Der Weltkrieg am 30. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Deutsche Vortruppen an der Bahn Dünaburg-Libau - Dünkirchen beschossen

Großes Hauptquartier, 30. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
An der Küste herrschte rege feindliche Fliegertätigkeit, Fliegerbomben richteten in Ostende nur erheblichen Schaden an Häusern an. Die Festung Dünkirchen wurde gestern von uns unter Artilleriefeuer genommen.
In Flandern verlief der Tag ohne besondere Ereignisse. Nachts griff der Feind zwischen Steenstraate und Het Sas an, das Gefecht dauert noch an. Die Brückenköpfe auf dem weichen Kanalufer bei den Orten Steenstraate und Het Sas sind von uns ausgebaut und fest in unserer Hand. Östlich des Kanals nördlich von Ypern versuchten Zuaven und Turkos unseren rechten Flügel anzugreifen. Ihr Angriff brach in unserem Feuer zusammen.
In der Champagne nördlich von Le Mesnil konnten die Franzosen nichts von der ihnen vorgestern entrissenen Stellung wiedergewinnen. Die 1000 Meter breite und 300 Meter tiefe Befestigungsgruppe ist von uns in ihrem Umfange umgebaut und wird gehalten.
In den Argonnen erstürmten unsere Truppen nördlich von Le Four de Paris einen feindlichen Schützengraben, nahmen einen Offizier, 30 Mann gefangen und hielten das eroberte Gelände gegen mehrfache feindliche Gegenangriffe. Bei Cornay am Ostrand der Argonnen stürzte ein feindliches Flugzeug ab; die Insassen sind tot.
Zwischen Maas und Mosel griffen die Franzosen gestern die von uns eroberten Stellungen auf den Maashöhen erfolglos an, auch nördlich von Flirey scheiterte ein feindlicher Angriff unter starken Verlusten. Bei den Kämpfen auf den Maashöhen vom 24. bis 28. April haben die Franzosen allein an Gegangenen 43 Offiziere, darunter 3 Regimentskommandeure, und rund 4000 Mann verloren.
Die Küstenbefestigung Harwich an der englischen Ostküste wurde heute nacht mit Bomben belegt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Vortruppen unserer im nordwestlichen Rußland operierenden Streitkräfte haben gestern in breiter Front die Eisenbahnlinie Dünaburg-Libau erreicht. Ernsthaften Widerstand versuchten die in jenen Gegenden vorhandenen russischen Truppen, unter denen sich auch die Reste der Teilnehmer am Raubzuge gegen Memel befinden, bisher nirgends zu leisten. Gegenwärtig sind Gefechte bei Szawle im Gange.
Bei Kalwarja scheiterten größere russische Angriffe unter starken Verlusten. 5 Offiziere, 500 Russen fielen unverwundet in unsere Hände. Auch weiter südlich zwischen Kalwarja und Augustow mißglückten russische Vorstöße.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Nachtangriffe in den Karpathen abgewiesen

Wien, 30. April, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
An der allgemeinen Situation hat sich nichts geändert. Während des Tages Geschützkämpfe und Geplänkel.
Neuerliche heftige russische Nachtangriffe im Orawa- und Oportale wurden wie stets früher unter großen Verlusten des Feindes abgewiesen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Vier feindliche Schiffe an den Dardanellen beschädigt - Der Feind vom asiatischen Ufer vertrieben

Konstantinopel, 30. April.
Das türkische Große Hauptquartier hat gestern abend folgendes mitgeteilt:
Der Feind, welcher in der Umgegend von Kum Kale gelandet war, ist trotz aller seiner Bemühungen, sich unter dem Schutze des Feuers seiner Schiffe am Lande zu behaupten, vollständig verjagt worden; kein Feind steht mehr auf dem asiatischen Ufer der Dardanellen.
Die feindlichen Streitkräfte auf der Spitze von Kaba Tepe behaupten sich hartnäckig unter dem Schutze des Feuers der feindlichen Schiffe; von den anderen Teilen der Gallipoli-Halbinsel ist der Feind vertrieben worden.
Das Feuer unserer Batterien hat am 28. April den französischen Panzer-kreuzer "Jeanne d´Arc" beschädigt, so daß er sich brennend nach Tenedos zurückzog. Ein englischer Torpedobootszerstörer sank infolge eines Brandes, der durch unsere Granaten verursacht war, am 28. April an der Einfahrt in die Meerenge. Ein Angriff von 16 Panzerschiffen und vielen Torpedobootszerstörern gegen unsere vorgeschobenen Batterien an der Meerenge am 27. April hatte folgendes Ergebnis. Tausende gegen unsere Batterien und Infanteriestellungen abgeschossener Granaten haben bis zum Abend nur einige Soldaten leicht verwundet; dagegen wurden zwei Transportdampfer vor Sed-ül-Bahr wiederholt von unseren Granaten getroffen, so daß der eine von ihnen sofort auf den Strand lief. Wir haben eine Reihe von Booten und Segelschiffen, die mit Soldaten besetzt waren und sich mit ihren Schleppdampfern bei den Transportschiffen befanden, zum Sinken gebracht. Die englischen Linienschiffe "Majestic" und "Triumph" wurden beschädigt und zogen sich aus der Schlachtlinie zurück. In den letzten beiden Tagen hat die feindliche Flotte nichts mehr gegen die Meerenge unternommen.
Auf den anderen Kriegsschauplätzen nichts von Bedeutung.

Konstantinopel, 30. April.
Wie "Taswir-i-Eskiar" aus den Dardanellen erfährt, wurde das englische Schlachtschiff "Vengeance" von Geschossen der türkischen Batterien beschädigt.
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Neue türkische Erfolge auf der Halbinsel Gallipoli

Konstantinopel, 30. April, 8 Uhr 25 Min. abends.
Das türkische Hauptquartier teilt mit:
Bei Kaba Tepe auf Gallipoli versuchte der Feind Aktionen, um sich aus einem schmalen Landstreifen, wo er eingeschlossen war, freizumachen, aber wir wiesen diese Versuche zurück, zwangen den Feind, bis auf 500 Meter vom Meeresufer zurückzuweichen und sich unter den Schutz des Feuers seiner Schiffe zu flüchten; wir fügten ihm ungeheure Verluste zu. Den Landungsversuch, welchen der Feind unter dem Schutze eines Teiles seiner Flotte im Golf von Saros machte, brachten wir vollständig zum Scheitern.
Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts von Bedeutung zu melden.
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Englische Darstellung der Dardanellenkämpfe

London, 30. April.
Das Reutersche Bureau meldet:
Berichte über die Fortschritte an den Dardanellen bis zum 29. April besagen, daß die Landungstruppen der Alliierten viele türkische Gegenangriffe, die allmählich schwächer wurden, abschlugen. Die Verluste der Alliierten sind begreiflicherweise schwer.

London, 30. April.
In der amtlichen Beschreibung der Gefechte an an Dardanellen zwischen dem 25. und 29. April heißt es:
Sechs verschiedene Orte an der Küste wurden zur Ausschiffung des Heeres benutzt. Die Operationen wurden durch die gesamte Flotte unterstützt. Das Ergebnis des ersten Tages war, daß starke englische, australische und französische Streitkräfte sich an drei Hauptpunkten festsetzten, nämlich die Australier und Neuseeländer auf den Abhängen von Sed-ül-Bahr nördlich von Kaba Tepe, die britischen Truppen am Teke Burun und die Franzosen auf der asiatischen Küste bei Kum Kale. Am 26. April bei Anbruch des Tages behauptete sich der Feind noch im Dorfe Sed-ül-Bahr, das voll Erdhöhlen, Laufgräben und Verhauen war. Diese Stellung wurde durch die Engländer im Frontangriff mitten durch die noch nicht vernichtenden Stacheldrahthindernisse gestürmt. Unsere Stellung an diesem Ende der Halbinsel ist somit endgültig gesichert. Am Abend des 27. April hatten die Verbündeten die Laufgrabenlinie besetzt, die nördlich von Kaba Tepe beginnt und bis zur Batterie Totts (?) reicht. Inzwischen rückten die Australier und Neuseeländer mit der größten Kühnheit vor. Sie befanden sich stets im Kampf mit dem Feinde und schlugen fortwährend Gegenangriffe ab. Am 27. April früh fand ein heftiges Gefecht mit einer türkischen Division statt, die nach schwerer Beschießung durch Artillerie auf Sed-ül-Bahr zurückgeworfen wurde. Die Australier und Neuseeländer schlugen jeden Angriff ab und gingen schließlich zur Offensive über. Auch die Franzosen bei Kum Kale wurden viermal angegriffen, behaupteten sich aber in allen Stellungen. Die Verluste des Heeres und der Flotte sind der Natur der Sache entsprechend schwer.
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Ein deutsches Luftschiff über Südostengland

London, 30. April. (Reuter-Meldung)
Ein Luftschiff oder Flugzeug warf heute früh Brandbomben über Ipswich und Whitton ab. Drei Häuser wurden zerstört. Menschen sind nicht umgekommen.

London, 30. April.
Ein deutsches Luftschiff überflog Bury St. Edmunds (Grafschaft Suffolk) und warf mehrere Bomben ab, wodurch zwei Häuser in Brand gerieten.
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Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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