Der Weltkrieg am 22. Dezember 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Weitere Fortschritte der Dobrudscha-Armee

Großes Hauptquartier, 22. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nahe der Küste, im Somme-Gebiet und auf dem Ostufer der Maas war die Artillerietätigkeit in den Nachmittagsstunden gesteigert.
An der Yser wurde ein belgischer Posten aufgehoben.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Längs der Düna und am Stochod hielt das russische Artilleriefeuer längere Zeit an. Der Vorstoß von zwei feindlichen Kompagnien südöstlich von Riga wurde abgewiesen.
Nordwestlich von Zalocze drangen deutsche Stoßtrupps in die beiden vorderen Stellungen der Russen und in das Dorf Zwyzyn ein und kehrten nach Sprengung von 4 Minenwerfern mit 34 Gefangenen und 2 Maschinengewehren zurück.
Heeresfront des Generaloberst Erzherzog Joseph:
Ein Nachtangriff des Gegners am Osülemer (nördlich des Trotusul-Tales) scheiterte.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
In der Großen Walachei hat sich die Lage nicht geändert.
Die Dobrudscha-Armee machte Fortschritte und nahm den Russen 900 Gefangene ab.
Mazedonische Front:
An der Struma Patrouillengeplänkel.

Der Erste Generalquartiermeister.
   Ludendorff.
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An keiner Front besondere Ereignisse

Berlin, 22. Dezember, abends. (Amtlich.)
Von keiner Front sind bisher besondere Ereignisse gemeldet.
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Ein Verhandlungsvorschlag Wilsons an die Kriegführenden


US-Präsident Woodrow Wilson

Berlin, 22. Dezember.
Die hiesige Vertretung der "Associated Preß" hat über London und den Haag folgende Meldung ihrer Zentrale aus New York erhalten:
Präsident Wilson hat allen kriegführenden Mächten gekabelt, er halte es für gerechtfertigt, die unmittelbare Zweckmäßigkeit einer Vergleichung der Ansichten über die Bedingungen anzuregen, die den endgültigen Friedensabmachungen vorangehen müsse, wobei die Neutralen ebenso wie die Kriegführenden vollen und verantwortlichen Anteil zu nehmen bereit seien. Der Frieden möge näher sein, als man glaube. Die Bedingungen, auf denen die Kriegführenden notwendigerweise bestehen zu müssen glaubten, seien nicht so unvereinbar, wie befürchtet werde. Ein Austausch der Ansichten würde zum mindesten den Weg für eine Konferenz freimachen und die Hoffnung auf dauernde Einigung der Nationen in die nächste Zukunft rücken. Der Präsident schlage keinen Frieden vor, er biete nicht einmal seine Vermittlung an, sondern schlage lediglich vor, daß sondiert werde, damit Neutrale und Kriegführende erführen, wie bald der Friede zu erwarten sei. Er hoffe, daß die Antwort neues Licht in die Weltangelegenheiten bringen werde.
Der Wortlaut der Note erschien Donnerstag in den amerikanischen Blättern.
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Der Wortlaut der Note Wilsons

Berlin, 22. Dezember.
Der amerikanische Geschäftsträger I. C. Grew hat gestern abend dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts im Auftrage des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Note überreicht, in der es unter anderem heißt:
Der Präsident regt an, daß baldigst Gelegenheit genommen werde, von allen jetzt kriegführenden Staaten ihre Ansichten über die Bedingungen zu erfahren, unter denen der Krieg zum Abschluß gebracht werden könnte, und über die Vorkehrungen, die gegen die Wiederholung des Krieges oder die Entfachung irgendeines ähnlichen Konflikts in der Zukunft zufriedenstellende Bürgschaft leisten könnten, so daß sich die Möglichkeit biete, sie offen zu vergleichen.
Der Präsident nimmt sich die Freiheit, darauf hinzuweisen, daß die Ziele, die die Staatsmänner beider kriegführenden Parteien in diesem Kriege im Auge haben, dem Wesen nach die gleichen sind. Beide Parteien wünschen für die Zukunft die Rechte und Freiheiten schwacher Völker und kleiner Staaten ebenso gegen Unterdrückung oder Verneinung gesichert zu sehen, wie die Rechte und Freiheiten der großen und mächtigen Staaten, die jetzt Krieg führen. Jeder wünscht sich neben allen anderen Nationen und Völkern in Zukunft gesichert zu sehen gegen die Wiederholung eines Krieges wie des gegenwärtigen sowie gegen Angriffe und eigennützige Störungen jeder Art. Jeder ist bereit, die Bildung einer Liga von Nationen in Erwägung zu ziehen, die den Frieden und die Gerechtigkeit in der ganzen Welt gewährleistet. Ehe jedoch dieser letzte Schritt gegen werden kann, hält jede Partei es für notwendig, zunächst die mit dem gegenwärtigen Krieg verknüpften Fragen unter Bedingungen zu lösen, die die Unabhängigkeit, die territoriale Integrität sowie die politische und wirtschaftliche Freiheit der an dem Kriege beteiligten Nationen sicherlich gewährleisten.
Die Vereinigten Staaten müssen es sich versagen, die Bedingungen vorzuschlagen, auf Grund deren der Krieg beendigt werden soll. Aber der Präsident sieht es als sein Recht und als seine Pflicht an, das Interesse der Vereinigten Staaten an der Beendigung des Krieges darzutun, damit es nicht einst zu spät ist, die großen Ziele, die sich nach Beendigung des Krieges auftun, zu erreichen. Bisher haben die verantwortlichen Wortführer auf beiden Seiten noch kein einziges Mal die genauen Ziele angegeben, die, wenn sie erreicht würden, sie und ihre Völker so zufriedenstellen würden, daß der Krieg nun auch wirklich zu Ende gefochten wäre.
Vielleicht ist der Friede näher, als wir glauben. Vielleicht sind die Bedingungen, auf denen die beiden kriegführenden Parteien es für nötig halten, zu bestehen, nicht so unvereinbar, als manche fürchten. Der Präsident schlägt keinen Frieden vor; er bietet nicht einmal seine Vermittlung an. Er regt nur an, daß man sondiere, damit die Neutralen und kriegführenden Staaten erfahren, wie nahe wohl das Ziel des Friedens sein mag, wonach die ganze Menschheit mit heißem und wachsendem Begehren sich sehnt.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erfolglose russische Unternehmungen am Trotus-Tal

Wien, 22. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Keine Ereignisse von Belang.
Heeresfront des Generaloberst Erzherzog Joseph:
Beiderseits des Trotus-Tales erfolglose feindliche Unternehmungen.
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Deutsche Truppen stießen durch zwei feindliche Stellungen bis Zwyzyn vor und kehrten mit Beute und Gefangenen zurück.
Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Graf Czernin k. u. k. Minister des Äußern


Graf Czernin 

Wien, 22. Dezember.
Die "Wiener Zeitung" veröffentlicht Allerhöchste Handschreiben, durch welche der gemeinsame Minister des Äußern, Baron Burian, an Stelle des scheidenden Prinzen Hohenlohe zum gemeinsamen Finanzminister und Graf Czernin zum Minister des Äußern und Vorsitzenden im gemeinsamen Ministerrat ernannt wird.
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Der bulgarische Heeresbericht:

Der siegreiche Kampf in der Norddobrudscha

Sofia, 22. Dezember. (Bericht des Generalstabes.)
Rumänische Front:
In der Dobrudscha wurde der Feind nach erbittertem Kampf auf der Linie Babadag-See - Baschkö - Kamöara - Tuerkoatza auf der ganzen Front zurückgeworfen. Die bulgarischen, deutschen und türkischen Truppen machten weitere 985 Russen zu Gefangenen und erbeuteten 3 Maschinengewehre.
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Der 1. Weltkrieg im Dezember 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1917)

 

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