Die
Schlacht an der Somme
Großes
Hauptquartier, 5. Juli.
Die Engländer haben am dritten und vierten Kampftage auf der
Angriffsfront nördlich des Ancre-Baches keinen Sturm mehr versucht,
sondern nur ihre Geschütze und Minen
arbeiten lassen, dies allerdings ausgiebig. Südlich des Flußtales
haben sie an beiden Tagen zwischen Thiepval, La Boisselle und dem
Gehölz von Mametz mit großer Ausdauer und sehr starken Kräften
gestürmt, ohne gegen das Sperrfeuer unserer Artillerie und die
Wachsamkeit und die Tapferkeit unserer Grabenbesatzung etwas
ausrichten zu können. Ihre Verluste müssen außerordentlich hoch
sein, wenn man die Ziffer der 2500 Toten, die vor einem unserer
Divisionsabschnitte liegen, entsprechend vervielfältigt.
Die Franzosen sind nördlich der Somme bis gegen Hardécourt
vorgestoßen und haben südlich des Flusses die beiden kleinen Gehölze
von Mereaucourt und Chapitre sowie die Dörfer Flaucourt und
Assevillers besetzt. Das letztere wollen sie "glänzend gestürmt"
haben. In Flaucourt war die Räumung längst ausgeführt, als die
ersten französischen Patrouillen im Dunkel der Nacht zum Dienstag
ins Dorf schlichen. Der Gegner hat gestern den vorgetriebenen
Angriffskeil auf Biaches-Peronne zu erweitern gesucht durch
teilweise sehr wuchtige Angriffe auf Barleux und Belloy. Er ist hier
bei unserer zweiten Verteidigungslinie auf festen Widerstand gestoßen.
Einzelheiten über diese Kämpfe, die Tag und Nacht andauern, sind
nicht zu erlangen, deshalb empfiehlt es sich, die Zahl der
gefangenen Deutschen, von denen gestern 8000 und heute 300 gemeldet
wurden, mit dem größten Mißtrauen aufzunehmen. Dasselbe gilt für
die angegebene Kriegsbeute. Es ist nach den bisherigen Erfahrungen
nicht ganz ausgeschlossen, daß die Franzosen in ihrem ersten
Siegesrausch nicht nur ein paar zerschossene Batterien doppelt
gesehen, sondern auch einige ehrwürdige Minenhunde für moderne
21er Mörser gehalten haben.
Vier Tage lang haben Engländer und Franzosen nun Schulter an
Schulter die große Durchbruchsschlacht eingeleitet, aber über die
Einleitung sind sie bisher nicht hinausgekommen.
Die Taktik der Angriffe war diesmal, das ergibt sich aus den wenigen
bekannt gewordenen Einzelheiten, leidlich klar, eine weit
vorsichtigere als die in den großen Herbstschlachten bei Loos und
in der Champagne. Man hatte den Sturmtruppen nicht mehr
vorzuspiegeln gesucht, sie könnten nach dem vorausgegangenen
Trommelfeuer glatt über deutsche Leichen hinweg nach St. Quentin
laufen. Die Franzosen schickten nach alter Gewohnheit ihre Schwarzen
vor, aber im ganzen machten sie die bescheidenen Gewinne, die ihnen
vergönnt waren, mit Vorsicht und Rücksicht auf die durchaus möglichen
und auch tatsächlich geschehenen Rückschläge durch den
ungebrochenen deutschen Gegner. Die Engländer wurden dadurch genötigt,
manchen eroberten Graben aufzugeben. Die Franzosen beeilten sich,
jeden Geländegewinn durch schnelles Eingraben zu sichern. Alles in
allem scheint mir die deutsche Angriffstaktik vor Verdun auf die
Operation der Verbündeten erheblich abgefärbt zu haben. Jedoch
wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe. Die Bestätigung
dieser alten Weisheit ist eigentlich in diesen ersten Kampftagen
schon zur Hälfte erbracht. 2)
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