"U
29" verloren
Kapitänleutnant Otto
Weddigen
Berlin,
7. April. (W. B. Amtlich.)
S. M. Unterseeboot "U 29" ist von seiner letzten Unternehmung
bisher nicht zurückgekehrt. Nach einer von der britischen Admiralität
ausgehenden Nachricht vom 26. März soll das Boot mit der ganzen Besatzung
untergegangen sein. Es muß danach als verloren betrachtet werden.
Der
stellvertretende Chef des Admiralstabs.
gez. Behncke
Die
"Frankfurter Zeitung" schreibt zu dieser Meldung:
Die Kunde von dem Untergang eines unserer erfolgreichsten Unterseeboote
erfüllt das deutsche Volk mit Schmerz und Trauer, und diese Gefühle
werden noch verstärkt durch
die Tatsache, daß mit der tapferen Mannschaft einer der kühnsten
deutschen Seeoffiziere zu Grunde gegangen ist, der Kapitänleutnant
Otto Weddigen, dessen Ruhm vor wenigen Monaten durch die ganze Welt ging,
als das von ihm geführte "U 9" an einem Tage drei englische
Panzerkreuzer vernichtete. Damals wurde die gewaltige Bedeutung der Unterseebootswaffe
im Seekrieg, die vorher von vielen unterschätzt war, erst so recht
klar, und die deutsche Marine hat seitdem bewiesen, daß sie in der
Führung dieser Waffe allen anderen Seestaaten überlegen ist.
Am Morgen des 22. September 1914 versenkte das Unterseeboot die englischen
Panzerkreuzer "Hogue" "Aboukir" und "Cressy",
20 Seemeilen nordwestlich von Hoek van Holland. Niemals vorher hätte
man eine solche Leistung eines einzigen Tauchbootes für möglich
gehalten, niemals geglaubt, daß diese Boote dem Feinde an seinen
geschütztesten Stellen gefährlich werden und dabei selbst sich
der Vernichtung durch die schnellen Kreuzer und Torpedoboote entziehen
könnten. Freilich gehörte dazu auch ein außerordentlicher
Wagemut, gepaart mit größter seemännischer Geschicklichkeit.
Diese Eigenschaften zeichneten Führer und Mannschaften des erfolgreichen
Unterseebootes in höchstem Maße aus, sie hatten sie schon vorher
bei manchen Gelegenheiten bewiesen, und sie haben sie auch nachher in
reichstem Maße bewährt. Das deutsche Volk jubelte den tapferen
Helden zu, und selbst das feindliche Ausland konnte ihnen seine Bewunderung
nicht versagen. Als äußere Anerkennung wurde der gesamten 25
Mann starken Besatzung das Eiserne Kreuz zweiter Klasse und ihrem Führer
das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse verliehen. Einen Monat später
erhielt er den Orden Pour le Merite für die Versenkung des Kreuzers
"Hawke". Erst sechs Jahre war der noch junge Kapitänleutnant
Otto Weddigen im Unterseebootswesen tätig gewesen. 1882 in Herford
geboren, war er im Jahre 1901 in die Marine eingetreten, in der er zuerst
als junger Offizier auf einem Flußkanonenboot und dann sechs Jahre
lang in der Unterseeboots-Abteilung Dienst tat. Erst zu Beginn des Krieges
übernahm er als Kapitänleutnant das Kommando des "U 9",
in dem er seine hervorragenden Führereigenschaften so glänzend
bewies. Als dann später der eigentliche Unterseebootskrieg in großem
Maßstab eingeleitet wurde, war es wieder Weddigen, der durch sein
kühnes und erfolgreiches Vorgehen die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Diesmal führte er "U 29", das im vorigen Monat den englischen
Handelsschiffen so schweren Schaden zufügte. An einem einzigen Tage,
dem 13. März, versenkte er fünf englische Dampfer, und noch
so manches andere Schiff fiel seinem Unterseeboot zum Opfer. Die Gegner
fürchteten und bewunderten ihn zugleich und erkannten die Ritterlichkeit
an, die er dem Feinde gegenüber bewies.
Die "Times" widmete ihm, als die englische Admiralität
die erste Nachricht von dem damals unbestätigten Untergang des "U
29" veröffentlichte, einen ehrenvollen Nachruf, in dem sie ausdrückte,
daß man, so sehr England Grund habe, die Vernichtung des "U
29" mit Genugtuung zu vernehmen, doch Bedauern über das Ende
eines so tapferen, geschickten und ritterlichen Feindes empfinde, der
auch bei der Ausübung seiner Tätigkeit die Gebote der Menschlichkeit
nicht außer Acht geladen habe. Die tendenziöse und gehässig
- verleumderische Art, in der das Blatt ihn in der letzteren Hinsicht,
wie vor Monaten den Führer der "Emden", als eine Ausnahme
unter den deutschen Seeoffizieren hinzustellen suchte, hätte der
tapfere Offizier bei Lebzeiten mit Entrüstung zurückgewiesen.
Den Hoffnungen, die man nach diesen glänzenden Taten für den
weiteren Verlauf des Unterseekrieges auf ihn setzen konnte, ist jetzt
leider ein vorzeitiges Ende bereitet worden. Das Seemannslos hat auch
diesen tapferen Führer und seine heldenmütige Mannschaft nicht
verschont, er ist uns entrissen worden, bevor er noch auf der Höhe
seiner verheißungsvollen Laufbahn stand. Schon seit einiger Zeit
war man in Sorge um sein Schicksal, da Nachrichten ausblieben. Vor etwa
acht Tagen meldete das Reutersche Bureau, die englische Admiralität
habe Grund zu der Annahme, daß "U 29" durch Rammen zum
Sinken gebracht worden und die ganze Besatzung dabei umgekommen sei. Da
mit Ablauf der vorigen Woche "U 29" überfällig war,
mußte man damit rechnen, daß diese Meldung richtig sei. Jetzt
ist auch die letzte Hoffnung auf eine Rettung des "U 29" geschwunden.
Eine Schar Tapferer ist dahingegangen. Die Trauer um sie teilt mit den
Angehörigen - Weddigen hatte sich erst vor wenigen Monaten, kurz
nach seinem Zuge gegen die englischen Kreuzer, verheiratet - das ganze
deutsche Volk. Aber die Verdienste, die sie sich um ihr Vaterland erworben
haben, bleiben, und ihr Beispiel wird ein Ansporn für alle Teile
unserer Marine sein, es ihnen an Pflichterfüllung gleichzutun. Als
leuchtendes Vorbild unserer Marine leben sie fort in dem Andenken des
deutschen Volkes. Was sie geleistet haben, bildet ein unvergängliches
Ruhmesblatt in der vaterländischen Geschichte. Ihnen nachzueifern
ist die beste Abtragung des unauslöschlichen Dankes, den das Vaterland
diesen Helden schuldet. Unsere ganze Marine ist von dem gleichen Geiste
beseelt; die Taten anderer Unterseeboote und alle bisher ausgefochtenen
Seekämpfe haben das bewiesen. Deutscher Mut und deutsche Tapferkeit
wird, wie bisher, so auch weiterhin sich zum Ruhme Deutschlands in der
Welt bewähren. 2)
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