Duma-Reden

Rodzianko |

Goremykin
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Sasonow
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Petersburg,
10. Februar. (W. B.)
In der heutigen Sitzung der Duma hielt der Präsident Rodzianko eine
Rede, in der er erklärte, der gegenwärtige Krieg werde zwischen zwei entgegengesetzten
Grundsätzen geführt, dem des Friedens der Völker und des Rechts auf der
einen Seite und dem gierigen Militarismus auf der anderen Seite. Rußland
habe diesen Krieg nicht gewollt und nicht gesucht, aber jetzt werde es
kämpfen, bis die Feinde die Friedensbedingungen annähmen, die Rußland
ihnen diktieren werde. Dann sprach Ministerpräsident Goremykin, der erklärte,
der siegreiche Ausgang des Krieges zeichne sich immer klarer ab und der
tiefe Glaube des russischen Volkes an den endlichen Triumph setze sich
in Sicherheit um. Die Macht Rußlands nehme stets zu, die Taten seiner
Truppen brächten es mit jedem Tage seinem Ziele näher. Die feste Eintracht
aller Russen, die der Krieg hervorrief, sei nach der Eroberung Galiziens,
das die letzte Blüte war, die an der lebensvollen Krone des Zaren gefehlt
habe, noch stärker geworden. Der Widerstand der Türkei sei schon von den
ruhmreichen kaukasischen Truppen gebrochen worden und die glänzende Zukunft
Rußlands am Schwarzen Meere und vor den Mauern Konstantinopels trete mit
immer mehr zunehmender Klarheit zu Tage. Die Hilfskräfte Rußlands seien
unerschöpflich.
Hierauf sprach der Minister des Äußern Sasonow: Rußland sei zu diesem
Kriege herausgefordert worden und trete für das mißhandelte Recht ein.
Der schließliche Triumph sei gesichert. Die Allianz mit Frankreich und
die Verständigung mit England habe einen rein defensiven Charakter gehabt,
aber Deutschland sei Rußland überall entgegengetreten Die Gerüchte über
Judenpogrome seien eine mißgünstige Erfindung der Deutschen und die größten
Verwüstungen in Polen seien das Werk der Österreicher und der Deutschen.
Die Türkei treibe unrettbar dem Abgrunde zu und die Ereignisse, durch
welche die russischen Waffen neuen Ruhm erworben hätten, würden Rußland
der Lösung seiner politischen und wirtschaftlichen Probleme näher bringen,
die sich an sein Streben nach einem Ausgang zum freien Meere knüpfen.
Die Reden der beiden Minister fanden den begeisterten Beifall der Duma
und alle folgenden Redner drückten sich in gleichem Sinne aus. Im Namen
der Kadetten erklärte Miljukow: "Die Duma hat soeben mit Genugtuung
die Rede des Ministers des Äußern zur Kenntnis genommen. Wir sind überzeugt,
daß für die Erfüllung unserer Hauptaufgabe, die Erwerbung der Meerengen
und Konstantinopels rechtzeitig die nötigen diplomatischen und militärischen
Sicherheiten gestellt werden. (Anhaltender Beifall.)
Die Duma nahm dann einstimmig folgende Tagesordnung an: "Die Duma
verneigt sich vor den ruhmreichen Taten unserer Krieger, sendet der russischen
Armee und Flotte warme Grüße, den Verbündeten ihre aufrichtig gemeinte
Ehrenbezeugung, Achtung und Sympathie. Sie drückt das feste Vertrauen
aus, daß die großen nationalen und freiheitlichen Ziele des gegenwärtigen
Krieges erreicht werden, und spricht den unbeugsamen Entschluß des russischen
Volkes aus, den Krieg zu führen, bis die Bedingungen, welche den Frieden
Europas und die Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit sichern,
dem Feinde aufgezwungen sind."
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