Die
Kämpfe bei Wirballen
General v. Lauenstein
Berlin,
25. Februar.
Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über die Kämpfe bei Wirballen am
10. Februar geschrieben.
Unter den größten Anstrengungen, welche die tiefverschneiten Wege
verursachten, waren die Truppen des Generals v. Lauenstein am 2. Februar
an den Feind herangekommen und warfen diesen in leichten Kämpfen aus dem
Schureller Forst hinaus. Wie aus erbeuteten russischen Befehlen hervorgeht,
glaubte der Gegner sich vor dem deutschen Ansturm in eine bereits wohlvorbereitete
Stellung Pillkallen - Stallupönen zurückziehen und dort behaupten zu können,
aber der starke Flankendruck, den die deutsche Offensive ausübte, zwang
den Feind zum Aufgeben dieses Planes und veranlaßte ihn, sich nach einer
dritten, gleichfalls vorbereiteten Stellung südlich Wirballen zurückzuziehen.
Es waren anderthalb russische Divisionen, die sich am Nachmittag des 10.
Februar dort einfanden und in Eydtkuhnen, Kibarty und Wirballen zur Ruhe
übergingen. Obwohl man vom Anmarsch der deutschen Kräfte wußte, hielt
man es für ausgeschlossen, daß die Deutschen bei dem herrschenden Schneesturm
an diesem Tage noch herankommen könnten. Man wiegte sich derart in Sicherheit,
daß man sogar auf das Ausstellen irgendwelcher Sicherungsposten gänzlich
verzichtete. Nur so konnte es kommen, daß die Angreifer, die sich durch
die Naturgewalten nicht aufhalten ließen, noch am 10. Februar an die russische
Unterkunft herankamen, allerdings nur mit Infanterie und einigen Geschützen,
denn alles übrige war in den Schneewehen steckengeblieben. Es war Abend,
als Eydtkuhnen, und es war Mitternacht, als Wirballen überfallartig
angegriffen
und erstürmt wurde. Auf der Chaussee standen zwei russische Batterien
mit zwölf Geschützen und einer großen Anzahl von Munitionswagen, anscheinend
rastend. An sie kam die deutsche Infanterie, ohne einen Schuß zu tun,
bis auf 50 Meter heran. Die sämtlichen Pferde wurden niedergeschossen
und die Geschütze und Munitionswagen genommen. Der Rest der Bedienung
flüchtete. Sowohl in Eydtkuhnen wie in Wirballen kam es dann zu nächtlichen
Straßenkämpfen, die mit der Gefangennahme von 10000 Russen endeten. Die
Zahl der Gefangenen war so groß, daß man kaum wußte, was man mit ihnen
anfangen sollte. Nach der Einnahme der beiden Orte fielen auch die dortigen
Bahnhöfe in deutsche Hände, mit ihnen eine schier unermeßliche Beute.
Es standen hier drei Lazarett- und ebensoviel Verpflegungszüge. Einer
dieser Züge war der Lazarettzug der Zarin, der von dem Fürsten Lieven
und zahlreichem Personal begleitet wurde. In ihm fand der Stab des Generals
v. Lauenstein ganz unerwartet ausgezeichnetes Nachtquartier. Die übrigen
Züge waren mit einer großen Menge Hafer, ausgezeichneten Konserven, sehr
viel Schokolade, ferner mit Stiefeln und Pelzwesten in großer Zahl beladen.
Jeder berittene deutsche Soldat war imstande, eine Pelzweste an sich zu
nehmen, augenblicklich noch wichtiger war aber für die seit zwei Tagen
auf eiserne Portion angewiesene deutsche Truppe die Erbeutung von 110
russischen Feldküchen, die fast durchweg mit warmem Essen gefüllt waren.
Man kann sich den Jubel unserer siegreichen Truppen vorstellen, als diese
Beute in ihre Hand gefallen war. Es war augenblicklich der schönste Lohn
für die junge Truppe, die an diesem Tage teilweise zum erstenmal ins Gefecht
gekommen war und sich glänzend geschlagen hatte. 1)
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