Der Weltkrieg am 29. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Verfolgung der Russen auf der ganzen Front

Großes Hauptquartier, 29. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Südöstlich von Kowno wurde hartnäckiger feindlicher Widerstand gebrochen; unsere Truppen folgen den weichenden Russen.
Das Waldgelände östlich von Augustow ist durchschritten, weiter südlich wurde in der Verfolgung die Linie Dombrowo-Grodek-Narewkaabschnitt (östlich von der Stadt Narew) erreicht.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Die durch den Bialowieskaforst verfolgende Heeresgruppe nähert sich mit ihrem rechten Flügel Szereszowo.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Unter Nachhutkämpfen wurden die Russen bis in die Linie Poddubno (an der Straße nach Pruzana)-Tewli-Kobryn gedrängt.
Unsere von Süden her durch das Sumpfgelände vordringenden Verbände haben den Feind bis nahe vor Kobryn verfolgt.
Mit einer Roheit, die unsere Truppen und unser Volk mit tiefem Abscheu erfüllen muß, haben die Russen zur Maskierung ihrer Stellungen Tausende von Einwohnern, ihre eigenen Landsleute, darunter viele Frauen und Kinder, unseren Angriffen entgegengetrieben. Ungewollt hat unser Feuer unter ihnen einige Opfer gefordert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die verbündeten Truppen haben den gestern geschlagenen Feind über die Linie Pomorzany Koninchy -Kozowa und hinter den Koropiecabschnitt zurückgeworfen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der russische Rückzug in Ostgalizien

Wien, 29. August.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Unsere Erfolge östlich Wladimir-Wolynskij und an der Zlota-Lipa haben an einer Front von 250 Kilometern den Widerstand des Gegners gebrochen. Der Rückzug der Russen ist überall durch brennende Ortschaften und zerstörte Ansiedlungen gekennzeichnet. Die Zahl der in unseren Händen gebliebenen Gefangenen erhöhte sich auf 10000. Die Truppen des Generals der Kavallerie Freiherrn v. Pflanzer-Baltin, bei deren vorgestrigem Durchbruch die bewährten kroatischen Regimenter und das Infanterieregiment Nr. 52 wieder Proben ihrer Tapferkeit abgelegt haben, folgen dem Feind auf Buczacz. Die aus deutschen und österreichisch-ungarischen Kräften zusammengesetzte Armee des Generals Grafen Bothmer dringt über Podhajce und gegen Zborow vor. Die von den Russen in Brand gesteckte Stadt Zloczow ist im Besitze der Armee des Generals der Kavallerie v. Boehm-Ermolli. Die Korps des Feldzeugmeisters v. Puhallo warfen mehrere feindliche Nachhuten und bleiben dem gegen die Festung Luck weichenden Feind an den Fersen. Bei Kobryn, wo unsere Verbündeten weiter Raum gewinnen, stehen den Russen nur mehr die Wege nach Nordosten offen. Österreichisch -ungarische Kräfte erreichten in der Gegend von Szereszowo den Südostrand Bialowieszkaja-Puszcza.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die vereinzelten Angriffe der Italiener an der Isonzofront nahmen gestern an Umfang und Heftigkeit zu, erzielten aber, wie gewöhnlich, nirgends einen Erfolg. Im Abschnitte von Doberdo wurde spät abends ein von starkem Artilleriefeuer vorbereiteter Angriff auf den Monte dei sei Busi abgeschlagen; vormittags stürmten zwei Mobilmilizregimenter viermal den Monte San Michele, drangen an einzelnen Stellen in unsere Gräben ein, wurden aber überall unter schweren Verlusten wieder hinausgeworfen.
Gegen den Brückenkopf von Görz eröffnete der Feind vor einiger Zeit einen Sappenangriff, unsere Geschütze und Minenwerfer zerstörten jedoch alle näher an unsere Front herangezogenen Sappen. Der Brückenkopf von Tolmein stand den ganzen Tag unter heftigem Geschützfeuer, diesem folgte ein von zwei Regimentern und zwei Alpinibataillonen geführter Angriff, den unsere Truppen im Handgemenge abschlagen. Ebenso erfolglos waren einzelne gegen die Brücke westlich Tolmein und den Raum nördlich dieses Überganges angesetzten Vorstöße, sowie vier Angriffe auf die Front Mrzli-Vrh-Sljemme. Auch der gegen den Raum von Flitsch mit beträchtlichen Kräften versuchte Angriff kam zum Stehen. Hier, wie überall, blieben unsere Stellungen fest in der Hand ihrer Verteidiger. An der Kärntner Front ist es ziemlich ruhig. Im Tiroler Grenzgebiete dauern die Geschützkämpfe mit wechselnder Stärke fort.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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