Der Weltkrieg am 14. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue mißglückte Vorstöße der Franzosen

Großes Hauptquartier, 14. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Ein nächtlicher feindlicher Vorstoß bei Berry-au-Bac scheiterte.
Nordwestlich von Verdun brachten die Franzosen gestern Minen mit stark gelblicher Rauch- und erstickend wirkender Gasentwicklung gegen unsere Linien zur Anwendung.
Zwischen Maas und Mosel wurde weiter gekämpft. Bei einem starken französischen Angriff gegen die Linie Maizerey-Marchéville drangen die Franzosen an einer schmalen Stelle bei Marchéville in unsere Stellung ein, wurden durch Gegenangriff aber bald wieder hinausgeworfen. An der übrigen Front brach der Angriff bereits vor unserer Stellung zusammen. Zwischen Combres und St. Mihiel fanden gestern nur Artilleriekämpfe statt. Im Aillywalde wurden nach erfolglosen feindlichen Sprengversuchen drei feindliche Angriffe zurückgewiesen. Ein Angriff beiderseits der Straße Essey-Flirey scheiterte westlich dieser Straße und führte östlich derselben zu Nahkämpfen, in denen unsere Truppen die Oberhand behielten. Im Priesterwalde fanden keine Kämpfe statt.
In den Vogesen mißglückte ein französischer Vorstoß gegen den Schnepfenriethkopf südwestlich von Metzeral.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Ein Befehl des französischen Generals Dubail

Berlin, 14. April. (W. B.)
Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir:
Wie die französischen Offiziere mit allen Mitteln versuchen, ihre Leute zum Vorgehen zu zwingen, zeigt folgender Befehl des Generals Dubail, Führers der I. französischen Armee, vom 5. April 1915:

"Seit drei Monaten haben die deutschen Armeekorps zwischen Maas und Mosel ihrerseits durch so zahlreiche, energische Angriffe zu leiden gehabt, daß ihre Widerstandskraft nunmehr beträchtlich vermindert ist. Mehrere Regimenter mußten in der letzten Zeit abgelöst werden. Die einen mußten infolge der ihnen von uns zugefügten Verluste zurückgenommen oder haben den Abschnitt gewechselt (z. B. die bei Les Eparges dezimierten bayerischen Regimenter der 33. Division), die anderen wurden auf andere Teile des Kriegsschauplatzes geschafft, um die fast schon weichende Linie dort zu stützen. Ein Regiment des V. Armeekorps wurde nach Belgien gebracht, zwei Regimenter des V. Armeekorps sind zur russischen Front abgegangen. Die vor drei Monaten so zahlreiche und reichlich mit Munition versehene schwere Artillerie hat sich sowohl an Zahl verringert wie weniger betätigt.
Um unseren letzttägigen Angriffen im Abschnitt Fey-en-Haye, Bois le Prêtre die Stirn bieten zu können, sahen sich die Deutschen gezwungen, an diesem Punkte die Reserven der benachbarten Abschnitte heranzuziehen. Anscheinend haben sie nicht viel verfügbar. Am 10. März haben wir im Priesterwalde und vor Fey-en-Haye die deutschen Stellungen in einer Tiefe von 800 und in einer Ausdehnung von 1000 Metern eingenommen. Am 31 März wurde Fey-en-Have selbst genommen, am 3. April die Stellungen bei Regniéville. Auf einer Front von 40 Kilometern hat die verstärkte 1. Armee eine Sturmstellung auf Sturmentfernung eingerichtet. Morgen werden wir die Zange, in der wir den Gegner zwischen Verdun und Pont-à-Mousson eingeschlossen haben, schließen und mit beträchtlichen Kräften von vorne und im Rücken angreifen und die feindlichen Truppen zwischen Metz und St. Mihiel vernichten. Jeder Mitkämpfer muß folgendes wissen: Die Kanonen, die er vor sich hat, sind das französische Geschütz, das in den Rücken des Gegners feuert.
Zur Abwehr dieses furchtbaren Angriffs scheinen die Deutschen gegenwärtig nur über örtliche Reserven zu verfügen, und selbst wenn sie andere herangezogen haben, könnte es sich nur um einige Bataillone handeln.

(gez.) Dubail." 2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Eroberung einer Stellung am Uzsoker Paß durch ungarische Regimenter

Wien, 14. April.
Amtlich wird verlautbart:
Die allgemeine Lage ist unverändert. An der Karpathenfront waren in den meisten Abschnitten nur Geschützkämpfe im Gange. Nordwestlich des Uzsoker Passes wurde eine von den Russen vor Tagen besetzte Stellung in ihrer ganzen Ausdehnung durch den Angriff der tapferen ungarischen Infanterieregimenter Nr. 19 und 26 erobert.
In Südostgalizien und der Bukowina herrscht Ruhe.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)


Seekrieg 1914-1918: "Kronprinz Wilhelm" vor dem Kriege
"Kronprinz Wilhelm" vor dem 1. Weltkrieg

Die Taten des deutschen Hilfskreuzers 
"Kronprinz Wilhelm"

London, 14. April. (Priv.-Tel.)
Nach Londoner Berichten war dem "Kronprinz Wilhelm", als er in den Hafen von Newport-News einlief, anzusehen, daß er sich acht Monate lang auf offener See herumgetrieben hatte. Die Schiffswände waren durch Rost angegriffen, und mehr als 60 Mitglieder der Besatzung und der Gefangenen, die an Bord waren, wurden von der Beriberi (Beulenpest) befallen, eine Folge der ausschließlichen Reisnahrung. Es waren auch nur noch 21 Tonnen Kohlen an Bord. Die Nahrungsmittel und die Munition waren so gut wie aufgebraucht; deshalb mußte "Kronprinz Wilhelm" notwendigerweise in einen amerikanischen Hafen einlaufen. Kapitän Thierfelder, der Befehlshaber des Schiffes, erklärte amerikanischen Journalisten:
"Unsere Arbeit ist noch nicht zu Ende. Wir gehen wieder in See zurück. Mein Schiff sieht nicht mehr schön aus, von innen und von außen nicht, aber das ist die Folge davon, daß wir auf offener See Kohlen einnehmen mußten, und das ging nur, indem wir die Steinkohlen an Deck nahmen und durch die Salons nach unten transportierten. Als wir New York verlassen hatten, hatten wir keine Kanone an Bord. Zu Beginn war es unser Plan, Bewaffnung von der "Karlsruhe" zu bekommen, aber wir fingen das englische Dampfschiff "La Correntina" ab, das Kanonen, aber keine Munition an Bord hatte. Wir nahmen die Kanonen, Munition hatten wir nicht zu verschwenden, und die meisten Schiffe, die wir zum Sinken brachten, ließen wir durch Öffnen der Luken mit Wasser voll laufen. Wir rammten die "Nova Scotia" und nahmen ihre Besatzung an Bord. Von verschiedenen Schiffen nahmen wir mehr als 1000 Gefangene und hielten die meisten zwei Monate bei uns. Das war teuer, und wir setzten uns in Verbindung mit dem Kohlenschiff "Holgar", das die Gefangenen nach Buenos Aires brachte. Während des Monats Dezember wurde unser Mundvorrat beinahe aufgezehrt. Wir hatten jedoch eine große Quantität Reis an Bord, die wir von verschiedenen Schiffen genommen haben, die wir in den Grund bohrten. Ein Teil davon wurde naß, aber wir trockneten ihn und lebten davon. Wir hatten ein Gefecht mit den englischen Kreuzern "Berwick", "Suffolk" und "Bristol". Wir waren gerade im Begriff, 50 Mann, 4 Kanonen und ein Maschinengewehr von der "Karlsruhe" zu übernehmen, als sie uns überraschten Das Gefecht war für uns günstig, aber wir mußten stark vorandampfen, die "Karlsruhe" mußte zurück. Die größte Beute brachte uns der Fang des englischen Dampfschiffes "La Correntina". Wir überraschten ihn im Atlantischen Ozean. Er kämpfte nicht. Wir nahmen dem Schiff 2 Kanonen und 5 Millionen Pfund Rindfleisch ab und öffneten darauf die Luken. Der "Indian Prince", der am 7. September genommen wurde, enthielt keine große Beute. Am 11. November nahmen wir 3100 Tonnen von der französischen Bark "Union". Wir luden die Kohlen in die Salons und in die Erste Klasse-Kabinen. Seit der Zeit war das Schiff nicht mehr so schön. Am 28. Dezember erbeuteten wir die "Hemisphere" und nahmen 500 Tonnen Kohlen. Am 10. Januar überraschten wir das große Dampfschiff "Potaco", das Ballast an Bord hatte. Auch dieses brachten wir zum Sinken. Am 14. Januar erbeuteten wir die "Highland Brae"; sie hatte 51 Passagiere und eine Besatzung von 94 Mann, die wir an Bord nahmen, ebenso wie eine große Anzahl von Lebensmitteln. Am gleichen Tage nahmen wir das englische Dampfschiff "Wilfred", das mit Fischen und Kartoffeln beladen war. Das einzige neutrale Schiff, das wir in den Grund bohrten, war das norwegische Segelschiff "Sorantha" mit einer Fracht Mehl auf dem Wege nach Liverpool. Am 22. Februar holten wir das englische Frachtschiff "Chase Hill" ein. Der Kapitän war einer der lustigsten Seeleute, die ich je getroffen habe. Er fragte: "Habe ich Euch eine gute Jagd verursacht?" Ich sagte ihm, daß er mit seinen Fersen so dicht bei unserer Nase gestanden hätte, daß er uns Wasser ins Gesicht gespritzt hätte. Wir brachten das Schiff nicht zum Sinken, nahmen aber 400 Männer und Frauen an Bord und gaben dem Kapitän den Auftrag, sie an Land zu bringen. Matratzen, Bettdecken usw., ebenso wie Essen gaben wir mit, und dies tat uns nicht leid."
So der Kapitän. Andere Offiziere schilderten noch, wie das französische Dampfschiff "Guadeloupe" und am 24. Februar das britische Dampfschiff "Tamar" mit 68000 Ballen Kaffee zum Sinken gebracht worden seien. Vier Tage später wurde die "Coleby" mit Mehl für St. Vincent zum Sinken gebracht. Ihre Besatzung ist nun in New York. Als der "Kronprinz Wilhelm" die Anker auswarf, schaute der Kapitän der "Coleby" aus dem Schiff heraus und rief den Leuten am Ufer zu: "Hallo! Ihr Leute, haben die Engländer schon die Dardanellen genommen? Ich habe seit Monaten nichts mehr gehört." Während der letzten Tage merkte der "Kronprinz Wilhelm" durch aufgefangene drahtlose Telegramme, daß die englischen Kreuzer eifrig Jagd auf ihn machten. Nach Aussage der Gefangenen wurde der Hilfskreuzer durch einen Schuß des "Berwick" getroffen. Es sei für das Schiff ein Unglück gewesen, daß der "Odenwald" nicht aus Puerto Rico ausfahren durfte. Der "Odenwald" sollte den "Kronprinz Wilhelm" mit Nahrungsmitteln versehen.

Amsterdam, 14. April. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet:
Mit der Ankunft des "Kronprinz Wilhelm" in Newport-News mag man sagen, daß der deutsche Kaperkreuzer am Ende seiner Laufbahn angekommen ist. Es ist jetzt möglich, eine Schätzung des gesamten durch diesen Kreuzer verursachten Schadens anzustellen. Der "Kronprinz Wilhelm" hat dreizehn Schiffe in Grund gebohrt, deren Ladungen 1105000 Pfund Wert hatten. "Emden" hat siebzehn Schiffe zum Sinken gebracht, Wert 2211000 Pfund. Drei andere durch "Emden" erbeutete Dampfschiffe sind mit Besatzung und Passagieren der in den Grund gebohrten Schiffe nach den Häfen geschickt worden. Hierzu kommt "Karlsruhe" mit siebzehn in den Grund gebohrten Schiffen, Wert 1662000 Pfund, "Prinz Eitel Friedrich" bohrte elf Schiffe in den Grund, Wert 585000 Pfund, "Königsberg" ein Dampfschiff, "Dresden" drei Dampfschiffe und zwei Segelschiffe, Wert 275000 Pfund, "Leipzig" drei Dampfschiffe, Wert 235000 Pfund. Das ist zusammen ein Schaden von ungefähr 6700000 Pfund gleich 134 Millionen Mark.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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