Die
Deutsche Kolonial-Gesellschaft veröffentlicht folgenden Protest:
"Die
Deutsche Kolonialherrschaft erhebt vor der gesamten Kulturwelt Protest
gegen das unmenschliche, das ganze europäische Kulturwerk in Afrika zerstörende,
dem Völkerrecht und bestimmten internationalen Verträgen hohnsprechende
Vorgehen der Engländer und Franzosen in den deutschen Kolonien.
Die Ausdehnung des Krieges auf die gegen einen europäischen Angriff nicht
geschützten deutschen Kolonien Afrikas trägt ausgesprochen den Charakter
eines Raubzuges. Ein derartiges Vorgehen war in keiner Weise durch das
Kriegsinteresse geboten und ist weder rechtlich noch sittlich zu
rechtfertigen. Die Zerstörung jahrelanger mühevoller, von einer europäischen
Nation in Afrika geleisteter Kulturarbeit durch andere europäische Völker
kann das Ergebnis des Weltkrieges nicht beeinflussen. Die Wirkung aber
davon, daß jetzt vor den Augen der Eingeborenen Weiße gegen Weiße und
unter ihnen Schwarze gegen Weiße kämpfen müssen, wird in Zukunft dem
Kolonisationswerk jedes europäischen Volkes in Afrika verhängnisvoll
werden.
In voller Würdigung solcher Gefahr hat die Kongoakte durch den Artikel 11
den Garantiemächten, also auch England und Frankreich, die Verpflichtung
auferlegt, darauf Verzicht zu leisten ihre Feindseligkeiten auf die durch
die Akte neutralisierten Gebiete zu erstrecken oder dieselben als Basis für
kriegerische Operationen zu benutzen. Die Kongoakte beginnt mit den
Worten: "Im Namen des Allmächtigen Gottes." Noch im Jahre 1903
hat die britische Regierung unter Berufung auf die Kongoakte, nach beinahe
einstimmiger Annahme einer Resolution durch das Unterhaus, gegen die
Verletzung der Akte durch den Kongostaat protestiert und einen Appell an
alle Signatarmächte der Akte gerichtet, um Maßregeln zur Abstellung der
Mißstände zu ergreifen, und heute scheut sich dasselbe England mit
seinem Verbündeten Frankreich nicht, sich selbst in weit schlimmerer
Weise über grundlegende Bestimmungen der Akte hinwegzusetzen und deren
positive Vorschriften, die im Namen des Allmächtigen Gottes erlassen
wurden, zu übertreten.
Der bekannte englische Kolonialpolitiker E. D. Morel hat zu Beginn des
Krieges in der "African Mail" seine Landsleute gewarnt, durch
den Krieg in Afrika das Kulturwerk "in ein weites Chaos von
Ruchlosigkeit zu verwandeln". "Wir bringen unser sogenanntes
Christentum", sagt Morel, "den afrikanischen Heiden" und
wir zeigen uns selbst barbarischer, blinder, hartherziger als die zurückgebliebensten
Völker Afrikas, die zu regieren wir auszogen."
Hierzu kommt, daß unsere Gegner in den deutschen Kolonien mit Maßnahmen
von sinnlos-brutaler Härte vorgehen. So haben die Franzosen die aus Togo
und Kamerun nach Französisch-Dahome übergeführten Deutschen 500
Kilometer weit zu Fuß in das Innere dieser Kolonie verschleppt und
zwingen sie, unter Aufsicht von Schwarzen, zu körperlicher Arbeit in der
Tropensonne täglich sieben Stunden lang. In Kamerun haben die Engländer
unbewaffnete deutsche Männer, Frauen und Kinder von schwarzen Soldaten
festnehmen lassen und auf Frachtdampfer gebracht, ohne daß sie auch nur
die notwendigsten Gebrauchsgegenstände mitnehmen konnten.
In Südwestafrika haben die Engländer den unverteidigten Ort Lüderitzbucht
nach friedlicher Übergabe der Plünderung preisgegeben und die im
Privatbesitz befindlichen Diamantenfelder beraubt. Die Zivilbevölkerung
wurde aus ihren Heimstätten fortgeschleppt und in südafrikanische
Konzentrationslager verbracht.
Gegen alles Völkerrecht haben die Engländer unverteidigte Küstenplätze
wie Kribi, Swakopmund und Daressalam beschossen und allenthalben gegen
deutsche Missionare und deren Angehörige Roheiten empörendster Art verübt.
Geradezu als ein Verbrechen gegen das sittliche Empfinden unseres
Zeitalters muß es bezeichnet werden, daß die Engländer seit Beginn des
Krieges bis zur Stunde jeden Nachrichtenverkehr zwischen der Bevölkerung
der afrikanischen Kolonien und ihren Angehörigen in der Heimat gewaltsam
verhindern. Hierdurch zerreißen sie kalten Blutes das zwischen beiden
Teilen bestehende Familienband und geben die getrennten Trost- und
Hoffnungslosen nicht endender Sorge und Qual um das Schicksal ihrer Lieben
preis.
Diese einwandfrei erwiesenen Tatsachen liefern den Beweis, daß Engländer
und Franzosen bei ihrem Vorgehen gegen die deutschen Kolonien in Afrika
nicht bloß die von ihnen selbst garantierten völkerrechtlichen
Verpflichtungen mit Füßen getreten, sondern auch Handlungen begangen
haben, die jeder menschlichen Empfindung zuwiderlaufen.
Wie in unseren Kolonien, so haben Engländer und Franzosen überall, wo
sie deutsche wirtschaftliche Unternehmungen in der Welt treffen konnten,
Privateigentum beschlagnahmt und verschleudert, die Deutschen vertrieben,
um so systematisch deutsche Arbeit und deutsche Art zu vernichten und sich
an die Stelle der Deutschen zu setzen. Wir verweisen auf das schmähliche
Vorgehen der Franzosen in Marokko und der Engländer in Hongkong, Ceylon
und anderen britischen Kolonien.
Der
Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft:
Johann Albrecht Herzog zu Mecklenburg." 2)
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