Der Weltkrieg am 11. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Vorstoß in die russische Stellung bei Krewo

Großes Hauptquartier, 11. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz: 

Beiderseits der Maas heftige Artilleriekämpfe. Die gestern gemeldete Beute aus den Angriffen östlich des Flusses hat sich noch um drei Geschütze und sieben Maschinengewehre erhöht. 
Westlich von Markirch machte eine deutsche Patrouille, die in die französischen Gräben eindrang, einen Offizier und sieben Mann zu Gefangenen.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Südlich von Krewo stießen deutsche Erkundungsabteilungen in die russische Stellung vor. Sie zerstörten die feindlichen Anlagen und brachten über hundert Russen als Gefangene sowie ein Maschinengewehr zurück.
Balkankriegsschauplatz: 
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erbitterte Kämpfe in der Bukowina

Wien, 11. Juni.
Amtlich wird verlautbart: 
Russischer Kriegsschauplatz: 

Östlich von Kolki hat der Feind vorgestern abend mit drei Regimentern das linke Styr-Ufer gewonnen. Er wurde gestern durch den umfassenden Gegenangriff österreichisch-ungarischer Truppen wieder über den Fluß geworfen, wobei acht russische Offiziere, 1500 Mann und 13 Maschinengewehre in unsere Hand fielen. 
Nordwestlich von Tarnopol eroberten wir durch Gegenstoß eine vom Feinde unter großen Verlusten erkämpfte Höhe zurück. 
Im Nordostteile der Bukowina wurde wieder überaus erbittert gekämpft.
Der Druck überlegener gegnerischer Kräfte, die mit einem auch bei diesem Feinde einzig dastehenden rücksichtslosen Verbrauch des Menschenmaterials angesetzt wurden, machte es notwendig, unsere Truppen dort vom Gegner loszulösen und zurückzunehmen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Italiener erneuerten ihre Vorstöße gegen einzelne Frontstellen und wurden wieder überall rasch und blutig abgewiesen. Auf dem Monte Lemerle griffen unsere Truppen die feindlichen Abteilungen, die sich nahe dem Gipfel noch gehalten hatten, überraschend an, setzten sich in den vollen Besitz des Berges und machten über 500 Gefangene. Unsere Flieger bedachten den Bahnhof von Cividale mit Bomben.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Nichts von Belang.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See: 
Eines unserer Unterseeboote hat am 8. laufenden Monats abends den von mehreren italienischen Zerstörern begleiteten großen italienischen Hilfskreuzer "Principe Umberto" mit Truppen an Bord torpediert. Das Schiff sank binnen wenigen Minuten.

Flottenkommando. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 11. Juni. (W. B.)
Amtlicher Bericht vom 29. Mai türkischer Zeitrechnung: 

An der Irak-Front im Abschnitt von Felahie bombardierte unsere Artillerie gestern verschiedene Punkte der feindlichen Stellung. Zwei feindliche Kanonenboote, die nicht entfliehen konnten, wurden durch die Explosion von Artilleriemunition, die sie an Bord hatten, in die Luft gesprengt. Drei große, von diesen Kanonenbooten gezogene Schlepper, die ebenfalls mit Artilleriemunition beladen waren, wurden versenkt. Außerdem wurde durch unsere Artillerie an Bord von vier mit Explosivstoffen beladenen Schleppkähnen ein Brand hervorgerufen. Die Kähne konnten sich nur dank der Strömung retten. Vier große Munitionsdepots, die sich am Ufer des Flusses befanden, wurden vollständig in die Luft gesprengt. Durch die Explosion der Geschosse, die sich dort befanden, entstand ein Brand in dem Lager eines feindlichen Bataillons, das vollkommen zerstört wurde. Bei einem Zusammentreffen mit dem Feinde in der Gegend von Schendinan wurde die feindliche Kavallerie in der Stärke von mehr als tausend Mann vollständig vernichtet. Nur einer ganz geringen Anzahl von Feinden gelang es sich zu retten. Viel Vieh, Telephonapparate und Ponton-Material, sowie eine Menge von Gewehren und Munition wurde von uns erbeutet. An der Kaukasusfront keine Veränderung. Ein feindlicher Flieger, der Fotscha im Abschnitt von Smyrna überflog, wurde durch unser Artilleriefeuer in die Flucht gejagt. Ein feindlicher Monitor schleuderte auf der Höhe von Fotscha gegen die Gewässer der Bai von Hadjiloe 20 Geschosse, ohne eine Wirkung zu erzielen.
Andere feindliche Kriegsfahrzeuge eröffneten ein wirkungsloses Feuer gegen die Höhen östlich der Insel Keusten. Am Nachmittag des 29. Mai (türkische Zeitrechnung) bombardierte ein feindliches Kriegsschiff den Hafen Kalamaki in dem Distrikt Kasch. Eine Christin wurde getötet, sonst aber kein Schaden angerichtet.

Konstantinopel 11. Juni. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt mit: 

Nach einem Kampf, der mit der Niederlage und dem Rückzuge der Russen vor Chanikin endete, nahmen unsere Abteilungen die Verfolgung auf, schlugen starke feindliche Kosakenabteilungen zurück und drangen in der Nacht zum 9. Juni in Kasri Schirin ein.
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Kriegsrat in London

Paris, 11. Juni. (Priv. Tel.) 
Havas meldet aus London: 

Der Ministerpräsident Briand und General Joffre trafen mit dem General Roques, dem Handelsminister Clementel und dem Blockademinister Denys Cochin in London ein. Sie wurden im Buckinghampalast vom König und der Königin empfangen. Briand, General Roques und General Joffre wohnten einem Kriegsrat bei, der von Asquith geleitet wurde und dem ferner Balfour, Mac Kenna, Bonar Law, Lloyd George, Lord Crewe, General Robertson und Sir Douglas Haigh beiwohnten. Die beiden Regierungen stellten ihre völlige Einigkeit in den verschiedenen besprochenen Fragen fest. Die französischen Minister kehrten am Samstag nachts 11 Uhr nach Paris zurück.
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Sturz des Kabinetts Salandra


Salandra

Mailand, 11. Juni. (Priv.-Tel.)
Die Opposition, die gestern den Sturz des Kabinetts herbeiführte, besteht aus der gesamten Linken, umfassend die kriegsgegnerischen Sozialisten, die Radikalen und Reformisten, die Demokraten, ferner dreißig Giolittianern, einigen Nationalisten, vereinzelten Abgeordneten der Rechten und den Katholiken. Auch Luzzatti mit seinen nächsten Freunden stimmte gegen Salandra. Dagegen erhielt Salandra das Votum vereinzelter Giolittianer. Der tiefere Grund, der Salandra stürzte, nachdem er monatelang aller Opposition standgehalten hatte, war der Erfolg der österreichischen Offensive und seine unbefriedigenden Erklärungen vor der Kammer. Nachdem Salandra beklagt hatte, daß alarmierende Nachrichten und Urteile auch von Leuten verbreitet würden, die sich dank ihrer politischen und sozialen Stellung den gesetzlichen Strafbestimmungen entziehen könnten, gestand er unumwunden ein, die österreichischen Erfolge wären verhindert worden, wenn die Verteidigung Südtirols besser angelegt gewesen wäre. Das rief um so mehr einen peinlichen Eindruck hervor, als die Kammer darin einen Versuch erblickt, das Oberkommando zu diskreditieren, so daß Salandra nochmals sprechen und feststellen mußte, er habe nicht das Oberkommando tadeln, sondern nur die Ansicht des Oberkommandos wiedergeben wollen. - Der Fall des Ministeriums in dieser kritischen Stunde ruft fast Bestürzung hervor. "Corriere della Serra" fühlt einen ähnlichen Schmerz wie im Mai 1915, als Giolittis Neutralität zu siegen schien. Er beklagt, daß das Parlament gerade jetzt die Regierung stürzt, und befürchtet den schlechten Eindruck im Auslande und beim Heere. Während sich alle anderen Parlamente in der Gefahr enger an die Regierungen anschlossen, entläßt das italienische das Kabinett unter dem Drucke der feindlichen Waffen, und während der Feind auf italienischem Boden steht. "Secolo", der die Opposition führte, schiebt die Schuld an der Krise dem Ministerium selbst zu, dessen diplomatische, politische und militärische Geschäftsführung unglücklich gewesen sei, so daß es die eigene Schuld an dem österreichischen Erfolge habe eingestehen müssen. Die nationalistischen Blätter rufen nach einem breiten "nationalen" Ministerium, das den Krieg energischer weiterführe als Salandra. Besonders heftig ist "Popolo d´ Italia", das Bissolati vorschlägt und wiederum mit Revolution droht, wenn eine gemäßigtere Richtung, beispielsweise Giolitti, auftauchen sollte.

Bern, 11. Juni. (W. B.)
"Messaggero" berichtet:

Unmittelbar nach der gestrigen Kammersitzung berief Salandra die Minister zusammen. Nach kurzem Meinungsaustausch wurde man sich über die Demission des Kabinetts schlüssig. Salandra wird die Demission am Montag der Kammer und am Dienstag dem Senat bekanntgeben. Nach dem Ministerrat verfaßte Salandra eine lange Depesche an den König, der heute abend oder morgen früh in Rom eintreffen wird, um die üblichen Besprechungen zu beginnen.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung"

 

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