Der Weltkrieg am 4. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Fortschreiten der Offensive östlich Przemysl

Großes Hauptquartier, 4. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Schloß und Ort Hooge (östlich Ypern) ist bis auf wenige Häuser am Westrande von uns gestürmt. Englische Gegenangriffe wurden blutig abgewiesen.
Östlich Givenchy gelang es gestern abend englischen Truppen, in unsere Stellung einzudringen, ein Gegenangriff warf den Feind unter schweren Verlusten wieder
hinaus. Drei englische Maschinengewehre blieben in unserer Hand. Die Stellung ist lückenlos in unserem Besitz.
Die Zuckerfabrik Souchez ist nach hin und her wogendem Kampf von uns besetzt, an der Bahn westlich von Souchez ist der Kampf noch im Gange.
Ein starker feindlicher Angriff auf unsere Gräben bei und nördlich Neuville brach im Artilleriefeuer zusammen. Südlich Neuville sind seit heute nacht Nahkämpfe im Gange.
Im Priesterwald ist der Kampf abgeschlossen. Es ist uns gelungen, den größten Teil der verlorenen Gräben wiederzugewinnen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Abteilungen wurden durch unsere Kavallerie aus den Ortschaften Lenen und Schrunden, 60 bzw. 70 Kilometer östlich Libau, vertrieben.
In Gegend Rawdsjani, westlich Kurschany, und bei Sawdyniki an der Dubissa scheiterten feindliche Angriffe.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unsere Truppen haben nach Kampf die Orte östlich von Przemysl und nach Nordosten anschließend die Linie Bolestraszyce-Torki-Pozdziacs-Starzawa erreicht. Die Beute aus dem Fall von Przemysl ist noch nicht festgestellt.
Es ergibt sich aus Aussagen von Gefangenen verschiedenster Truppenteile, daß die Russen für die Nacht vom 2. zum 3. Juni, in der Przemysl gestürmt wurde, gegen die ganze Front der Armee des Generalobersten von Mackensen einen allgemeinen Angriff eingeleitet hatten; diese Offensive ist schon in ihren Anfängen vollkommen gescheitert.
22 Kilometer östlich von Przemysl stürmten deutsche Truppen unter General von der Marwitz die Höhen beiderseits Myslatycze.
Die Armee des Generals von Linsingen ist im Begriff, den Unterlauf des Stryj, nordöstlich des Ortes gleichen Namens, zu überschreiten.

    Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 4. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Im Laufe des Tages wurde Przemysl vom Feinde gesäubert, der in östlicher Richtung zurückging und aus den Höhen südwestlich Medyka durch Nachhuten Widerstand zu leisten versucht. Dort greifen jetzt die verbündeten Truppen an.
Unterdessen ist es der Armee Boehm-Ermolli gelungen, von Süden her die
russische Verteidigungsstellung zu durchbrechen und in der Richtung auf Mosciska
vorzustoßen, von welchem Ort unsere Trugen nunmehr wenige Kilometer entfernt stehen. Bei diesen Kämpfen fielen zahlreiche Gefangene in die Hände der Sieger. Auch der Angriff der Armee Linsingen hatte neuen Erfolg. Die Russen sind seit heute früh vor dieser Armee in vollem Rückzug.
An der Pruthlinie haben sich in Rückwirkung der Ereignisse am San und oberen Dnjestr neue Kämpfe entwickelt. Wo der Gegner Angriffe versuchte, wurde er unter starken Verlusten abgewiesen. 900 Mann wurden zu Gefangenen gemacht. Die sonstige Lage am unteren San und in Polen ist unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Im Tiroler Grenzraum sind keine wesentlichen Ereignisse zu verzeichnen. Östlich des Kreuzbergsattels nahmen unsere Truppen zwei Gipfel, die die Italiener vorübergehend stark besetzt hatten.
An der Kärntner Grenze hält der Geschützkampf stellenweise an. Im Küstenlande wird im Raum von Karfreit gekämpft.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Die Dardanellenkämpfe zu Lande

Konstantinopel, 4. Juni.
Das türkische Hauptquartier teilt mit:
An der Dardanellenfront gestern schwaches Artillerie- und Infanteriefeuergefecht. Unsere Batterien an der asiatischen Küste beschossen mit Erfolg die feindlichen Stellungen bei Sed-ül-Bahr.
An den übrigen Fronten hat sich nichts Bedeutsames ereignet.
1)

 

Wieder zwei englische Kriegsschiffe an den Dardanellen torpediert

Frankfurt a. M., 4. Juni.
Die "Frankfurter Zeitung" meldet aus Konstantinopel unter dem 3. Juni:
Nach mehrtägiger Pause sind wieder zwei Taten deutscher Unterseeboote vor den Dardanellen zu verzeichnen. Am 31. Mai versenkte ein deutsches Unterseeboot bei den Inseln Strato einen englischen 12000 Tonnen fassenden Hilfskreuzer; von dessen 800 Mann zählender Besatzung wurden 120 Mann durch den englischen Dampfer "Spy" gerettet und nach der Bucht von Mudros gebracht. - Am 2. Juni torpedierte ein Unterseeboot einen englischen Linienschiffskreuzer bei Tenedos. Über das Schicksal dieses Schiffes fehlen vorläufig nähere Daten.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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