Der Weltkrieg am 24. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Höhen von Kopytow gestürmt

Großes Hauptquartier, 24. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Während ihres gestrigen Besuches vor Zeebrügge gab die englische Flotte etwa 60 bis 70 Schuß auf unsere Küstenbefestigungen ab. Wir hatten durch diese Beschießung den Verlust von einem Toten und sechs Verwundeten zu beklagen, außerdem wurden durch zu weit gehende Geschosse noch drei belgische Einwohner verletzt. Sachschaden ist nicht angerichtet.
In den Vogesen nördlich von Münster ruhte tagsüber der Kampf; am Abend griffen die Franzosen abermals unsere Stellungen am Barrenkopf und nördlich davon an. Die Angriffe sind zurückgeschlagen, eingedrungene schwache Teile des Feindes aus unseren Stellungen geworfen, einige Alpenjäger gefangengenommen. Bei den gestern gemeldeten Kämpfen ist ein Grabenstück am Barrenkopf in Feindeshand geblieben.
Bei Loo (südwestlich von Dixmuiden) wurde vorgestern ein französischer Doppeldecker durch einen unserer Kampfflieger abgeschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Nördlich des Njemen keine Veränderungen.
Auf der übrigen Front der Heeresgruppe wurden Fortschritte gemacht.
Bei den Kämpfen östlich und südlich von Kowno nahmen unsere Truppen 9 Offiziere, 2600 Mann gefangen und erbeuteten 8 Maschinengewehre.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Auf den Höhen nordöstlich von Kleszczele und im Waldgebiet südöstlich dieses Ortes wurde
der Gegner gestern von unseren Truppen erneut geworfen. Die Verfolgung nähert sich dem Bialowieskaforst. Der Feind verlor über 4500 Mann an Gefangenen und 9 Maschinengewehre.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Vor dem Angriff der über die Pulwa und den Bug östlich der Pulwamündung vorgehenden deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen räumte der Feind seine Stellungen; die Verfolgung ist im Gange.
Auf der Südwestfront von Brest-Litowsk wurden die Höhen bei Kopytow gestürmt.
Unsere durch das Sumpfgebiet nordöstlich von Wlodawa vordringenden Truppen verfolgen den gestern geworfenen Feind.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Zum Jahrestag der Schlacht von Longwy

Deutschland 1. Weltkrieg: Kronprinz Wilhelm

Kronprinz Wilhelm

Saarbrücken, 24. August. (W. B. )
Die "Saarbrücker Volkszeitung" meldet:
Der Kronprinz hat am 22. August folgenden Armeebefehl erlassen:
"Heute jährt sich zum ersten Mal der Siegestag der Schlacht von Longwy.
Welch´ schicksalschweres Jahr ist vor unseren Augen dahingerauscht, seit auch wir dabei sein durften, wie die deutschen Heere über die festungsbewehrte Grenze Frankreichs drangen. In ungestümer Angriffsfreude schirmten sie Hof und Herd der heimischen Scholle. Uns trieb eine Welt begehrlicher Feinde mit allen Schrecken heutiger Kriege in die blühenden feindlichen Lande. Wer jene heißen Augusttage inmitten der 5. Armee miterlebt hat, wo wir, siegessicher, den Franzosen die deutsche Überlegenheit so schlagend zum Bewußtsein brachten, dem werden sie unvergeßlich bleiben. Nicht minder unvergeßlich aber bleiben auch die langen bitterschweren Monate, in jenen wir nicht mehr losließen, wo wir uns in heiligem Zorn im Feinde festgebissen hatten. Dem freudigen Leben stolzer Angriffsschlachten folgte unsere entsagungsreiche Verteidigung; unser Maulwurfskrieg, mit dem wir die in ohnmächtiger Wut anstürmenden Feinde in unzerreißbare Fesseln schlugen und nur so den unvergleichlichen Siegeszug unserer Brüder im Osten ermöglichten. Aber wie bei einem Vulkan unter dünner Decke das unbändige Element sich reckt und dehnt, bis mit Gewalt durchbrechend seine Kräfte frei werden, so warten wir in ungebrochener Kampfeslust auf den Tag, wo der Kaiser auch uns zu neuem Angriff ruft: Heraus aus den Gräben und Stollen, hinein in den Krieg, wie wir ihn lieben! Gebe Gott, daß bald der Tag erscheine, Frankreich soll sie wiedererkennen, die Sieger von Longwy!"
Der Kaiser hat aus Anlaß des Jahrestages der Eroberung von Longwy an den Kronprinzen folgendes Telegramm gesandt:
"An diesem Tage jährt sich die Erinnerung an die Schlacht von Longwy, in der sich die 5. Armee unter Deiner Führung in mächtigem Ansturm den Weg in Feindesland bahnte. Von Erfolg zu Erfolg schritt sie dann, bis sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe, die Verbindung des Westheeres mit der Heimat zu sichern, in die Gegend von Verdun gewiesen wurde. Deine Armee hat diese ihre Aufgabe in vollkommenster Weise erfüllt und dadurch mit die Grundlage für unsere Siege im Osten geschaffen. Niemals ist in ihr während der langen schweren Zeit der Angriffsgedanke erloschen. Nirgends haben sich zähe Tapferkeit, unbeugsamer Wille, den Feind niederzuringen, Sorge für den Untergebenen in gleicher Weise betätigt als während der mühseligen, an stillem Heldentum überreichen Argonnenkämpfe. Für solche Leistungen Dir und Deiner Armee meinen Dank und meine Anerkennung zu sagen, ist mir ein Bedürfnis. Als äußeres Zeichen verleihe ich Dir den Orden "Pour le mérite". Wilhelm I. R."
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Die Wahrheit über die "Seeschlacht" bei Riga

Berlin, 24. August. (W. B.)
Aus zuständiger Quelle erfahren wir: In den letzten Tagen werden von russischer und englischer Seite über die Vorgänge im Rigaischen Meerbusen von 16 bis 21. August, die mit der Vertreibung der russischen Streitkräfte ihren Abschluß fanden, wahrheitswidrige Nachrichten veröffentlicht. Es ist von einer großen Schlacht die Rede, und wird behauptet, die Russen hätten einen großem glänzenden Seesieg erfochten und die Deutschen vertrieben, nachdem sie ihnen schwere Verluste beigebracht hätten. Ohne auf alle Einzelheiten der russischen Lügen einzugehen, sei folgendes ausdrücklich nochmals festgestellt:
1. Die in den Rigaischen Meerbusen vorgedrungenen deutschen Seestreitkräfte fanden dort nur leichte russische Kräfte vor, die teils vernichtet, teils vertrieben wurden. Von einer großen Seeschlacht kann somit gar keine Rede sein.
2. Deutsche Verluste sind außer den in den amtlichen Berichten veröffentlichten nicht eingetreten. Kein größeres Schiff, kein Kreuzer ist gesunken oder ernstlich beschädigt. Alle russischen Meldungen, die anderes berichten, sind erfunden
3. Von dem Abschlagen eines Landungsversuches bei Pernau kann nicht die Rede sein; ein solcher ist weder begonnen worden, noch war er beabsichtigt. Die Torpedobootsflottille, die hier erschien, hatte den Zweck, die Sperrung des Hafens zu decken. Hierbei entwickelte sich ein Geschützkampf mit den Hafen- und Feldbatterien, bei dem eine Hafenbatterie zum Schweigen gebracht, die Feldbatterien mit gutem Erfolg beschossen wurden. Ein russischer Dampfer und sechs russische Segelschiffe wurden außerdem aufgebracht und versenkt.
4. Die von den Russen angeblich erbeuten Schiffe sind Dampfer, die von uns zur Sperrung von Fahrstraßen versenkt werden.
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Fliegerangriff auf Offenburg

Berlin, 24. August. (W. B. Amtlich.)
Gestern abend warf ein feindlicher Flieger Bomben auf die außerhalb des Operationsgebietes gelegene Stadt Offenburg. Es wurde nur unbedeutender Sachschaden verursacht. Zwölf Zivilpersonen wurden zum Teil schwer verletzt.
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Kriegstagung des Reichstags


Michaelis


Delbrück

Berlin, 24. August. (Priv.-Tel.)
In der heutigen Tagung des Reichstags wurde zuerst der Antrag auf Vertagung des Reichstags auf den 30. November ohne Debatte angenommen. Dann wurde die Besprechung der Lebensmittelfrage fortgesetzt, wobei Unterstaatssekretär Michaelis die Angriff, die gegen die Kriegsgetreide-Gesellschaft gerichtet worden sind, zurückwies. Zur Verteidigung der Gesellschaft ergriff auch Unterstaatssekretär Delbrück das Wort.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der Eisenbahnknotenpunkt Kowel besetzt


Feldzeugmeister Puhallo v. Brlog

Wien, 24. August.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der nordwestlich Brest-Litowsk Widerstand leistende Feind wurde gestern in der Gegend von Wierchowice und Riasno neuerlich geworfen und zum Weichen gezwungen. Die Zahl der von der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand in den letzten Kämpfen eingebrachten
Gefangenen beläuft sich auf 4 Offiziere und 1300 Mann. Nordöstlich Wlodawa haben unsere Verbündeten den Gegner abermals zurückgedrängt und Raum gewonnen. Österreichische, ungarische und deutsche Reiterei der Armee des Feldzeugmeisters Puhallo zog in Verfolgung des Feindes in Kowel ein und rückt weiter nordwärts vor. In Ostgalizien herrscht Ruhe.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Am Südflügel der küstenländischen Front kämpfte gestern unsere schwere Artillerie feindliche Geschütze an der Sdobba-Mündung nieder; weiter wurde eine italienische Strandbatterie bei Golametto in einen Trümmerhaufen verwandelt. Gegnerische Infanterie, die sich gegenüber unserer Stellung auf der Höhe östlich Monfalcone festgesetzt hatte, räumte ihre Gräben fluchtartig vor unserem Geschützfeuer. Östlich Polazzo wiesen unsere Truppen zwei schwächere Vorstöße, bei San Martino drei bis nahe an unsere Kampffront herangetragene Angriffe blutig ab. Ebenso scheiterte abends ein Vorstoß stärkerer feindlicher Kräfte gegen den Tolmeiner Brückenkopf. Im befestigten Raume von Flitsch und Raibl schiebt sich nun die gegnerische Infanterie stellenweise näher an unsere Linien heran. Unsere Werke auf der Hochfläche von Lavarone und Folgaria standen gestern wieder unter lebhaftem Geschützfeuer; auch auf unsere Stellungen am Stilfser Joch begann die feindliche Artillerie zu schießen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Entscheidung der serbischen Skupschtina

Paris, 24. August. (Priv.-Tel)
Aus Nisch wird gemeldet:
Die Skupschtina nahm mit 103 gegen 22 Stimmen folgende Tagesordnung an: Nach der von der Regierung in einer geschlossenen Sitzung der Skupschtina gegebenen Aufklärung billigt die Versammlung, indem sie die gefallenen Helden ehrt und ihren Entschluß bekundet, auf Seiten der Verbündeten den Kampf für die Befreiung und die serbisch-kroatisch-slowenische Einheit durchzuhalten unter den unerläßlichen Opfern zur Wahrung ihrer Lebensinteressen, die Politik der Regierung. - 39 Abgeordnete waren abwesend

Die "Frankfurter Zeitung" bemerkt dazu:
Mit diesem Beschluß beugt sich Serbiens Regierung und Volksvertretung dem Willen des Vierverbandes und erklärt sich bereit, über die Abtretung der im Frieden von Bukarest erworbenen mazedonischen Gebiete in Verhandlungen mit Bulgarien einzutreten. Der Entschluß ist der Kammer nicht leicht geworden, denn die Opposition, zu der man wohl auch die ferngebliebenen Abgeordneten rechnen darf, zählt etwa 60 Mitglieder gegen 103, welche den Vorschlägen der Regierung zustimmten. Das Opfer Serbiens kommt aber wahrscheinlich zu spät, denn der Vertrag Bulgariens mit der Türkei ist so gut wie abgeschlossen, und da die Entente an dem serbisch-bulgarischen Abschluß nur unter der Voraussetzung ein Interesse hat, daß Bulgarien zu ihren Gunsten in den Krieg eintritt, so würde eine Einigung Serbiens mit einem zur Neutralität verpflichteten und entschlossenen Bulgarien den Feinden der Türkei wenig Nutzen bringen.
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Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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