Der Weltkrieg am 2. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Ein Erfolg der Württemberger im Argonnenwald

Großes Hauptquartier, 2. Dezember, vormittags.
Im Westen wurden kleinere Vorstöße des Feindes abgewiesen. Im Argonnenwald wurde vom Württembergischen Infanterieregiment Nr. 120, dem Regiment Seiner Majestät des Kaisers, ein starker Stützpunkt genommen. Dabei wurden 2 Offiziere und annähernd 300 Mann zu Gefangenen gemacht.
Aus Ostpreußen nichts Neues.
In Nordpolen nehmen die Kämpfe ihren normalen Fortgang.
In Südpolen wurden feindliche Angriffe zurückgeschlagen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

80000 Russen in Polen gefangen

Großes Hauptquartier, 2. Dezember, vormittags.
Die in der ausländischen Presse verbreitete Nachricht, daß in der von uns gemeldeten Zahl von 40000 russischen Gefangenen die bei Kutno gemachten 23000 mitenthalten seien, ist unrichtig. Die Ostarmee hat in den Kämpfen bei Wloclawek, Kutno, Lodz und Lowicz vom 11. November bis 1. Dezember über 80000 unverwundete Russen gefangengenommen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Belgrad gefallen


General d. Inf. Ritter v. Frank

Wien, 2. Dezember.
Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet.
Da der Feind im Rückzuge ist, fanden gestern keine größeren Kämpfe statt. Die vorgetriebenen Nachrichtenabteilungen stießen auf feindliche Nachhuten und machten mehrere hundert Gefangene.
Seine Majestät erhielt vom Kommandanten der fünften Armee nachstehende Huldigungsdepesche:
Hochbeglückt bitte ich Euer k. u. k. apostolischen Majestät am Tage der Vollendung des 66. Jahres Eurer Majestät glorreichen Regierung die ehrfurchtvollsten Glückwünsche der fünften Armee sowie die alleruntertänigste Meldung zu Füßen legen zu dürfen, daß die Stadt Belgrad heute von Truppen der fünften Armee in Besitz genommen wurde.

Frank, General der Infanterie.

Günstiger Stand der Kämpfe in Polen

Wien, 2. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Die Ruhe in unserer Front in Westgalizien und Russisch-Polen hielt im allgemeinen auch gestern an. In der vergangenen Nacht wurde ein russischer Angriff nordwestlich Wolbrom abgewiesen.
Die Kämpfe im Raume westlich Noworadomsk und bei Lodz sind in günstiger Entwicklung begriffen.
Vor Przemysl blieben die Russen unter dem Eindruck des letzten Ausfalles passiv. Mehrere feindliche Flieger warfen erfolglos Bomben ab.
Die Operationen in den Karpathen sind noch zu keinem Abschluß gekommen.
Die Nachricht von dem Einrücken unserer Truppen in Belgrad löste auf dem nördlichen Kriegsschauplatze unaussprechlichen Jubel aus.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

 Der türkische Heeresbericht:

Der türkische Vormarsch im Kaukasus

Konstantinopel, 2. Dezember.
Bericht des türkischen Hauptquartiers:
Unsere Truppen, die in der Zone des Tschorok vorrückten, haben einen neuen Erfolg davongetragen und heute die Stadt Ardanutsch, 20 Kilometer östlich des Tschorokflusses, besetzt.
1)

 

Die zweite Kriegstagung des Reichstages am 2. Dezember 1914
Die zweite Kriegstagung des Reichstages am 2. Dezember 1914

Die zweite Kriegstagung des Reichstages

Ein Dank des Kaisers

Zu Beginn der Sitzung teilte der Präsident Dr. Kämpf mit, daß er aus Anlaß des Falles von Tsingtau an den Kaiser ein Telegramm gerichtet habe, in dem er die Gefühle des Reichstags aus diesem Anlaß ausdrückte, und daß er darauf vom Kaiser folgendes Telegramm erhalten habe:

"Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gefühle des Schmerzes und des Vertrauens auf die Zukunft, von welchem der Reichstag und alle deutschen Herzen angesichts des Falles von Tsingtau erfüllt sind. Die heldenmütige Verteidigung der in langjähriger Arbeit geschaffenen Musterstätte deutscher Kultur bildet ein neues Ruhmesblatt für den Geist der Treue bis zum Tode, den das deutsche Volk mit seinem Heere und seiner Flotte in dem gegenwärtigen Verteidigungskampf gegen eine Welt von Haß, Neid und Begehrlichkeit schon so mannigfach, will Gott nicht vergeblich, betätigt hat.

Wilhelm I. R."

Die Rede des Reichskanzlers

Meine Herren, Seine Majestät der Kaiser, der draußen bei der Armee ist, hat mich beauftragt, der deutschen Volksvertretung, mit der er sich in Sturm und Gefahr und der gemeinsamen Sorge für das Wohl des Vaterlandes bis zum Tode eins weiß, seine besten Wünsche und seine herzlichsten Grüße zu überbringen (lebhafter Beifall) und zugleich in seinem Namen von dieser Stelle aus der ganzen Nation Dank zu sagen für die beispiellose Aufopferung und Hingabe, für die gewaltige Arbeit, die draußen und daheim von allen Schichten des Volkes ohne Unterschied geleistet worden ist und weiter geleistet wird. (Erneuter lebhafter Beifall.)
Auch unsere Gedanken gelten zuerst dem Kaiser, der Armee, der Marine, unseren Soldaten, die draußen auf dem Felde und auf hoher See für die Ehre und die Größe des Reiches kämpfen. (Bravo !) Voller Stolz und mit felsenfestem Vertrauen blicken wir auf sie (stürmischer Beifall), blicken wir zugleich auf unsere österreichisch-ungarischen Waffenbrüder, die treu mit uns vereint in glänzend bewährter Tapferkeit den großen Kampf kämpfen... 

Den gesamten Text der Rede

Die Erklärung der Sozialdemokraten


Hugo Haase

Abg. Haase:
Im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers über Belgien, will ich namens meiner Fraktion feststellen, daß die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen nach unserer Überzeugung nicht ausreichen, um von unserem Standpunkt vom 4. August abzugehen. Die sozialdemokratische Fraktion steht auch heute noch auf dem Standpunkt ihrer Erklärung vom 4. August über den Krieg, dessen tiefere Ursachen ökonomische Gegensätze bilden. Noch sind die Grenzen unseres Landes von feindlichen Truppen bedroht; daher muß das deutsche Volk auch heute noch seine ganze Kraft für den Schutz des Landes einsetzen. Die Sozial-Demokratie billigt deshalb die geforderten neuen Kredite. In dankbarer Erinnerung gedenken wir aller derer, die Leben und Gesundheit für das Wohl des Vaterlandes hingegeben haben. Wie am 4. August stehen wir auch heute noch in Übereinstimmung mit der Internationale auf dem Standpunkt, daß ein jedes Volk ein unvergängliches Recht auf Integrität und Unabhängigkeit hat. Diese bei fremden Nationen antasten, hieße den Keim zu neuen Kriegen legen.
Wir bleiben deshalb bei dem, was wir am 4. August gesagt haben. Wir fordern, daß dem Kriege, sobald das Ziel erreicht und der Gegner zum Frieden geneigt ist, ein Ende gemacht wird durch einen Frieden, der geeignet ist, zur Freundschaft mit den anderen Völkern zu führen. Wir verlangen, daß für alle Angehörigen und Hinterbliebenen der Kriegsteilnehmer in ausreichendster Weise gesorgt wird und daß den Arbeitslosen und den wirtschaftlich in Bedrängnis Geratenen Arbeitsgelegenheit und Hilfe zuteil wird. Ferner muß dafür Sorge getroffen werden, daß das Volk hinreichend mit Nahrung und Gebrauchsgegenständen versorgt wird. Die Anregungen der Gewerkschaften über soziale Maßnahmen sind ja bei der Reichsregierung zum Teil auf guten Boden gefallen, aber es muß noch mehr geschehen. Wir bedauern bei dem einmütigen Zusammengehen aller Volksgenossen die Beschränkung der verfassungsmäßigen Rechte. Ganz besonders die Beschränkung der Pressefreiheit ist durch nichts gerechtfertigt. (Sehr richtig, bei den Sozialdemokraten.)
Sie ist geeignet, Zweifel in die Reife und Entschlossenheit des deutschen Volkes zu setzen. Die Zensur führt zu Mißgriffen und wirtschaftlichen Schädigungen. Wir fordern schleunigste Abhilfe im Interesse der geschlossenen Verteidigung, des Ansehens und der Wohlfahrt des deutschen Vaterlandes! (Beifall.)

 

Die Erklärung der übrigen Parteien


Dr. Peter Spahn

Abg. Spahn (Zentrum):
Namens sämtlicher übrigen Parteien des Hohen Hauses (lebhafter Beifall) habe ich folgende Erklärung abzugeben: Auch wir haben zahlreiche Wünsche der Gesetzgebung zu unterbreiten. Wir sind fest entschlossen, die soziale Fürsorge für alle Kriegsteilnehmer und für die durch den Krieg Geschädigten sorgsam auszubauen. (Beifall.) Dankbar gedenken wir auch derer, die durch den Feind schwere Wunden erlitten haben (Beifall). Aber heute kommt es nicht darauf an; heute gilt es der Rücksicht auf das Wohl des deutschen Vaterlandes alles andere hintanzustellen. (Beifall.) In dem uns freventlich aufgedrungenen Kriege wollen wir durchhalten, bis ein Sieg errungen ist, der den ungeheuren Opfern entspricht (lebhafter Beifall) und der uns dauernden Schutz für alle Zeiten gewährleistet! Zu unseren braven Soldaten in Heer und Flotte, die Schulter an Schulter mit den verbündeten Truppen kämpfen, haben wir dankerfülltes Vertrauen, daß der Kampf bis zu diesem Ziele geführt wird. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

 

Eisenbahnbrücke über den Wardar gesprengt

Salonik, 2. Dezember. (W. B.)
Die Eisenbahnbrücke über den Wardar zwischen Strumitza und Demirkapu ist von Banden gesprengt worden. Der Mittelpfeiler wurde zu zwei Drittel, der nördliche vollständig zerstört. Drei Brückenfelder sind eingestürzt. Der Verkehr zwischen Üsküb und Salonik ist eingestellt. Die Wiederherstellung der Brücke wird längere Zeit beanspruchen. Bei der Zerstörung soll ein blutiger Kampf zwischen den Banden und serbischem Militär stattgefunden haben. Eisenbahnwagen mit Verwundeten passierten Salonik auf dem Wege nach Monastir.

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

© 2005 stahlgewitter.com