Der 1. Weltkrieg am 7. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Franzosen bei Sennheim zurückgeworfen

Großes Hauptquartier, 7. Januar, vormittags. 
Engländer und Franzosen setzten die Zerstörung der belgischen und französischen Ortschaften hinter unserer Front durch Beschießung fort. Nördlich Arras finden zurzeit noch erbitterte Kämpfe um den Besitz der von uns gestern erstürmten Schützengräben statt. Im Westteil des Argonnenwaldes drangen unsere Truppen weiter vor. Der am 5. Januar im Ostteil des Argonnenwaldes (Bois-Courte- Chaussee) erfolgte Angriff gelangte bis in unsere Gräben, der Gegner wurde aber auf der ganzen Linie unter schwersten Verlusten wieder aus unserer Stellung geworfen. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering.
Westlich Sennheim versuchten die Franzosen gestern abend, sich wieder in den Besitz der Höhe 425 zu setzen; ihre Angriffe brachen in unserem Feuer zusammen. Die Höhe blieb in unserer Hand. 
Östlicher Kriegsschauplatz:
Im Osten keine Veränderung. Die Fortführung der Operationen litt unter der denkbar ungünstigsten Witterung. Trotzdem schritten unsere Angriffe langsam vorwärts.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

 Der 70. Geburtstag von König Ludwig III. von Bayern

König Ludwig III.

München, 7. Januar. (Priv.-Tel.) 
Der König hat an seinem Geburtstag eine größere Anzahl von Verurteilten begnadigt. Die Begnadigten sind überwiegend Angehörige von Kriegsteilnehmern.
Kronprinz Rupprecht von Bayern hat im Namen der bayerischen Armee folgendes Schreiben an den König gerichtet:

"Durchlauchtigster, großmächtigster König, gnädigster und geliebtester Herr Vater! Fern von der Heimat feiern heute die bayerischen Truppen im Feld das Geburtsfest ihres obersten Kriegsherrn - in Treue fest - von dem unerschütterlichen Willen beseelt, den Sieg an ihre Fahnen zu fesseln. Möge Gott der Allmächtige Siege uns verleihen und einen rühmlichen Frieden zum Wohle Bayerns und des gesamten deutschen Vaterlandes. Möge er die ersprießliche und unermüdliche Regierungstätig Ew. Majestät segnen und möge es Ew. Majestät vergönnt sein, Allerhöchst Ihr Geburtsfest noch recht oft in gleicher Frische und Rüstigkeit zu feiern, umjubelt von einem dankbaren und anhängigen Volke. Indem ich Ew. Majestät die ehrfurchtsvollen Glückwünsche Allerhöchst deren tapferen Truppen übermittle und an diese Glückwünsche meine eigenen aus tiefster Seele kommenden füge, verharre ich in Ehrfurcht und Ergebenheit. 
Eurer königlichen Majestät untertänigster, treugehorsamster Sohn
Rupprecht, Kronprinz von Bayern."

Das Antwortschreiben des Königs hat folgenden Wortlaut:

"Durchlauchtigster Fürst, lieber Sohn. Mit ganz besonderer Freude haben mich die Glück- und Segenswünsche erfüllt, die Eure Königliche Hoheit mir im Namen der vor dem Feinde stehenden bayerischen Truppen zu meinem 70. Geburtstage dargebracht haben. Herzlichen, innigen Dank sage ich hierfür Eurer Königlichen Hoheit und allen meinen lieben Bayern. Herzlichen Dank aber auch für den Heldenmut und die opferfreudige Hingabe, mit der meine Landeskinder in dem gewaltigsten Kampfe, den Deutschland je zu bestehen hatte, alle ihre Kraft erfolgreich einsetzen zum Schutz und zur Ehre des Vaterlandes. Ihr unerschütterlicher, fester Wille wird sie zum Siege führen, der einen ehrenvollen Frieden sichert. In dieser Zuversicht vertraue ich auf Gott, daß er auch fernerhin mit Bayerns Söhnen sein werde. Indem ich Eure Königliche Hoheit bitte, meinen Dank den tapferen Truppen zu übermitteln, verbleibe ich in väterlichem Wohlwollen Eurer Königlichen Hoheit getreuer Vater."

 

Eine falsche Behauptung General Joffres

Berlin, 7. Januar.
"W. T. B." meldet amtlich:
Aus einem bei einem französischen Gefangenen gefundenen Brief und unverdächtigen Aussagen gefangener Offiziere geht hervor, daß General Joffre dienstlich bekanntgegeben haben soll, er habe Beweise, daß die Deutschen alle Gefangenen erschießen lassen. Diese Bekanntmachung läßt darauf schließen, mit welchen Mitteln die Franzosen ihre Kämpfer zusammenhalten müssen. General Joffre wird nach Bekanntgabe unserer Gefangenenzahlen nun wohl ein anderes Mittel zu ersinnen haben.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Kämpfe in der Bukowina

Wien, 7. Januar, nachmittags.
Amtlich wird verlautbart:
An der ungarisch-galizischen Front herrscht Ruhe, in den höher gelegenen Gebieten ist leichter Frost und Schneefall eingetreten.
Am Dunajec und in Russisch-Polen stellenweise Geschützkampf. Die im Karpathenvorlande der südlichen Bukowina vorgeschobenen Sicherungstruppen wurden vor überlegenen feindlichen Kräften näher an die Hauptpässe zurückgenommen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

 Kitchener über die militärische Lage


Lord Kitchener

London, 7. Januar. (Priv.-Tel.) 
Lord Kitchener entwarf in der ersten Sitzung der neuen Session des Oberhauses folgendes Bild von der militärischen Lage:
In Mesopotamien seien die indischen Truppen von Bassorah nach Norden vorgerückt und hätten die Türken bei Kuma am Tigris geschlagen. Der angekündigte türkische Vormarsch auf Ägypten sei nicht eingetreten; nur kleine feindliche Gruppen seien östlich des Kanals von Fliegern gesichtet worden. Die Deutschen hätten starke Truppenverbände vom westlichen Kriegsschauplatz nach Osten gesandt, aber sie seien im Westen doch noch stark genug, um mit ihrer wirksamen, wenn auch verminderten Artillerie ihre festen Stellungen zu halten und das Vorrücken der Verbündeten zu hindern. In England gehe die Anwerbung befriedigend weiter. Auf die jüngste, auch von Bonar Law und einem Führer der Arbeiterpartei unterzeichnete Aufforderung hätten sich 218000 Mann gemeldet. Weder an Offizieren noch an Kriegsmaterial sei ein Mangel zu befürchten. Seit Kriegsausbruch seien 29000 Offiziere neu ernannt worden. Die Offizierskadres seien wieder vollzählig und es sei auch eine Reserve an Instrukteuren vorhanden. Alle Schwierigkeiten der Ausrüstung seien überwunden.

 

Deutsche Flieger über Dünkirchen

London, 7. Januar.
Die "Times" melden:
Deutsche Flieger erschienen heute wiederholt über Dünkirchen. Die Flieger kamen fünfmal in Sicht, aber flogen nicht jedesmal über der Stadt. Eine Granate einer in Firminy aufgestellten Kanone explodierte in fünfzig Fuß Abstand von einem deutschen Flugzeuge und störte dessen Gleichgewicht, so daß der Pilot sich durch schnelles Herabgehen in Sicherheit bringen mußte. Zweimal stiegen Flieger der Verbündeten auf, erst ein Franzose, dann der englische Kapitän Sampson, und vertrieben die deutschen Flieger.

 

 Endgültiges Absinthverbot in Frankreich

Paris, 7. Januar. (Priv.-Tel.) 
In dem unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik abgehaltenen Ministerrat wurde ein Dekret vollzogen, wodurch endgültig der Vertrieb von Absinth oder ähnlichen Getränken in Frankreich verboten wird. In Zukunft sollen nur Weinliköre in den Handel gelangen, die weniger als 23 Grad Alkohol aufweisen.

 

 Aus Albanien

Rom, 7. Januar. (W. B.) 
Die "Agenzia Stefani" meldet aus Durazzo vom 6. Januar: 
Ein kleiner von den Höhen von Rasbul ausgegangener Angriff, der von Essad Pascha geleitet wurde, war von Erfolg gekrönt. Zwei Häuser gingen in Flammen auf. Der Kampf endete um 10 Uhr 30 Min. Um Nachmittag traf der griechische geschützte Kreuzer "Helli" hier ein.

Rom, 7. Januar. (Priv.-Tel.) 
Das Erscheinen des griechischen Kreuzers "Helli" vor Durazzo verursacht in den politischen Kreisen Italiens Unbehagen. Da die griechische Kolonie von Durazzo nur einige wenige Personen zählt, schließt man, daß Griechenland sich als albanische Interessenmacht bemerkbar machen wolle, was Italien nicht dulden könne, da Griechenland nicht auf der Londoner Konferenz vertreten gewesen sei und seine Interessen durch die Besetzung von Epirus mehr als befriedigt seien.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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