Der Weltkrieg am 8. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

 Erfolgreiche Angriffe im Rawkaabschnitt - 1600 Russen gefangen

Großes Hauptquartier, 8. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Der andauernde Regen sumpft das Gelände in Flandern mehr und mehr an, so daß die Operationen stark behindert werden. 
Östlich Reims versuchten die Franzosen heute nacht, uns einen Vorgraben zu entreißen. Durch einen sofort angesetzten Gegenangriff wurden sie in ihre Stellungen zurückgeworfen und verloren fünfzig Gefangene an uns.
In der Mitte und im Ostteil der Argonnen machten unsere Truppen wieder Fortschritte.
Ein nächtlicher französischer Angriff gegen unsere Stellung am Buchenkopf südlich Diedolshausen (Vogesen) wurde abgewiesen. Wiederholte Angriffe der Franzosen auf die Höhe westlich Sennheim brachen in unserem Artilleriefeuer zusammen. Wir machten zwei Offiziere und hundert Mann zu Gefangenen.
Um die Ortschaft Ober-Burnhaupt, südlich Sennheim, wird zurzeit noch gekämpft.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Östlich der Rawka schritten unsere Angriffe fort. 1600 Russen wurden gefangen genommen. fünf Maschinengewehre von uns erbeutet. Auf dem östlichen Pilica-Ufer fanden nur Artilleriekämpfe statt. 

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Landesverräter Weill

Berlin, 8. Januar.
Das Mitglied des Reichstags Dr. Georg Weill aus Straßburg ist nach dem Bekanntwerden seines Briefes, aus dem hervorgeht, daß er in die französische Armee eingetreten ist, gemäß § 27 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 durch Beschluß des Ministeriums in Elsaß-Lothringen vom 3. Januar 1915 seiner Staatsangehörigkeit verlustig erklärt worden.
Dr. Weill hat hiermit aufgehört, Deutscher zu sein, und zugleich seine Wählbarkeit zum Reichstag verloren. Hiervon hat der Stellvertreter des Reichskanzlers den Präsidenten des Reichstags mit dem Anheimstellen der weiteren Veranlassung Mitteilung gemacht.

 

 Der Hirtenbrief des Kardinals Mercier


Kardinal Mercier

Berlin, 8. Januar. (W. B. Amtlich ) 
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt heute folgendes Communique: Der Erzbischof von Mecheln, Kardinal Mercier, hat zu Weihnachten einen Hirtenbrief erlassen, der seiner Weisung nach am 1. Januar und den darauf folgenden Sonntagen von den Kanzeln verlesen werden sollte. Der Hirtenbrief enthält neben seinen rein religiösen Darlegungen eine Reihe von politischen Ausführungen, die sich mit dem gegenwärtigen Zustand der Okkupation nicht vertragen und es daher den deutschen Behörden zur Pflicht machen, gegen seine weitere Verbreitung einzuschreiten. Hierauf vom Generalgouverneur aufmerksam gemacht, erklärte der Kardinal schriftlich und mündlich, daß es ihm ferngelegen habe, durch seine Kundgebungen aufreizend zu wirken. Er sei im Gegenteil von der Absicht geleitet, die Bevölkerung zu beruhigen und sie unter Schonung ihrer patriotischen Gefühle zur Botmäßigkeit und äußerlichen Unterordnung unter die bestehende deutsche Gewalt zu ermahnen. Da aber der Generalgouverneur über diesen Hirtenbrief anderer Ansicht sei und von ihm eine aufreizende Wirkung besorge, so bestehe er nicht auf der Ausführung seiner Weisung an die ihm unterstellte Geistlichkeit, den Hirtenbrief fernerhin zu verlesen und zu verbreiten. Der Generalgouverneur hatte bereits vorher die Verlesung und Verbreitung des Hirtenbriefes untersagt. Hiermit kann die Angelegenheit als erledig angesehen werden.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

 Ein russischer Angriff in den Ostbeskiden abgeschlagen

Wien, 8. Januar. 
Amtlich wird verlautbart: 
In den Ostbeskiden wurde ein über die Höhen östlich Czeremcha von starken russischen Kräften angesetzter Vorstoß durch Gegenangriff weit zurückgeschlagen, hierbei 400 Gefangene, drei Maschinengewehre eingebracht.
Am südlichen Kriegsschauplatz scheiterte ein Nachtangriff auf unsere Vorpostenlinie bei Avtovac vollkommen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Beschießung von Sinope durch die Russen

Konstantinopel, 8. Januar.
Der türkische große Generalstab teilt mit:
Die russische Flotte hat entgegen dem internationalen Recht heute die offene Stadt Sinope beschossen und dabei zwei Häuser leicht beschädigt. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Vier Barken sind gesunken. Hingegen haben türkische Schiffe mit Erfolg russische Truppen, die sich in und nördlich von Makriali an der russischen Küste befanden, beschossen. Am 5. Januar machte ein englischer Kreuzer östlich von Mersina einen Landungsversuch. Das Feuer unserer Küstenwachen zwang den Feind, sich zurückzuziehen. Er ließ viel Tote zurück.

 

Kotur von den Türken besetzt

Konstantinopel, 8. Januar. (Amtliche Meldung.)
Unsere in der Gegend von Aserbeidschan operierenden Truppen haben Kotur besetzt. Der Feind hat auch diese Gegend verlassen und sich in der Richtung aus Salmas und Choi zurückgezogen.
Unter den in den Kämpfen bei Mianduab Gefallenen befinden sich auch Großfürst Alexander Michaelowitsch, Generaladjutant des Zaren, und der russische Konsul von Sandschbulak. (Von russischer Seite später bestritten.)

 

 Die Verluste Frankreichs

Der "Kreuzzeitung" wird von ihrem Brüsseler Korrespondenten gemeldet: 
In amtlichen französischen Kreisen wird der Gesamtverlust vom 4. August bis 20. Dezember auf nahezu eine Million Toter, Verwundeter und Gefangener angegeben, darunter 20000 Offiziere.
Nach einem Bericht des Chefs des französischen Sanitätswesens an den Heeresausschuß der Kammer sind, wie wir der "Münch. Mediz. Wochenschrift" entnehmen, in der Zeit vom 15. September bis 30. November 489730 Verwundete in französischen Lazaretten behandelt worden. Von diesen sind 54,5 Prozent an die Front zurückgegangen, 2,48 Prozent sind gestorben. Der Prozentsatz der Sterblichkeit sei der niedrigste, der in modernen Kriegen festgestellt worden sei.

 

 Rückkehr der Regierung nach Paris

Lyon, 8. Januar. (W. B.) 
Der Lyoner "Republicain" meldet aus Bordeaux: 
Kriegsminister Millerand und das Personal des Ministeriums verließen gestern endgültig Bordeaux, um nach Paris zurückzukehren, wo heute der Gesamtdienst wieder aufgenommen wird.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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