Der
Dank des Kaisers an die Garde
(Eine Ansprache an der Westfront)
Berlin,
10. Juni.
Bei seinem letzten Besuch an der Westfront sah der Kaiser die
unter dem Befehl des Prinzen Eitel Friedrich von Preußen stehende
1. Gardedivision und gleichzeitig die unter dem Befehl des Generals
v. Scheuch stehende 33. Infanteriedivision, die beide gleich
hervorragenden Anteil an den schweren Kämpfen an der Aisne hatten.
Der Kaiser richtete an die Truppen nachstehende Ansprache:
"Des Feindes Absicht war, in diesem Frühjahr nach langer
Vorbereitung unter Aufwand und Einsatz aller denkbaren modernen
technischen Hilfsmittel des Krieges sowie großer überlegener
Menschenmassen die deutsche Mauer zu durchbrechen und die
Entscheidung herbeizuführen. Seine Hoffnungen sind geschwunden und
gescheitert an der Tapferkeit und eisernen Kraft der ihm
entgegenstehenden deutschen Mauer, gebaut aus Bausteinen aller
deutschen Stämme: ein Baustein, der mir nahe am Herzen liegt. Mein
Gardekorps hat auch in diesen Kämpfen sich mit Ruhm bedeckt und
meinen Erwartungen entsprochen. Das Korps hat auf beiden
Kriegsschauplätzen im Osten und Westen stets da gestanden, wo es am
heißesten zuging. Es kann mit Stolz die Orte nennen, wo es dem
Feinde standgehalten und ihm unheilbare Wunden geschlagen hat. Daher
bin ich herbeigeeilt, um diesem Korps meine volle Anerkennung und
meinen kaiserlichen Dank auszusprechen und gleichzeitig damit den
Dank des gesamten Vaterlandes. Was das deutsche Volk und Heer in
diesem Frühjahr vollbracht haben, konnte nur mit Hilfe des Herrn
der Heerscharen vollbracht werden. Ihr wißt, daß hinter euch das
ganze Volk sich voll bewußt ist der Wichtigkeit des Augenblicks.
Der Feind sucht die Entscheidung: ihr habt seine Hoffnungen zunichte
gemacht. Es ist fast ein Jahr her, daß ich bei Coulamcourt zum
letzten Male meine Garde gesehen habe. Ich bin freudig bewegt, euch
hier nach heißen Kampftagen in ungebrochener Kraft und voller
Frische wiederzusehen. Ganz besonderen Gruß entbiete ich den
Bataillonen meiner alten Brigade. Es ist kaum eine Woche her, daß
sich der Jahrestag des Exerzierens der Kaiserbrigaden gejährt hat.
Ich danke der Brigade für die Gesinnung, die sie im Gedenken an
diesen Tag mir in ihrem Telegramm entgegengebracht hat.
Viele Jahre lang haben wir auf den Übungsplätzen Kreuzberg und
Döberitz gearbeitet, um uns kriegsmäßig auszubilden. Wir waren im
Frieden bestrebt, auch auf die Kampfesauffassung und Taktik des
Feindes einzugehen. Der Brigade ist es vergönnt gewesen, ihre
Ausbildung in schweren, siegreichen Kämpfen auszunutzen und Neues
zuzulernen. Nun ist es gelungen, die Früchte der langen Arbeit zu
ernten. Wir können alle mit gutem Gewissen sagen, wir haben das
möglichste getan, um uns kriegsmäßig auszubilden. Die Arbeit ist
nicht umsonst gewesen.
Auch die hier versammelten Truppen der tapferen 33.
Infanteriedivision haben in den vergangenen schweren Tagen zu meiner
vollen Zufriedenheit gefochten. Ich spreche ihnen meine vollste und
wärmste Anerkennung aus.
Ich hoffe, so wie der Herr der Heerscharen stets mit uns gewesen
ist, er auch ferner uns beistehen wird bis zum Ende. Wir wollen
unerschüttert festhalten an dem einen Gedanke von dem wir alle
durchdrungen sind: den Kriegswillen des Gegners zu brechen!
Wo ihr auch eingesetzt werdet, werdet ihr nicht nachlassen, sondern
euch weiter so schlagen, so wie bei Ypern, bei Tarnow-Gorlice und
Kranostlaw, an der Somme und Aisne und in der Champagne.
Das walte Gott!" 1) |