Der Weltkrieg am 1. April 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Der Zusammenbruch der russischen Offensive

Großes Hauptquartier, 1. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei St. Eloi wurden englische Handgranatenangriffe abgewiesen.
Lebhafte Minenkämpfe spielten sich zwischen dem Kanal von La Bassée und Neuville ab.
Nordwestlich von Roye entwickelte die französische Artillerie sehr rege Tätigkeit.
Wir nahmen die feindlichen Stellungen an der Aisnefront unter wirksames Feuer.
In den Argonnen und im Maasgebiet fanden heftige Artilleriekämpfe statt.
Unsere Kampfflieger schossen vier französische Flugzeuge ab, je eins bei Laon und Mogeville (in der Woëvre) in unseren Linien, je eins bei Ville-aux-Bois und südlich von Haucourt dicht hinter der feindlichen Front. Der französische Flugplatz Rosnay (westlich von Reims) wurde ausgiebig mit Bomben belegt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.
Hiernach scheint es, als ob sich der russische Ansturm zunächst erschöpft hat, der mit dreißig Divisionen, gleich über fünfhunderttausend Mann, und einem für östliche Verhältnisse erstaunlichen Aufwand an Munition in der Zeit vom 18. bis 28. März gegen ausgedehnte Abschnitte der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg vorgetrieben worden ist. Er hat dank der Tapferkeit und zähen Ausdauer unserer Truppen keinerlei Erfolge erzielt.
Welcher großer Zweck mit den Angriffen angestrebt werden sollte, ergibt folgender Befehl des russischen Höchstkommandierenden der Armeen an der Westfront vom 4. (17.) März Nr. 537:

    "Truppen der Westfront!

    Ihr habt vor einem halben Jahre, stark geschwächt, mit einer geringen Anzahl Gewehre und Patronen den Vormarsch des Feindes aufgehalten und, nachdem ihr ihn im Bezirk des Durchbruches bei Molodetschno aufgehalten habt, eure jetzigen Stellungen eingenommen.
    Seine Majestät und die Heimat erwarten von euch jetzt eine neue Heldentat: Die Vertreibung des Feindes aus den Grenzen des Reiches. Wenn ihr morgen an diese hohe Aufgabe herantretet, so bin ich im Glauben an euren Mut, an eure tiefe Ergebenheit gegen den Zaren und an eure heiße Liebe zur Heimat davon überzeugt, daß ihr eure heilige Pflicht gegen den Zaren und die Heimat erfüllen und eure unter dem Joche des Feindes seufzenden Brüder befreien werdet. Gott helfe uns bei unserer heiligen Sache.

    Generaladjutant: gez. Ewert."

Freilich ist es für jeden Kenner der Verhältnisse erstaunlich, daß ein solches Unternehmen zu einer Jahreszeit begonnen wurde, in der seiner Durchführung von einem Tage zum anderen durch die Schneeschmelze bedenkliche Schwierigkeiten erwachsen konnten. Die Wahl des Zeitpunktes ist daher wohl weniger dem freien Willen der russischen Führung als dem Zwang durch einen notleidenden Verbündeten zuzuschreiben.
Wenn nunmehr die gegenwärtige Einstellung der Angriffe von amtlicher russischer Stelle lediglich mit dem Witterungsumschlag erklärt wird, so ist das sicherlich nur die halbe Wahrheit. Mindestens ebenso wie der aufgeweichte Boden sind die Verluste an dem schweren Rückschlage beteiligt. Sie werden nach vorsichtiger Schätzung auf mindestens 140000 Mann berechnet. Richtiger würde die feindliche Heeresleitung daher sagen, daß die große Offensive bisher nicht nur im Sumpf, sondern in Sumpf und Blut erstickt ist.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der 1. Weltkrieg: Das Wrack des abgeschossenen deutschen Luftschiffs "L 15"
Das Wrack des abgeschossenen deutschen Luftschiffs "L 15"

Luftschiffangriff auf London

Berlin, 1. April.
In der Nacht vom 31. März zum 1. April hat  ein Marineluftschiffgeschwader  London  und Plätze der englischen Südostküste angegriffen.  Die City von London zwischen London- und Towerbrücke, die London-Docks, der nordwestliche Teil von London mit seinen Truppenlagern, sowie Industrieanlagen bei Enfield und die Sprengstoffabriken bei Waltham Abbey - nördlich von London - wurden ausgiebig mit Bomben belegt. Des weiteren wurde über Lowestoft, nachdem vorher eine Batterie bei Stowmarket - nordwestlich Harwich - erfolgreich angegriffen war, eine große Anzahl Spreng- und Brandbomben geworfen, eine Batterie bei Cambridge zum Schweigen gebracht und dort ausgedehnte Fabrikanlagen angegriffen. Endlich wurden die Hafenanlagen und Befestigungen am Humber mit Bomben belegt. Drei Batterien wurden dort zum Schweigen gebracht. Die Angriffe hatten durchweg sehr guten Erfolg, wie von unseren Luftschiffen durch die einwandfreie Beobachtung zahlreicher Brände und Einstürze festgestellt werden konnte. Trotz überaus heftiger Beschießung sind alle Luftschiffe bis auf "L 15" zurückgekehrt.   "L 15" ist nach eigener Meldung angeschossen gewesen und mußte vor der Themse auf das Wasser niedergehen. Die von unseren Streitkräften angestellten Nachforschungen sind bisher erfolglos geblieben.

Der Chef des Admiralstabs der Marine.

London, 1. April.
Nach einer amtlichen Reuter-Meldung ist ein beschädigtes "Zeppelin"-Luftschiff in der letzten Nacht vor der Themsemündung niedergegangen. Die Besatzung ist von englischen Patrouillenbooten gefangengenommen worden, das Luftschiff gesunken.
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Die Notlandung von "L 15" in der Themsemündung

London, 1. April.
Amtlich wird bekanntgegeben:
Die "Zeppelin"- Luftschiffe, die in der letzten Nacht einen Angriff unternahmen, waren in zwei Geschwader und ein abgezweigtes Luftschiff gegliedert. Die zwei Geschwader wandten sich gegen die östlichen Grafschaften, das abgezweigte Luftschiff griff die Nordostküste an. Soweit bekannt, sind 54 Spreng- und Brandbomben über den östlichen Grafschaften und 22 über der Nordostküste abgeworfen worden. Das Luftschiff, das ins Meer gefallen ist, war "L 15". Es wurde durch Geschützfeuer über den östlichen Grafschaften getroffen; eine Granate hatte den oberen Teil der Hülle in der Nähe des Hecks getroffen. Das Luftschiff fiel schnell, mit dem Heck zuerst, in die See unweit der östlichen Küste von Kent. Ein Maschinengewehr, einige Munition, ein Petroleumbehälter, der von einem Schrapnell getroffen worden war, und einige Maschinenteile wurden entweder aus diesem oder einem anderen Luftschiffe herabgeworfen. Wegen der Störung der Telegraphenverbindungen infolge des jüngsten Sturmes war es noch nicht möglich, die Opfer und Schäden genau festzustellen. Bis jetzt werden 28 Tote und 44 Verletzte gemeldet.
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Kaiserliche Anerkennung für Fliegerleutnant Immelmann


Immelmann

Berlin, 1. April.
Die glänzenden Erfolge des sächsischen Fliegerleutnants Immelmann haben eine erneute Anerkennung Seiner Majestät durch das nachstehende Schreiben gefunden: 

Zu meiner Freude erfahre Ich, daß Sie wiederum ein feindliches Flugzeug - Ihr dreizehntes - außer Gefecht gesetzt haben. Ich spreche Ihnen aus dieser Veranlassung gern von neuem Meine vollste Anerkennung für Ihre vortrefflichen Leistungen im Luftkampf aus, wie Ich Ihnen schon kürzlich durch Verleihung des Ordens Pour le mérite meines höchsten Kriegsordens, gezeigt habe, welchen Wert Ich Ihrer kühnen Tätigkeit beimesse. 

Großes Hauptquartier, den 30. März 1916.

gez. Wilhelm.1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Eine russische Vorstellung bei Olyka genommen

Wien, 1. April.
Amtlich wid verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Bei Olyka nahmen österreichisch-ungarische Abteilungen eine feindliche Vorstellung, warfen die russischen Deckungen ein, zerstörten die Hindernisse und kehrten sodann wieder in unsere Hauptstellung zurück.
Südöstlich Siemikowce wurde der Versuch des Feindes, seine Linien in einer Frontbreite von 1000 Schritt auf Sturmdistanz vorzuschieben, durch Artilleriefeuer und einen Gegenangriff vereitelt.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern setzte die Tätigkeit an einzelnen Stellen der Front beiderseits wieder ein. Am Tolmeiner Brückenkopf, im Fella-Abschnitt und an der Dolomitenfront kam es zu mehr oder weniger lebhaften Geschützkämpfen. Italienische Angriffe gegen das Frontstück zwischen dem großen und kleinen Pal und bei Schluderbach wurden abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts von Belang.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 1. April.
Von der Irakfront keine Nachricht von Bedeutung.
An der Kaukasusfront im Tschoruktale wurden einige Teile vorgeschobener Posten zum Rückzug gezwungen. In diesem Abschnitt schreiten unsere Operationen erfolgreich fort.
Am 30. März griffen zwei unserer Flugzeuge unter dem Befehl des Hauptmanns Boedke feindliche Flieger an, die Sed ül Bahr überflogen. Beim Luftkampf fiel einer der feindlichen Flieger ins Meer, die übrigen flohen in Richtung Imbros. Ein feindliches Torpedoboot im Golf von Saros wurde durch unsere Batterien in Richtung auf die Insel Samothrake verjagt.

  

Der 1. Weltkrieg im April 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 4
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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