Der Weltkrieg am 9. Januar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

 Erfolgreicher Sturmangriff in den Argonnen

Großes Hauptquartier, 9. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Mehrere feindliche Angriffe nordöstlich Soissons wurden unter erheblichen Verlusten für die Franzosen zurückgeschlagen.
Ein französischer Angriff bei Perthes (nördlich des Lagers von Chalons) wurde unter schweren Verlusten für den Feind abgewiesen. 
Im Ostteil der Argonnen machten unsere Truppen einen erfolgreichen Sturmangriff, nahmen 1200 Franzosen gefangen und erbeuteten einige Minenwerfer und einen Bronzemörser. Schlesische Jäger, ein lothringisches Bataillon und hessische Landwehr zeichneten sich hierbei aus.
Ein vorgeschobener, von uns nicht besetzter Graben bei Flirey wurde in dem Augenblick gesprengt, an dem die Franzosen von ihm Besitz genommen hatten. Die ganze französische Besatzung wurde vernichtet.
Westlich und südlich Sennheim änderte sich nichts. Die Franzosen wurden aus Ober-Burnhaupt und den vorgelagerten Gräben in ihre Stellungen zurückgeworfen und ließen über 190 Gefangene in unseren Händen.
Östlicher Kriegsschauplatz.
Die Lage im Osten ist bei anhaltend schlechtem Wetter unverändert. Unsere Beute vom 7. Januar hat sich auf 2000 Gefangene und sieben Maschinengewehre erhöht.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Aus der "Frankfurter Zeitung":

Die "drei Erfolge" der Franzosen

Das französische Kriegsministerium gibt von Zeit zu Zeit kurze, zusammenfassende Darlegungen der Ergebnisse der Kämpfe in Frankreich bekannt. Wenn sie in der Regel sachlich auch nichts Neues sagen, so ordnen sie doch die für das größte Publikum unübersichtlichen täglichen Berichte, und man kann verstehen, daß die Kritik und die Bewertung der Kriegsvorgänge, die in diesen Überblicken von der zuständigen Stelle ausgesprochen werden, auch außerhalb der französischen Grenzen Beachtung finden. Da diese Zusammenfassungen gerade in einer Zeit, in der das tägliche Bild jeweils nur wenig verändert erscheint, einem geduldigen Publikum sogar wertvoller sein könnten als Tagesberichte, so verspürt man wohl gar auch ein wenig Neid, zumal wenn man den Eifer bemerkt, mit dem solche Berichte bei den Neutralen gelesen werden.
Allerdings müßten sie anders aussehen als der Rückblick des französischen Kriegsministeriums, der den Zeitraum vom 25. Dezember bis zum 5. Januar umfaßt. Was darin ausgesprochen ist, hat denselben kleinlichen Geist, der auch die Lektüre der täglichen Bulletins wenig angenehm macht. Als das Ergebnis der Offensive der Verbündeten in dem genannten Zeitraum wird festgestellt, es hätten "drei bedeutende Gefechte stattgefunden, alle mit ausgesprochenem Erfolg für die Franzosen". St. Georges, Perthes und Steinbach, das seien die Schauplätze der erfolgreichen Angriffe. Wir haben schon wiederholt ausgeführt, daß es bei der jetzigen Kriegslage für die Franzosen nur eine Art wirklichen Erfolges geben kann: den Durchbruch. Unsere Gegner haben uns den Beweis erbracht, daß sie dazu nicht imstande sind. Wir glauben nicht zuviel zu sagen, wenn wir versichern, daß unsere Positionen im Westen selbst bei einem erheblich stärkeren Ansturm als dem der letzten Wochen uneinnehmbar sind. Der Verlust von ein paar Schützengräben spielt gar keine Rolle. Wo er eingetreten war, wurde regelmäßig in kürzester Zeit die alte Linie wiederhergestellt oder sogar verbessert. An zahlreichen Stellen sind unzweifelhaft Fortschritte durch unsere Truppen erzielt worden, während der Periode der französischen Offensive. Bei den drei Orten, von denen der französische Rückblick spricht, waren allerdings die Angriffe unserer Gegner besonders heftig. Zwischen St. Georges und dem Meer ist die schmale Ausfallspforte, die für eine Umfassungsbewegung auf unserem rechten Flügel den Verbündeten dank der ausgedehnten Überschwemmungen allein übrig blieb. Wir haben schon früher festgestellt, daß in dem wenig über zwei Kilometer breiten Küstenstreifen die Entwicklung einer größeren Truppenmasse, ohne die an eine wirkungsvolle Operation nicht zu denken wäre, völlig unmöglich ist. Das wissen die Verbündeten selbst gut genug, aber trotzdem suchen sie die "Einnahme" von St. Georges als etwas Besonderes hinzustellen. Der deutsche Tagesbericht hat bekannt gegeben, daß nach der Zurückwerfung der Angreifer auf die Wiederbesetzung von St. Georges von unserer Heeresleitung mit Rücksicht auf die Wasserstandsverhältnisse verzichtet worden ist. Das ist der "Erfolg" der französischen Meldung.
Im Westen des Argonnenwaldes - von der oftgenannten Römerstraße aus - suchten die Franzosen in der letzten Zeit durch anscheinend sehr heftige Angriffe den französischen Stellungen bei Reims und Verdun, auf die ein starker Druck ausgeübt wird, Erleichterung zu schaffen. Die Durchbrechung unserer Linie zwischen Reims und Verdun scheint den Franzosen überhaupt stets sehr verlockend gewesen zu sein. Souain, Mesnil und Perthes sind uns wohlbekannte Namen. Die deutschen Tagesberichte der letzten Wochen haben auf das bestimmteste versichert, daß die Angriffe der Feinde in diesem Abschnitt - oft unter schweren Verlusten für die Franzosen - abgeschlagen worden sind. Irgend einen Erfolg von Wert haben die Franzosen dort sicher nicht erlangt, wenn sie auch ein paar Meter hier oder dort gewonnen haben sollten. Das französische Kriegsministerium war nicht in der Lage, irgend eine Ortschaft oder ein Gehöft zu benennen, das nicht schon in der bisherigen Front gelegen wäre. Endlich: Steinbach. Wir können uns damit begnügen, auf den letzten deutschen Tagesbericht zu verweisen, aus dem deutlich hervorgeht, daß der wesentlichste Teil der beherrschenden Höhe westlich von Sennheim im Besitz der Deutschen ist. Solange die Franzosen nicht diese ganze Anhöhe in der Hand haben, haben sie von der Offensive im Gebiet von Thann - Sennheim keinen praktischen Nutzen, denn - wie wir kürzlich ausführten - nur von diesem Punkt aus würden sie den Zugang zum Wesserlinger Tal in ihre Gewalt bringen können.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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