlich nur der Eindruck erweckt werden, als ob die Deutschen auf ihrem
Siegeszuge planmäßig derartige Greuel zu verüben pflegten. Demgegenüber
steht fest, daß die deutsche Heeresleitung mit allen Mitteln und mit
durchgreifendem Erfolg die Erhaltung der Manneszucht und die strenge Beobachtung
der Regeln des Kriegsrechts auf sämtlichen Kriegsschauplätzen durchzusetzen
gewußt hat. Mithin trifft die französische Regierung und nicht minder die von
ihr geleitete und beeinflußte Presse, die sich nicht scheut, die deutschen
Heerführer als Mitwisser und Anstifter von Schandtaten hinzustellen, der
Vorwurf der Lüge. Soweit man sich französischerseits bisher bequemt hat,
Einzelfälle anzuführen, ist selbstverständlich von der deutschen Regierung
sofort eine eingehende, strenge Untersuchung veranlaßt worden, deren Ergebnis
im vollen Vertrauen auf den deutschen Charakter mit Ruhe entgegengesehen werden
kann, das seinerzeit veröffentlicht werden wird. Zu einem dieser Fälle kann
aber schon heute eine Widerlegung gegeben werden, dem Falle von Lunéville, in
dem der deutschen Heeresleitung die grundlose Einäscherung von 70 Gebäuden zur
Last gelegt wird. Hätte es die französische Regierung für gut befunden,
eingehende und objektive Ermittlungen über den Grund des in Lunéville
abgehaltenen Strafgerichts anzustellen, so würde sie sich den Vorwurf
leichtfertiger Unwahrheit erspart haben, der ihr bei ihrem jetzigen Verhalten
gemacht werden muß. Sie würde alsdann festgestellt haben, daß die
einheimische Bevölkerung sich nicht gescheut hat, am 25. August 1914 nach der
Besetzung der Stadt durch die Deutschen das "Hopital Militaire", in
welchem zahlreiche wehrlose Verwundete lagen, plötzlich und heimtückisch durch
Feuer aus Fenstern und Dachluken der in der Nachbarschaft gelegenen Häuser zu
überfallen. Dieses Feuer dauerte 1½ Stunden ununterbrochen an und wurde
lediglich von Zivilpersonen unterhalten, da uniformierte Franzosen zu jener Zeit
nicht in Lunéville anwesend waren. Auch am folgenden Tage wurden bayrische
Truppen in gleicher Weise aus den Häusern von Zivilpersonen beschossen. Dieser
Hergang ist durch die eidliche Vernehmung zahlreicher Zeugen einwandfrei und
objektiv festgelegt. Im übrigen sei der französischen Regierung hiermit
vorgehalten, wie sich französische Truppen im eigenen Lande benommen haben. Sie
sind es, die geplündert und geraubt haben, nicht aber die Deutschen, denen von
der französischen Regierung grundlos dieser Vorwurf gemacht wird. Ihre eigenen
Landsleute haben glaubhaft bekundet, daß französische Soldaten und Zivilisten
im eigenen Lande schonungslos Schlösser und Häuser - in Fontaines bei Belfort,
Rambervilliers, Attigny, Villers-devant-Merrieres, Vivaisse bei Crepy, Thugny
und Moy - ausgeplündert haben. Nur diese, also nicht aber die Deutschen, trifft
der Vorwurf für solche Verbrechen. Im Gegenteil haben in zahlreichen Fällen
einwandfreie französische Zeugen das Wohlbehalten, die Sittsamkeit und die
strenge Manneszucht der Deutschen gerühmt. Auch der den Deutschen grundlos
entgegengeschleuderte Vorwurf des Mordes fällt auf den Verleumder mit
erdrückendem Gewicht zurück. An dieser Stelle sei nur erwähnt, daß die
Franzosen auf allen Schlachtfeldern deutsche Verwundete in überaus zahlreichen
Fällen bestialisch verstümmelt und hingeschlachtet haben. Vielfach ist
nachgewiesen worden, daß Fälle vorgekommen sind, in welchen die französischen
Soldaten hilflose deutsche Verwundete durch massenhafte Bajonettstiche in Leib,
Kopf und Augen, durch Kolbenschläge, Durchschneiden der Gurgel und andere
Schandtaten grausam ums Leben gebracht haben. Einsperren von Verwundeten,
Anbinden an Bäume und Pfähle, Erschießen Kampfunfähiger aus nächster Nähe,
Ermordung hilfreicher Sanitätsmannschaften aus dem Hinterhalt, Abschneiden der
Geschlechtsteile, Aufschlitzen des Bauches. Ausstechen von Augen, Abschneiden
der Ohren, Festspießen Verwundeter auf den Erdboden, zahlreiche Beraubungen von
Verwundeten und Toten, alle diese Schandtaten sind nachgewiesen worden, wo
französische Truppen gekämpft haben, und bilden ein beredtes Zeugnis dafür,
auf welcher Seite die Schänder von Kultur und Sitte zu suchen sind. Die
sämtlichen vorstehend erwähnten schmachvollen Handlungen der französischen
Truppen sind durch eidliche Zeugnisse einwandfreier Persönlichkeiten bestätigt
und werden seinerzeit der Öffentlichkeit zur Kritik überantwortet werden. Aber
auch außerhalb des Schlachtengetümmels haben französische Organe der
Regierung in den verschwiegenen Gefängnisräumen sich des Meuchelmords schuldig
gemacht. Im Gefängnis von Montbeliard wurden im August 1914 deutsche
Kriegsgefangene von französischen Gendarmen grausam verstümmelt und dann
grundlos totgeschlagen. In einem anderen Falle überfielen räuberische Horden
französischer Soldateska die Postagentur in Nieder-Sulzbach, nahmen die
Mitglieder der Posthalterfamilie gefangen, schleppten sie fort, behandelten sie
grausam und unwürdig und warfen den gebrechlichen 68jährigen Posthalter die
Treppe hinunter auf die Straße. Auch er wurde im Gefängnis zu Belfort von
seinem Wächter roh mißhandelt, mit Füßen getreten und derart geschwächt und
geprügelt, daß er in der Nacht zum 17. August eines elenden Todes verstarb.
Auch diese Fälle sind durch eidliche Bekundungen glaubhafter Zeugen erwiesen. Zählt
man hierzu die schmachvolle, jeder Gesittung hohnsprechende und alle
völkerrechtliche Vorschriften mißachtende Behandlung, die das deutsche
Sanitätspersonal, daß das Unglück hatte, in französische Hände zu fallen,
in Le Bourget, Fougeres, St. Menehould, Vitry le Francois, St. Brieux, Peronne,
Soleux, Vincennes, Lyon, Amiens, Bordeaux, Clermont-Ferrand und an anderen Orten
über sich ergehen lassen mußte, berücksichtigt man ferner die grausame und
erniedrigende Behandlung der Kriegsgefangenen in Perigueux Granville, Puy de
Dome, Montgazon, Fougeres, Vastres, Mont Louis und in anderen Gefangenenlagern,
bedenkt man ferner die Verwendung der gefährlichsten und schlimmsten
Dum-Dum-Geschosse auf fast allen Teilen der französischen Schlachtlinie,
gewollt und gebilligt durch die französische Heeresleitung, so muß der
französischen Regierung jede Berechtigung zu allgemeinen Beschuldigungen und
Verdächtigungen der deutschen Kriegführung abgesprochen werden.
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