Aus
dem Großen Hauptquartier wird der "Frankfurter Zeitung“ geschrieben:
Die
Franzosen hatten gleich zu Beginn des Krieges große Anstrengungen
gemacht, sich in den Besitz von Elsaß-Lothringen zu setzen. Dem
Anfang August von Belfort aus unternommenen Einfalle ins Oberelsaß
wurde durch die Schlacht von Mülhausen ein jähes Ende bereitet,
und die Offensive gegen Lothringen brach nach dem glänzenden Siege
des bayerischen Kronprinzen in sich zusammen. Seitdem haben die Franzosen
es nicht mehr gewagt, in Lothringen einzufallen. Dagegen gingen sie im
Oberelsaß erneut vor, als die hier eingesetzten deutschen Treppen
eine anderweitige Verwendung fanden. Zum zweiten Male betraten die Franzosen
vorübergehend Mülhausen und drangen nordwärts bis Ensisheim
vor. Die Freude währte aber nicht lange. Durch eine erneute deutsche
Offensive wurde der Gegner vertrieben, der heute nur das Weiler- und Münstertal
in den Vogesen und den Belfort unmittelbar gegenüberliegenden Grenzstrich
im Besitz hat, während in den Nordvogesen die deutschen Truppen bis
in die Höhe von Senones, also tief in französisches Gebiet vorgedrungen
sind.
Ende Dezember begannen die Franzosen zum dritten Male mit einer Offensive
in Richtung Mülhausen. Die Stadt sollte nach Gefangenenaussagen spätestens
Ende Januar endgültig in französischer Hand sein.
Wie aus den Tagesberichten der Obersten Heeresleitung bekannt ist, wurde
zwischen dem 27. Dezember und 8. Januar um den Besitz der Höhe 425
westlich von Sennheim Tag für Tag erbittert gekämpft. Die Franzosen
kamen jedoch über diese Höhe nicht hinaus. Dagegen gelang es
den deutschen Truppen, Gelände zu gewinnen.
Bis Ende Dezember hatten sich auf dem in 956 Meter Höhe, fast 700
Meter über dem Rheintale gelegenen dicht bewaldeten Hartmannsweilerkopfe,
einem beliebten, geologisch und botanisch interessanten Ausflugspunkte,
nur deutsche und französische Wachen befunden, die einander beobachtend
gegenüberlagen. Die Deutschen hielten den östlichen, die Franzosen
den westlichen Teil des Kopfes besetzt. Inzwischen hatten die Franzosen
eine Reihe von Alpenjäger-Bataillonen in die Südvogesen entsandt
und auf den Hartmannsweilerkopf eine ganze Alpenjäger-Kompanie vorgeschoben,
die sich dort eine festungsartige Stellung schuf, die ellipsenförmig
den höchsten Punkt umschloß. Die Höhe des Molkenrains
(1125 Meter), zu der man vom Hartmannsweilerkopf über die Jägertanne
(Sattelpunkt) gelangt, wurde ebenso wie der Welchen französischerseits
stark besetzt.
Die ersten deutschen Vorstöße gegen die Ringburg auf dem Hartmannsweilerkopf
scheiterten an der Stärke jener Stellung. Auch mußte die dem
Flachland entstammende Angriffstruppe erst die Schliche des im Gebirge
erfahrenen Gegners kennen und bekämpfen lernen, der mit schwarzen
Ziegenfellen behangen oder mit Tannenreisig bedeckt die Gipfel der schneebedeckten
Tannen bestieg und von dort aus, in Körben sitzend aus seinen Verstecken
auf unsere Soldaten herabschoß. Bald hatten diese die Ringfestung
von außen völlig umschlossen; auch war die Jägertanne
besetzt worden, um die vom Molkenrain her erwarteten französischen
Entsatzversuche abweisen zu können. Solche erfolgten auch mit mindestens
einem Alpenjäger-Bataillon, wurden aber von unseren sich energisch
zur Wehr setzenden schwachen Treppen abgewiesen. Zu gleicher Zeit aus
dem Ringwalle unternommene Ausfälle der Bergbesatzung scheiterten.
Inzwischen hatte man die weiter nötigen Angriffsmittel bereitgestellt,
so daß am 19. Januar der Sturm unternommen werden konnte. Die ersten
wohlgezielten Schüsse trafen den Offiziersunterstand in der Ringfeste.
Zwei Offiziere wurden getötet und einer verwundet. Der letzte Offizier
streckte auf dieses Ereignis hin, die Aussichtslosigkeit weiteren Widerstanden
einsehend, mit dem Rest der Besatzung die Waffen. Ein Offizier und 150
Alpenjäger wurden zu Gefangenen gemacht. Zwei Tage später wurde
auch der Hirzstein genommen und dort noch 2 Offiziere und 40 Mann gefangengenommen.
An den Hirzstein waren unsere Treppen, ohne einen Schuß zu tun herangekommen.
Selbst die gefangenen Offiziere sagten aus, daß die deutschen Vorbereitungen
zur Wegnahme der Höhenstellungen vortrefflich gewesen seien.
Unsere Truppen waren während dieser Kämpfe im Gebirge den allergrößten
Strapazen und Entbehrungen ausgesetzt. Auf hoher Bergeshöhe kämpfend,
wo tiefer Schnee lag, die Tannen hoch zum Himmel ragen und wo dichtes
Unterholz den Ausblick auf wenige Meter beschränkt, Tage lang ohne
warme Nahrung und ohne schützendes Obdach, hatte die Truppe Außerordentliches
zu leisten. Erst nachdem der Feind vertrieben war, konnte man sich einigermaßen
häuslich einrichten, Wege und Hütten bauen und warmes Essen
zubereiten. Jetzt finden wir auch Kavallerie hoch oben in den Bergen,
aber nicht etwa zu Pferde, sondern angetan mit Rucksack, Bergrock und
Eissporen. Stunden, ja halbe Tage lang gehen die Kavalleristen die längsten
und gefahrvollsten Patrouillen und bringen oft die besten Meldungen.
Nachdem der französische Versuch, über Sennheim auf Mülhausen
durchzustoßen, an dem Widerstande der Deutschen gescheitert war,
unternahm der Feind am 27. Januar einen Durchbruchsversuch an anderer
Stelle. Er hatte sich also Kaisers Geburtstag für seine Angriffe
ausgewählt. Ein hoher Stab war gerade in der Kirche, wo der Festgottesdienst
abgehalten wurde, als um 11 Uhr vormittags von dem Nachbarverbande die
Meldung einlief, daß ein feindlicher Angriff in Richtung Ammerzweiler
erfolgt sei, und um artilleristische Unterstützung gebeten wurde.
(Der bei diesen Kämpfen in Betracht kommende Kampfraum liegt im Süden
von Bernweiler teils nördlich, teils südlich [Hirzbacher Wald]
von Altkirch und findet sich nicht auf unserer Skizze. D. Red.) Kaum war
diese zugesagt, so wurde auch innerhalb des eigenen Abschnittes des betr.
Truppenverbandes ein französischer Infanterieangriff gegen einen
vorgeschobenen Posten am Rhein-Rhone-Kanal gemeldet. Die in schwierigem,
weil sehr unübersichtlichem Gelände stehende deutsche Feldwache
wurde von einer weit überlegenen feindlichen Truppenmacht überrannt.
Gleichzeitig erfolgte ein dritter französischer Angriff in Richtung
auf Aspach. Dieser Angriff sowie jener auf Ammerzweiler wurden bis auf
Sturmentfernung durchgeführt, brachen dann aber unter schweren Verlusten
für den Feind zusammen. Dagegen begann der bis an den Kanal vorgedrungene
Feind sich dort einzurichten, indem er die deutsche Feldwachtstellung
umbaute, mitgebrachte Pfähle einschlug, Drahtrollen entfaltete, auch
Maschinengewehre auf Bäumen sogleich in Stellung brachte.
Der deutsche Führer hatte mittlerweile den Gegenangriff befohlen,
zu dem, weil die Reserven weiter abstanden, Teile der zunächst zur
Hand befindlichen Abschnittsreserven eingesetzt wurden. Eine Landwehr-
und eine Landsturm-Kompanie waren es, die sich um 4 Uhr nachmittags dem
Feinde entgegenwarfen, um ihm die verloren gegangene Stellung zu entreißen
Um 7 Uhr abends war die Stellung wiederum in deutscher Hand. Die Sieger,
Landwehr und Landsturm, konnten mit berechtigtem Stolze auf die erbeuteten
Trophäen - mehrere Maschinengewehre - sowie auf die gemachten Gefangenen
sehen.
Um 4 Uhr nachmittags war ein neuerlicher französischer Angriff auf
die deutschen Stellungen im Hirzbacher Walde erfolgt und abgeschlagen
worden.
Es war schon Nacht, als der Feind um 9 Uhr 30 Minuten abends endlich einen
letzten Versuch machte, um im Hirzbacher Walde die Linie der Deutschen
zu durchbrechen und die Kanalstellung wieder zu erobern. Alle diese Angriffe
wurden abgewiesen. Am nächsten Tage fand man eine große Anzahl
toter Franzosen vor den deutschen Stellungen. Im Gegensatz zu den bei
Tage unternommenen Angriffen waren die Nachtangriffe der Franzosen sehr
matt geführt. Die deutschen Soldaten hörten im Hirzbacher Walde,
wie die französischen Offiziere große Mühe hatten, ihre
Leute überhaupt vorwärts zu bringen. |