Der Weltkrieg am 6. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Der Kaiser auf dem östlichen Kriegsschauplatz

Großes Hauptquartier, 6. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Erneute französische Angriffe gegen die von uns gewonnenen Stellungen nördlich Massiges blieben ohne Erfolg. Ebenso scheiterte ein feindlicher Vorstoß in den Argonnen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Russen griffen gestern an der ostpreußischen Grenze sowie südlich der Weichsel gegen unsere Front Humin-Bzura-Abschnitt an. Alle Angriffe wurden abgewiesen. Wir machten 1000 Gefangene und erbeuteten 6 Maschinengewehre.

Hauptsächlich von englischer, aber auch von französischer Seite wird fortgesetzt die Behauptung wiederholt, daß die Deutschen gewissermaßen zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers Vorstöße in großem Stil inszeniert hätten, die sämtlich mit schweren Rückschlägen für uns endigten.
Daß diese Behauptung in heimtückischer Absicht einfach erfunden ist, beweisen unsere amtlichen Berichte über die Ereignisse an den in Frage kommenden Tagen. Eine solche Kampfesweise kann natürlich auch nicht die Person des Kriegsherrn berühren. Die deutsche Heeresleitung möchte aber nicht unterlassen, sie in ihrer Erbärmlichkeit vor aller Welt an den Pranger zu stellen.

Oberste Heeresleitung.

Der Kaiser hat sich über Czenstochau auf den östlichen Kriegsschauplatz begeben. 1)

 

Eine Klarstellung der Reichsregierung

Berlin, 6. Februar. (W. B. Amtlich.)
Die Bundesratsverordnung über die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl vom 25. Januar bezweckt nicht die Beschlagnahme der Getreidevorräte zu Gunsten des Staates. Sondern lediglich die richtige Verteilung für den Privatgebrauch, ist also eine Maßnahme zu Gunsten des "kleinen Mannes" gegen gewinnsüchtige Spekulationen. § 45 der Verordnung lautet: "Die Vorschriften der Verordnung beziehen sich nicht auf Getreide und Mehl, die nach dem 31. Januar aus dem Auslande eingeführt werden. Danach ist die staatliche Überwachung des Getreidehandels auf das inländische Getreide beschränkt, während das ausländische Getreide nach wie vor dem freien Verkehr überlassen bleibt. Ein Zusatz, wonach ausländisches Getreide nur an Kommunalverbände oder bestimmte Gesellschaften verkauft werden durfte, ist vom Bundesrat wieder aufgehoben worden, denn wenn auch diese Stellen lediglich dazu bestimmt waren, das ausländische Getreide dem deutschen Privatgebrauch zuzuführen, so soll doch für die neutralen Mächte kein Zweifel darüber bestehen, daß das aus ihren Ländern nach Deutschland ausgeführte Getreide unter keinen Umständen für den Gebrauch der deutschen Streitmacht oder deutscher Verwaltungsstellen bestimmt, daß es also nach völkerrechtlichen Grundsätzen nicht als sogenannte "relative Konterbande" angesehen werden kann. Demgemäß ist deutscherseits der amerikanischen Regierung gegenüber die formelle Zusicherung abgegeben worden, daß die aus den Vereinigten Staaten mittelbar oder unmittelbar nach Deutschland eingeführten Lebensmittel in keiner Weise für den Gebrauch der deutschen Streitmacht, sondern der deutschen Volkswirtschaft in freiem Verkehr unter Ausschluß von Regierung und Lieferanten überlassen werden sollen Die deutsche Regierung erklärt sich auch bereit, den Vertrieb dieser Lebensmittel während der Dauer des Krieges den amerikanischen Organisationen zu überlassen.
2)

 

Eine Unterredung mit Jagow und Bethmann Hollweg


Bethmann Hollweg

v. Jagow

Bern, 6. Februar. (Priv.-Tel.)
Der Mitarbeiter des Berner "Bund", Hermann Stegemann, hat während seinem Aufenthaltes in Berlin unter anderem Unterredungen mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär von Jagow gehabt und berichtet darüber im Berner "Bund":
"Nach einer Reise, die mir tiefste, unmittelbarste Eindrücke gebracht hat, wurde ich heute vom Staatssekretär des Äußern Herrn v. Jagow empfangen. Der Staatssekretär äußerte sich auf das liebenswürdigste über die deutsch-schweizerischen Beziehungen und ermächtigte mich, seine Erklärungen der Öffentlichkeit mitzuteilen. Wie er sagte, hat die streng neutrale Haltung der Schweiz in Deutschland den günstigsten Eindruck gemacht. Die Schweiz hält diese Haltung, welche sie schon vor dem Kriege betätigte, unter den schwierigsten Umständen klug und tatkräftig aufrecht. Man wird dem schweizerischen Bundesrat die höchste Anerkennung zollen müssen, daß er es verstanden hat, die Lebensinteressen der Schweiz mit diesem Standpunkt zu vereinigen. Die deutsche Regierung ist wie das deutsche Volk von freundschaftlichen Gefühlen für dieses Land erfüllt. Wir haben an einer neutralen, selbständigen, wehrhaften Schweiz ein sehr lebhaftes Interesse. Wir sind auch gewillt, die Beziehungen in diesen schweren Zeiten tunlichst zu pflegen, besonders auch auf wirtschaftlichem Gebiete. Naturgemäß erleiden die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz durch den Krieg gewisse Störungen und Einschränkungen. Wir waren aber von vornherein der Auffassung, daß die Schweiz, die, in ihrer Binnenlandstellung zwischen kriegführenden Nationen eingebettet, der Zufuhr bedarf, alles erhalten muß, was sie zum Leben nötig hat. Deutschland, fuhr der Staatssekretär fort, hat deshalb auch z. B. soviel es konnte zur Aufrechterhaltung der Kohlenausfuhr getan und auch nichts versäumt, der Schweiz das Getreide zukommen zu lassen, das für sie noch in Mannheim eingelagert war. Ganz besonders hob der Staatssekretär noch die humanitäre und charitative Tätigkeit der Schweiz hervor, durch die sie sich in diesem Kriege die Dankbarkeit aller kriegführenden Parteien gesichert habe. Schließlich gab der Staatssekretär dem Gedanken Ausdruck, daß ein wahrhaft neutrales Land, wie es die Schweiz, dank der weisen Staatsleitung und der Grundstimmung ihrer Bevölkerung sei, nicht nur ein Recht auf absolute Respektierung habe, sondern daß die Schweiz zweifellos auch die Kraft besitze, als lebendiges Staatsgebilde ihre besondere Aufgabe und ihre friedliche Mission im Schoße Europas zu erfüllen. Ich hatte soeben noch Gelegenheit. den Reichskanzler Herrn v. Bethmann Hollweg zu sprechen, der sich in dem gleichen Sinne äußerte."
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der Karpathenkämpfe

Wien, 6. Februar.
Amtlich wird verlautbart:
An der ganzen Karpathenfront und in der Bukowina dauern die Kämpfe an.
Die Situation in Polen und Westgalizien ist unverändert. Ein russischer Nachtangriff bei Lopuczno wurde abgewiesen.
Am südlichen Kriegsschauplatz hat sich in der letzten Zeit nichts Wesentliches ereignet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Am Suez-Kanal

Konstantinopel, 6. Februar. (W. B.)
Der Große Generalstab meldet:
Unsere Vorhuten sind in den Gegenden östlich des Suez-Kanals angekommen und haben die englischen Vorposten gegen den Kanal zurückgedrängt. Bei dieser Gelegenheit fanden Kämpfe in der Umgegend von Ismailia und Kantara statt, die noch andauern.

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

© 2005 stahlgewitter.com