Der Weltkrieg am 28. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Beschießung des Bahnhofs Soissons

Großes Hauptquartier, 28. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Durch das Feuer eines feindlichen Monitors wurden in Westendebad drei Einwohner, darunter zwei Frauen, getötet.
An der Front entwickelten sich zeitweise lebhafte Artillerie-, Handgranaten- und Minenkämpfe.
Am Hirzstein erfolgte heute früh ein französischer Vorstoß; nähere Meldungen liegen noch nicht vor.
Reger Zugverkehr auf dem Bahnhof Soissons wird von unserer Artillerie beschossen. Die Franzosen haben seit kurzem das in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs liegende Hospital, anscheinend zum Schutze des Bahnhofs, mit Rote Kreuz-Flaggen versehen. Zufallstreffer in das Hospital sind bei der Nähe desselben zum Bahnhof nicht ausgeschlossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
An der Beresina sowie nordwestlich von Czartorysk und bei Berestiany wurden russische Erkundungsabteilungen abgewiesen.
Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Vergebliche russische Sturmangriffe in Beßarabien

Wien, 28. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
An der beßarabischen Front und am Dnjestr nordöstlich von Zaleszczyki wurden gestern wiederholte Angriffe starker russischer Kräfte blutig abgewiesen. Besondere Anstrengungen richtete der Feind gegen den Abschnitt zwischen Pruth und Waldzone nördlich Toporutz. Nach Artillerievorbereitung, die den ganzen Vormittag anhielt und sich stellenweise bis zum Trommelfeuer schwerer Kaliber steigerte, erfolgten in den ersten Nachmittagsstunden fünf Infanterieangriffe, die abgewiesen wurden. Ein anschließender Massenangriff, 15 bis 16 dichte Reihen tief, brach im Artilleriefeuer unter schwersten Verlusten zusammen. Das gleiche Schicksal hatten die feindlichen Angriffe nördlich des Dnjestr. Unsere Verluste sind gering. Nachtsüber herrschte Ruhe.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Süd- und Südostfront dauern die Geschützkämpfe fort.
Montenegrinischer Kriegsschauplatz:
Von unseren Kräften verfolgt, zogen sich die Montenegriner von Godijewo nach Bijoca zurück. Nächst Kovren wurden drei montenegrinische Geschütze modernster Konstruktion von unseren Truppen ausgegraben.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Kriegstagung der bulgarischen Sobranje 

(Die Thronrede des Zaren Ferdinand)

Sofia, 28. Dezember.
In der Thronrede, die Zar Ferdinand bei der Eröffnung der Sobranje verlas, sagte er unter anderem folgendes:
"Ich und meine Regierung haben nach dem Ausbruch des europäischen Krieges länger als ein Jahr unerhörte Anstrengungen gemacht, um eine Einigung mit unserem serbischen Nachbar zu erzielen, damit er uns auf friedlichem Wege die Gebiete, die er uns heimtückisch genommen hatte, zurückerstatte. Diese Bemühungen scheiterten an der unerschütterlichen Hartnäckigkeit Serbiens, das sich weigerte, uns Mazedonien zurückzugeben. Nachdem wir die friedlichen Mittel zur Erreichung dieses Vieles erschöpft hatten, war ich, um den Leiden unserer geknechteten Brüder ein Ende zu bereiten, gezwungen, unserer Armee den Befehl zu erteilen, in Serbien einzudringen, um unsere Brüder zu befreien und die Einheit unserer Nation herzustellen. Ich stelle mit Stolz fest, daß unsere Truppen sich mit unvergleichlichem Schwung und außerordentlicher Tapferkeit auf den Feind geworfen haben. Schulter an Schulter mit den braven und ruhmgekrönten Truppen unserer Verbündeten, Deutschland und Österreich-Ungarn, kämpfend, haben sie in weniger als zwei Monaten einen hinterlistigen Feind vollständig geschlagen und ihn aus seinen Gebieten hinausgeworfen. Sie haben sodann etwas noch Ruhmvolleres getan: Die Truppen, die zwei große Mächte, England und Frankreich, zur Schande der Zivilisation und ihrer eigenen Länder gegen die gemarterte bulgarische Nation gesandt hatten, um die serbische Tyrannei über sie aufrechtzuerhalten, sind aus Mazedonien verjagt worden, und heute steht kein einziger feindlicher Soldat auf dem unseren Helden, den Märtyrern der Vergangenheit und der ruhmreichen Gegenwart so teuren Boden."

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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