Der Weltkrieg am 1. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Französische Angriffe links der Maas abgeschlagen

Großes Hauptquartier, 1. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich und südlich von Lens herrschte auch gestern lebhafte Artillerietätigkeit.
Links der Maas setzten die Franzosen abends erhebliche Kräfte zum Angriff gegen den "Toten Mann" und die "Cauretteshöhe" an. Am Südhang des "Toten Mannes" gelang es ihnen, in etwa 400 Meter Ausdehnung in unserem vordersten Graben Fuß zu fassen, im übrigen sind die mehrfachen feindlichen Anstürme unter den schwersten Verlusten abgeschlagen.
Rechts der Maas wurden die Artilleriekämpfe fortgesetzt.
Östlich von Obersept drang eine deutsche Erkundungsabteilung in etwa 350 Meter Breite und 300 Meter Tiefe in die französische Stellung ein und kehrte mit Gefangenen und Beute zurück.
Ein englischer Doppeldecker wurde westlich von Cambrai im Luftkampf abgeschossen. Die Insassen (Offiziere) sind verwundet gefangengenommen.
Im französischen Tagesbericht vom 29. Mai 3 Uhr nachmittags wird behauptet, am 28. Mai seien fünf deutsche Flugzeuge durch die Tätigkeit der französischen Flieger und Abwehrgeschütze vernichtet worden. Wir beschäftigen uns seit langem nicht mehr mit der Richtigstellung feindlicher Berichte, möchten in diesem Falle aber, wo es sich um die Leistungsfähigkeit der jungen Fliegerwaffe handelt, doch bemerken, daß weder an dem genannten Tage, noch in der vorhergehenden Woche überhaupt irgendein deutsches Flugzeug durch feindliche Einwirkung verlorengegangen ist.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.
Balkankriegsschauplatz: 
Ein schwacher feindlicher Angriff an der Südspitze des Dojransees wurde abgewiesen. Bei Brest (nordöstlich des Sees) wurden Serben in englischer Uniform gefangengenommen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Weitere Fortschritte der österreichisch-ungarischen Offensive gegen Italien

Wien, 1. Juni. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Unsere Stellungen in Wolhynien standen gestern wieder mehrere Stunden unter dem Feuer der feindlichen Artillerie. Nachtsüber mehrfach heftiges Vorfeldgeplänkel.
Auch an der beßarabischen Front hält die Tätigkeit des Gegners an.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Unsere im Raume nördlich von Asiago gegen Osten vorrückenden Kräfte haben die Gehöfte Mandrielle erreicht und die Straße östlich von Monte Fiara und Monte Baldo überschritten.
Östlich von Arsiero wurde der Monte Cengo sowie die Höhen südlich von Cava und Tresche erobert, 900 Italiener, darunter 15 Offiziere, gefangengenommen und
3 Maschinengewehre erbeutet. Bei Arsiero selbst faßten unsere Truppen auf dem südlichen Posina-Ufer Fuß und wiesen einen starken Gegenangriff der Italiener ab.
Ebenso scheiterten feindliche Angriffe auf die Stellungen unserer Landesschützen bei Chiese (im Brandtal) und östlich des Passo Buole.
Die Nachlese im Angriffsraum ergab eine Vermehrung der gestern gemeldeten Beute auf 313 Geschütze. Unsere sonstige Gesamtbeute ist noch nicht völlig zu übersehen. Bisher wurden 148 Maschinengewehre, 22 Minenwerfer, 6 Kraftwagen, 600 Fahrräder und sehr große Munitionsmengen, darunter 2250 schwerste Bomben, eingebracht.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Keine besonderen Ereignisse. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der Kaiser bei Hindenburg - Der Dank des Kaisers

Berlin, 1. Juni. 
Der Kaiser hat dieser Tage im Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost geweilt. Bei dem Begrüßungsmahle ergriff Generalfeldmarschall v. Hindenburg das Wort zu folgender Ansprache:
Euerer Kaiserlichen und Königlichen Majestät lege ich, zugleich im Namen
der mir anvertrauten Truppen, ehrerbietigsten Dank dafür alleruntertänigst zu Füßen, daß Allerhöchstdieselbe uns die Ehre und Freude bereitet, einige Tage in unserer Mitte im Osten zu weilen.
Euere Majestät! Wir sind schlichte Soldaten, denen es nicht gegeben ist, ihre Gefühle in viele und beredte Worte zu kleiden. Aber das kann ich Euerer Majestät versichern, daß der alte Wahlspruch unserer Väter: "Vorwärts mit Gott für König und Vaterland, für Kaiser und Reich" fest in unsere Soldatenherzen eingeprägt ist. Er war bisher die Richtschnur für unser ganzes Denken und Handeln und soll es bleiben bis zu unserem letzten Atemzuge. Das geloben wir in dieser Stunde und bitten zugleich, alle unsere unbegrenzte Liebe, Treue, Dankbarkeit und Ehrfurcht, die wir für unseren Allergnädigsten Kriegsherrn empfinden, kurz in dem Rufe zusammenfassen zu dürfen: "Unser Preußenkönig, des Deutschen Reiches Kaiserliche Majestät Hurra !". 
Der Kaiser erwiderte:
"Mein lieber Feldmarschall! Ich danke Ihnen für die soldatischen Worte, mit denen Sie mich begrüßt haben. Ich bin hierher nach der Ostfront gekommen, um Ihnen und den Armeen des Ostens meinen Dank für die großen Taten des vorigen Jahres, für das stille und brave Ausharren im letzten Winter und während der heißen Kämpfe der diesjährigen Märzoffensive des Gegners auszusprechen.
Wir kämpfen gegen eine Übermacht. Das ist uns nichts Neues. Schon der große König ist uns hierin mit glänzendem Beispiel vorangegangen. Die Vorsehung hat es jetzt wieder so gewollt, und das war gut. Denn dadurch wurden wir gezwungen, uns zu ganz besonderen Taten und Leistungen aufzuraffen. Meine Armeen werden auch jetzt siegreich durchhalten und uns mit Gottes Hilfe einen ehrenvollen Frieden erzwingen, so wie wir ihn wünschen.
Ihnen aber, mein lieber Feldmarschall, hat die Vorsehung in diesen Kämpfen das Große beschieden, die Provinz Ostpreußen vom Feinde zu befreien und unsere Waffen weit in Feindesland hineinzutragen. Das ist Ihr Verdienst, und dessen wird sich das deutsche Vaterland stets bewußt sein. Ich aber, als Ihr Kriegsherr und Ihr König, danke Ihnen von Herzen für diese Taten, die Ihnen für immer unvergessen bleiben sollen. Überall in deutschen Landen, in Ost und West, in Nord und Süd, sieht man die Verehrung für Sie. Sie sind zu einem Nationalheros des deutschen Volkes geworden. Der Name Hindenburg hat schon heute einen sagenhaften Klang. Wo er genannt wird, da blitzen die Augen, und da leuchten die Gesichter von jung und alt.
Und darum fordere ich alle Anwesenden auf, sich mit mir in einem dreifachen Hurra auf den Generalfeldmarschall zu vereinigen."
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Besuch des Kaisers in Mitau

Berlin, 1. Juni. 
Der Kaiser hat sich nach dem Besuch im Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost nach Mitau begeben, unterwegs ließ der Kaiser sich in Gegenwart des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg und seines Stabschefs Vortrag über die Verwaltung der besetzten Gebiete halten. In Mitau wurde Seine Majestät von den Truppen und der herbeigeströmten Bevölkerung begeistert begrüßt. Im Gelände jenseits der Aa besichtigte der Kaiser Abordnungen der an der Dünafront stehenden Truppen, begrüßte sie mit einer kurzen Ansprache und verlieh Eiserne Kreuze. Später besuchte der Kaiser auch das alte herzogliche Schloß, das Ritterschaftshaus und die Trinitatiskirche, wo er sich den Präsidenten des kurländischen Konsistoriums, Generalsuperintendanten Bernewitz, und Herren des Landes vorstellen ließ. 
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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1) TEXTQUELLEN:
Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

 

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