Bericht
aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 16. April 1918
I.
Abermals
in diesem Kriege bewegte sich in der Ostsee eine "Mahalla zur See"
gen Norden. Kleiner als seiner Zeit gegen Oesel, als es gegen das noch
mit uns kriegführende Rußland ging, indes unter nicht weniger
schwierigen Umständen.
Zwar war Friede mit Rußland geschlossen, aber die brüdermordende
Rote Garde in Finnland hatte noch eine Reihe von Kriegsschiffen und U-Booten
zur Hand und war im Besitz der starken Befestigungen von Hangö und
Helsingfors. Dazu kam aber vor allem der Umstand, daß sich die deutsche
Unternehmung dieses Mal in das mit Minen durch und durch verseuchte Gebiet
des Finnischen Meerbusens zu begeben hatte und diese Gewässer zudem
noch stark vereist waren.
Der Tätigkeit der Minensuchfahrzeuge ist eine Grenze gesetzt, sobald
die verhältnismäßig kleinen und schwachen Fahrzeuge das
Eis nicht mehr zu forcieren vermögen oder sobald - und dies wird
im allgemeinen noch früher eintreten - das Suchgerät infolge
des Widerstandes des Eises ausschlippt. - Die Einleitung der Unternehmung
war nicht vom Wetter begünstigt; stürmisches Wetter, Nebel und
Eis ließen die braven, arbeitsfrohen und todesmutigen Minensucher
auf ihrem langen Weg nur langsam vorwärts kommen. Aber sie schafften
es trotz aller und immer neuen Schwierigkeiten auch dieses Mal, und der
Ruf und der Ruhm der deutschen Minensucher ist abermals gestiegen.
So konnte der Führer der Unternehmung, Konteradmiral Meurer, mit
seinen Streitkräften und der unter Befehl des Kapitän z. S.
Irmer stehenden Transportflotte am 2. Ostertage die Fahrt nordwärts
zur Unterstützung der sich nach Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung
und den Segnungen des Friedens sehnenden Finnen antreten. Vorher hatten
die auf großen Schiffen des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-
Südamerika-Linie eingeschifften Feldgrauen gelernt, was sie beim
Ausbruch von Feuer, bei Kollisionen und vor allem, was sie beim Auftreffen
ihres Schiffes auf eine Mine zu tun haben würden.
Das inzwischen eingetretene herrliche ruhige Wetter machte die Seefahrt
zu einem erholenden Genuß, dessen Reize erhöht wurden, als
mit dem Erreichen der Breiten der Baltischen Inseln sich erst Eisschollen
und später kleinere Eisfelder zeigten. Nur die Einsamkeit der See
fiel auf, denn trotz zweitägiger Fahrt war weit und breit nicht eine
Rauchfahne, ein Schiff oder auch nur ein Fischer zu sehen.
Sehr schwierig für die seemännische Oberleitung wie für
die Führer der großen Transportschiffe war die letzte Nacht
vor dem Ziel. Es galt ausgedehnte Minenfelder zu passieren und immer wieder
waren die Minensucher seit dem Eintritt in den Finnischen Meerbusen beim
Schaffen einer sicheren Fahrstraße auf Minen gestoßen. Zu
dieser Minengefahr kamen mit der nächtlichen Annäherung an Hangö
sehr erhebliche navigatorische Schwierigkeiten, welche durch das Nichtbrennen
der Feuer an der finnischen Küste noch erhöht wurden.
Mit Klarschiff zum Gefecht fuhren im Morgengrauen des 3. April unter dem
Vorantritt von Minensuchern die der Transportflotte vorausmarschierenden
Linienschiffe an die Insel Russarö heran. Diese beherrschte den Eingang
zum Hafen von Hangö und war als stark befestigt bekannt. Gleichzeitig
waren von Flugzeugmutterschiffen Seeflieger zu Wasser gelassen, die aufstiegen
und die Insel sowie den Hafen und die Stadt Hangö erneut erkundeten.
Trotzdem von der Besatzung Widerstand erwartet wurde, mußte schon
im Hinblick auf den mit Rußland abgeschlossenen Frieden zunächst
eine freiwillige Übergabe der Befestigungen versucht werden. Der
Dampfer "Vorwärts" brachte den Parlamentär mit einigen
50 Mann nach Russarö und bald zeigten aufsteigende weiße einzelne
Sterne an, daß sich der auf der Insel noch befindliche Rest der
Besatzung widerstandslos in die Besetzung der Insel durch unsere Blaujacken
fügte. Die deutsche Kriegsflagge stieg am Leuchtturm und der Signalstation
der Insel hoch und der Weitermarsch auf die Reede von Hangö konnte
angetreten werden.
Da zwischen Russarö und der Stadt ein dichtes Treibeisfeld lag, wurden
Sperrbrecher vorausgeschickt, um die Hafengewässer vor Einlaufen
der Transportfahrzeuge auf Minenfreiheit zu untersuchen. Die geschickt
geführten großen Dampfer fuhren, das Eis zerbrechend, hin und
her, und bald war es möglich, den ersten Stoßtrupp auf Torpedobooten
und starken Schleppern nach Land zu schicken. Diesen voraus fuhr der große
und starke finnische Eisbrecher "Sampo", der, am Heck die rote
finnische Fahne mit dem goldenen Löwen, schon bei den Alandsinseln
außerordentlich wertvolle Dienste geleistet hatte.
Die Rote Garde hatte, wie später durch Befragen des Leuchtturmwärters
von Russarö festgestellt wurde, in der Nacht vom 2. und 3. April
um 2 Uhr morgens den ersten Verdacht über die tatsächliche Annäherung
einer deutschen Expedition geschöpft. Man hatte von Hangö aus
verdächtige Fahrzeuge nach See zu erkennen geglaubt und Russarö
telephonisch um nähere Feststellung ersucht. Als dann beim Hellwerden
das anmarschierende Geschwader von Hangö aus entdeckt wurde, entschloß
man sich zur eiligen Flucht. Getreu ihrem merkwürdigen und fürchterlichen
Prinzip, alles zu zerstören, wurde im Hafen vernichtet, was sich
in der Eile noch vernichten ließ. In 5 gewaltigen Explosionen wurden
1 Vorratsdampfer und 4 im Hafen liegende russische U-Boote von der Roten
Garde zerstört, die daraus in dem bereitgestellten Eisenbahnzug die
Stadt Hangö in der Richtung auf Helsingfors verließ. Die gewaltige
schwarze Rauchwolke des brennenden Vorratsdampfers war das Zeichen, unter
dem dann die großen Transportdampfer, vom Flagschiff des Admirals
Meurer geführt, ihre Ankerplätze vor Hangö aufsuchten,
um mit der Landung des Gros unserer überall Ordnung schaffenden Feldgrauen
zu beginnen. |