Der Weltkrieg am 16. Januar 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue vergebliche Vorstöße der Italiener

Großes Hauptquartier, 16. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Deutscher Kronprinz:
Bei und südlich von Lens war die Artillerietätigkeit gesteigert. In einzelnen Abschnitten Erkundungsgefechte. Südöstlich von Ornes wurden Gefangene gemacht.
Heeresgruppe Herzog Albrecht:
Nach mehrstündiger Feuerwirkung stießen französische Abteilungen nördlich von Badonviller vor und drangen vorübergehend in unsere vorderen Gräben ein.
Eigene Aufklarungstruppen brachten in den oberen Vogesen Gefangene ein.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.
Mazedonische Front:
Im Cerna-Bogen erhöhte Gefechtstätigkeit.
Italienische Front:
Zwischen Brenta und Piave vielfach lebhafter Feuerkampf, mit besonderer Heftigkeit im Gebiet des Monte Asolone. Die Italiener haben ihre erfolglosen Angriffe nur südlich vom Monte Fontana Secca wiederholt; sie wurden abgewiesen.
In den Piave-Abschnitten nördlich von Montello verstärkte sich das englische Artilleriefeuer.

Der Erste Generalquartiermeister
   Ludendorff.
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Erneute italienische Angriffe am Monte Pertica gescheitert

Berlin, 16. Januar, abends. (Amtlich.)
Am Westhange des Monte Pertica scheiterten gestern nachmittag mehrfache Angriffe der Italiener.
Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues.
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Vorstoß deutscher Seestreitkräfte gegen die englische Küste

Berlin, 16. Januar. (Amtlich.)
Am 14. zum 15. Januar unternahmen leichte deutsche Streitkräfte einen Streifzug durch die südliche Nordsee. Sie trafen weder feindliche Kriegsschiffe noch Handelsschiffe an, trotzdem sie nördlich der Themse-Mündung bis dicht unter die englische Küste vorstießen. Dort nahmen sie wichtige Hafenanlagen auf nächste Entfernungen bei guter Beobachtung mit über 300 Schuß unter wirksames Artilleriefeuer.

  Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Die Räumungsfrage bei den Verhandlungen in Brest-Litowsk

Brest-Litowsk, 16. Januar.
Am 15. d. M. haben zwei weitere Sitzungen der deutsch - österreichisch - ungarisch - russischen Kommissionen zur Regelung der territorialen und politischen Fragen stattgefunden.
Bei der Erörterung des vom Staatssekretär v. Kühlmann gemachten Vorschlages, für die Vornahme der entscheidenden Abstimmungen in den besetzten Gebieten den Zeitraum zwischen dem Abschluß des Friedens mit Rußland und spätestens einem Jahr nach dem allgemeinen Friedensabschluß anzusetzen, schnitt Herr Trotzki sofort die Räumungsfrage an. Er führte aus, daß die Frage der Regelung der Geschicke der jetzt besetzten Gebiete im Zusammenhang gebracht werden müsse mit dem Friedensschluß an der Ostfront.
Staatssekretär v. Kühlmann wies demgegenüber zunächst darauf hin, es liege schon ein großes Entgegenkommen darin, daß die Verbündeten sich bereit erklärt hätten, die unter dem Artikel 1 der deutsch-österreichisch-ungarischen Formulierung fallenden Gebiete bereits nach Abschluß der russischen Demobilisierung ohne Rücksicht auf den Fortgang des Weltkrieges zu räumen.
Ein weiteres Entgegenkommen seitens der Verbündeten in diesem letzteren Punkte halte er nicht für ausgeschlossen, falls man in den anderen Punkten zu einer Übereinstimmung gelange. Doch müsse er es als ausgeschlossen bezeichnen, für die Räumung der in Artikel 2 des deutsch-österreichisch-ungarischen Entwurfs angeführten Gebiete einen Zeitpunkt ins Auge zu fassen, der nicht mit Abschluß des allgemeinen Friedens rechne. Es sei untunlich, die militärischen Sicherungen vorzeitig zu schwächen.
Die Nachmittagssitzung wurde um 5 Uhr durch den Staatssekretär v. Kühlmann eröffnet.
Er sagte unter anderem: Die verbündeten Delegationen sind von der vollkommen aufrichtigen Absicht geleitet, für die Abstimmung bzw. Wahl das höchstmögliche Maß von absoluter politischer Freiheit herzustellen, welches mit den Umständen verträglich ist. Dies ist, wie sich aus der Natur der Sache ergibt, zum großen Teil mit eine militärische Frage.
Eine gewisse Zahl bewaffneter und disziplinierter Streitkräfte ist zur Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung notwendig. Ein Teil jetzt militärisch organisierter Kräfte ist notwendig, um den ökonomischen Betrieb des Landes in Gang zu halten. Es wird von unserer Seite in bindender Form die Zusage gegeben werden, daß diese organisierten Kräfte in dem Gebiet, um das es sich handelt, in keiner Weise sich politisch betätigen und keinen politischen Druck ausüben dürfen.
Der Vorsitzende der russischen Delegation wandte sich zunächst wieder der Frage der Räumung der besetzten Gebiete zu. Er müsse sich erst über die Räumungsfrage völlige Klarheit verschaffen, die er bis jetzt noch nicht habe.
Staatssekretär v. Kühlmann entgegnete, er könne keine Gewähr dafür übernehmen, daß innerhalb des Zeitraumes, der für die Abstimmung praktisch in Frage komme, militärische Erwägungen eine vollkommene Räumung des Gebietes möglich erscheinen lassen würden. Das Minimalprogramm der Verbündeten sei in sorgfältigster Berücksichtigung der militärischen Notwendigkeiten aufgestellt, und zu einer Einhaltung bezw. Diskussion im einzelnen seien die Verbündeten bereit.
Nach weiteren Bemerkungen von beiden Seiten wurde die Debatte geschlossen.
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Erfolgreicher Fortgang der Verhandlungen mit den Ukrainern

Brest-Litowsk, 16. Januar.
Infolge Unwohlsein des Ministers des Äußern Grafen Czernin fand eine für heute nachmittag angesetzte vertrauliche Besprechung mit den ukrainischen Delegierten in der Privatwohnung des Ministers statt. Die 1½ Stunden lange Unterredung, an welcher auch die deutsche Delegation teilnahm, führte zur Herstellung des prinzipiellen Einvernehmens über die das künftige politische Verhältnis zwischen den Mittelmächten und der Ukraine betreffenden Fragen. Hierdurch dürfte ein entschiedener Schritt nach vorwärts getan sein. Für morgen ist eine Fortsetzung dieser Besprechungen anberaumt. Es sollen dann auch wirtschaftliche Fragen erörtert werden. Nach dem binnen kurzem zu erwartenden Abschluß des vertraulichen, vorbereitenden Gedankenaustausches wird in die Detailberatungen eingetreten werden.
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Der 1. Weltkrieg im Januar 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 7
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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