Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 18. und 20. März sowie 2. April 1918 I. Am
Sonnabend, den 23. Februar 1918, lagen unsere für die Unternehmungen
auf Aland und in Finnland bestimmten Streitkräfte klar zum Auslaufen
in einem Badeort der Ostsee. Auf den Linienschiffen waren Teile der Armee,
norddeutsche Jäger, eingeschifft, die während der am nächsten
Tage angetretenen Reise infolge des schlechten Wetters Gelegenheit hatten,
sich an die Seefahrt zu gewöhnen. In einem Hafen der östlichen
Ostsee eingetroffen, wurden dann die letzten Vorbereitungen für das
geplante Unternehmen vervollständigt und am Nachmittag des 28. Februar
bei herrlichstem Sonnenschein die Fahrt nordwärts angetreten. Voran
fuhren die Minensucher, dann eine Gruppe von Sperrbrechern und am Schluß
folgten die Linienschiffe mit den Hilfsschiffen. Mit einer der geringen
Geschwindigkeit der kleineren Schiffe angepaßten mäßigen
Durchschnittsfahrt ging es über die ruhige Ostsee zwischen Öland
und Gotland hindurch. Am 1. März fuhr der Verband in die Enge zwischen
den großen Minenfeldern ein. Mittags wurden mitgenommene Wasserflugzeuge
ausgesetzt. Bald stiegen die großen Motorvögel himmelan und
setzten sich aufklärend weit voraus. Nachmittags wurde auf der Höhe
von Grönsskär das erste Eis angetroffen, das eine immer größere
Dichte annahm, so daß die Schiffe gegen Abend zu Anker gebracht
werden mußten. Der nächste Morgen sah bei Hellwerden die deutschen
Schiffe wieder in Fahrt. Mit vieler Mühe konnte in dem festen Packeis
die Marschformation hergestellt werden. Bald aber hatte das Eis eine derartige
Dicke erreicht, daß die Eisbrecher und Minensucher nicht mehr vorwärts
kamen. Wohl oder übel mußten sich die Linienschiffe an die
Spitze setzen. Ihr gepanzerter Bug konnte, getrieben von 28000 PS, anfänglich
mühelos die Eisfelder durchbrechen. Bald aber stellten sich auch
ihrem Vordringen größere Schwierigkeiten entgegen. Die gewaltigen
Panzerriesen erzitterten in allen Fugen, das Steuern wurde gegen die kompakten
Eismassen immer schwieriger. Selbst in der aufgebrochenen Rinne konnten
die kleineren Fahrzeuge nur mit größter Mühe folgen. Soweit
das Auge reichte, war die Oberfläche der See mit einem ungeheuren
Eisfeld bedeckt. Nur im Osten lugte vereinzelt freies Fahrwasser aus der
Eiswüste hervor. Dort aber lagen große Minenfelder, die ein
Heranfahren ausschlossen. Die zunehmende Stärke des Eises zwang jetzt
zu neuem Aufenthalt. Er wurde benutzt, um das Herankommen der zweiten
Staffel des Verbandes, in dem sich Kohlendampfer, Truppentransporter,
Proviantdampfer usw. befanden, abzuwarten. Die drahtlose Verständigung
ermöglichte das Zusammentreffen. Nun wurden die kleineren Schiffe
entlassen und die Fahrt durch das Eis fortgesetzt. Am Sonntag, den 3.
März, stand der Verband nördlich Gotska Sandö (70 Meilen
von Stockholm). |
II. Von
dem Wunsche beseelt, über die bevorstehenden Unternehmungen auf den
Inseln ein Einvernehmen mit dem schwedischen Geschwaderchef zu erzielen,
hatte der erste Admiralstabsoffizier am 5. März 1918 im Auftrage
des deutschen Admirals auf dem Flaggschiff "Sverige" die Ankunft
unseres Geschwaders sowie die Absicht mitgeteilt, daß, um das gute
Wetter auszunutzen, am nächsten Tage sofort mit dem Ausladen des
Materials, des Proviants und sonstigen Nachschubs begonnen werden sollte.
Vor dem Ausschiffen der Truppen sollte eine für den nächsten
Tag vorgesehene Besprechung der beiderseitigen Stäbe die Richtlinien
für ein vertrauensvolles Handinhandarbeiten festsetzen. Die Verhandlungen
stießen indessen anfänglich auf Schwierigkeiten, da die Instruktionen
der Befehlshaber sich nur schwer miteinander in Einklang bringen ließen.
Doch gelang es bald, ein Einverständnis zu erzielen und die Verhandlungen
am Abend zu einem beide Teile befriedigenden Abschlusse zu bringen. |
III. Während
die deutschen Jäger und Radfahrer über die zahllosen Inseln
ausschwärmten, um die Vorbereitungen für die beabsichtigte Übersetzung
nach Finnland zu treffen, machte der älteste Seebefehlshaber vor
Aland, Konteradmiral Meurer, mit den Offizieren seines Stabes eine Erkundungsfahrt
durch das Inselland. Abwechselnd ging es mit Kraftwagen oder Schlitten,
zumeist aber mit letzteren, durch sanfte Täler und über die
mit einem dichten Eispanzer bedeckten Fjorde. Unter dem Einfluß
des Jahreszeitenwechsels beginnen die Wegeverhältnisse ungünstiger
zu werden. Die wärmende Kraft der Märzsonne bringt von Tag zu
Tag den Schnee auf dem Lande und das Eis auf den Meeresarmen immer mehr
zum Schmelzen. Trotzdem aber bleibt der Schlitten das bevorzugteste Beförderungsmittel,
wenn er auch manchmal über Steine gezogen werden muß. Die Oberfläche
der Eisdecke beginnt ihre starre Härte zu verlieren und beginnt langsam
zu schmelzen. Die Schlittenfahrten auf den verschiedensten vereisten Fjorden
waren häufig ungünstig durch Nebel beeinflußt, der die
Orientierung erheblich erschwerte. |
Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier 1914-1918
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