Der Weltkrieg am 20. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Memel von den Russen besetzt

Großes Hauptquartier, 20. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
An der Straße Wytschaete-Ypern bei St. Eloi nahmen wir den Engländern eine Häusergruppe fort. Am Südhange der Loretto-Höhe wurde ein Schlupfwinkel, in dem sich noch Franzosen hielten, gesäubert.
In der Champagne verlief der Tag im allgemeinen ruhig, nachdem beim Morgengrauen unsere Truppen einige Gräben nördlich von Beau Séjour genommen hatten.
Französische Teilangriffe nördlich von Verdun, in der Woevre-Ebene und am Ostrande der Maas-Höhen bei Combres wurden unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.
Gegen unsere Stellungen am Reichsackerkopf und Hartmannsweilerkopf machten die Franzosen mehrere Vorstöße, die schon im Ansetzen unter unserem Feuer mit erheblichen Verlusten zusammenbrachen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Auf der Ostfront verlief der Tag verhältnismäßig ruhig. Die Russen haben Memel besetzt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 


S. M. S. "Dresden"

Das Ende der "Dresden"

Berlin, 20. März. (W. B.)
Von unterrichteter Seite erfahren wir über das Ende des kleinen Kreuzers "Dresden" folgendes:
Der Kreuzer lag in der Cumberland-Bucht der chilenischen Insel Juan Fernandez mit Maschinenhavarie und ohne Kohlen in nur 400 Meter Abstand von dem Lande vor Anker, als er am 14. März früh von dem englischen Panzerkreuzer "Kent", dem kleinen Kreuzer "Glasgow" und dem Hilfskreuzer "Orama" angegriffen wurde. Der Feind eröffnete auf 3000 bis 3500 Meter Entfernung das Feuer, das die "Dresden" erwiderte. Gleichwohl erhob der deutsche Kommandant Protest gegen die Eröffnung von Feindseligkeiten in neutralen Gewässern. Der englische Kommandant beantwortete diesen Protest mit der Erklärung, daß er Befehl habe, die "Dresden" zu vernichten, wann und wo immer er sie träfe, und daß alles übrige durch die Diplomatie geregelt werden würde. Da der Kommandant der "Dresden" einsah, daß ein weiterer Widerstand des bewegungsunfähigen Schiffes gegen die feindliche Übermacht aussichtslos war, sprengte er sein Schiff in die Luft. Es gelang, den größten Teil der Besatzung an Land zu retten. Die Verluste betragen drei Tote, acht Schwerverwundete, sieben Leichtverwundete. Mehrere Sprengstücke krepierender englischer Granaten fielen auf neutrales Land nieder und beschädigten ein in der Nähe vor Anker liegendes chilenisches Handelsschiff.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Ausfall der Besatzung von Przemysl

Amtlich wird vom 20. März verlautbart:
An der Karpathenfront haben keine besonderen Ereignisse stattgefunden. In einigen Abschnitten war lebhafter Geschützkampf im Gange.
Nordwestlich Nadworna wurde ein Nachtangriff mehrerer russischer Bataillone, der bis auf 100 Schritte an unsere Stellungen herangekommen war, blutig abgewiesen. An den übrigen Teilen der Gefechtsfront in Südost-Galizien herrscht verhältnismäßige Ruhe.
In Polen und Westgalizien hat sich nichts ereignet.
Die tapfere Besatzung von Przemysl unternahm gestern seit längerer Zeit einen Ausfall, diesmal in östlicher Richtung. Sie traf auf starke feindliche Kräfte und zog sich nach mehrstündigem Gefecht hinter die Gürtellinie zurück.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die österreichisch-ungarische Verwaltung in Russisch-Polen

Wien, 20. März. (Priv.-Tel.)
Über die Einführung der österreichisch-ungarischen Verwaltung in Polen wird folgende Kundmachung in polnischer und deutscher Sprache veröffentliche

"Im Namen Sr. Maj. des Kaisers und Königs.
Die von der K. u. K. Armee der russischen Herrschaft im Königreich Polen entrissenen Gebiete werden in österreichisch-ungarische Verwaltung übernommen. Rechtschaffenheit und Wohlwollen werden in den Kreisen und Gouvernements Platz greifen. Die Verwaltung des Kreises Piotrkow, zu dem von nun an auch jene Gemeinden des Kreises Lask, in denen diese Kundmachung affichiert wird, gehören, führt das K. u. K. Kreiskommando in Piotrkow, die Verwaltung des Kreises Noworadomsk, zu dem von nun an auch jene Gemeinden der Kreise Tschenstochau und Wielun gehören, in welchen diese Kundmachung affichiert wird, führt das K. u. K. Kreiskommando in Noworadomsk. Alle bisherigen Grundrechte der Privatpersonen, alle Rechtsgrundsätze, die bisher im Königreich Polen Geltung hatten, werden auch weiter bleiben, wenn nicht zwingende Gründe Se. Apostolische Majestät veranlassen, eine Änderung zu befehlen. Infolge des herrschenden Kriegszustandes dürfen in nächster Zeit aus einzelnen Kreisen im Interesse der Armee und der Bevölkerung nachstehende Artikel nicht ausgeführt werden: Getreide, Kartoffeln, Heu, Stroh, Tierhäute, Petroleum, alle Lebensmittel, Schlachtvieh, Pferde und sämtliche Bedürfnisse der Armee. Die Leiter der Verwaltung sind bestrebt, die Härte des Krieges für die Zivilbevölkerung zu mildern. Seid dessen eingedenk und helfet mit durch Euren guten Willen.

K. u. K. Armee-Kommando." 2)

 

Der türkische Heeresbericht:

Der Kampf um die Dardanellen

Konstantinopel, 20. März. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt mit:
Durch Beobachtungen von der Landseite her ist zweifellos festgestellt, daß während der Schlacht in den Dardanellen das französische Panzerschiff "Bouvet" vor dem Untergang von zwei Bomben großen Kalibers getroffen wurde. Fünf von unseren Granaten erreichten die "Queen Elizabeth" und vier den "Inflexible". Auf unserer Seite wurde nur ein weittragendes Geschütz beschädigt. Unsere Verluste an Menschen betragen ungefähr 20 Tote. Heute hat der Feind keine Unternehmung gegen die Dardanellen versucht.

Konstantinopel, 20. März. (W. B.)
Über die Dardanellenkämpfe am Donnerstag wird noch gemeldet:
Das englische Linienschiff "Irresistible" sank unter dem Feuer von Dardanos. Das zweite gesunkene Linienschiff vom "Vengeance"-Typ trieb bis Einbruch der Dunkelheit und ging dann unter, nachdem es von den Mannschaften größtenteils verlassen worden war. Zuverlässige Beobachter haben auf dem Linienschiff "Queen Elizabeth" fünf, auf dem Panzerkreuzer "Inflexible" vier schwere Treffer festgestellt Den feindlichen Verlusten von drei Linienschiffen, einem Torpedobootszerstörer und einem Minensuchdampfer steht auf türkischer Seite die Beschädigung von vier Geschützen gegenüber, von denen nur eines modern war. Keine andere Batterie erlitt auch nur die geringste Beschädigung, obgleich der Feind gut schoß. Bei einem Fort z. B. wurden einwandfrei 70 Einschläge meist von 38 Ztm.-Granaten der "Queen Elizabeth" beobachtet. Die Menschenverluste auf türkischer Seite sind gering. Sie betragen 21 Tote und 51 Verwundete, darunter nur wenige Schwerverletzte.

Paris, 20. März. (Priv.-Tel.)
Einer Havasmeldung zufolge sollen vom "Bouvet" 24 Personen gerettet worden sein. Das Schiff hatte eine Besatzung von 680 Mann.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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