Der Weltkrieg am 3. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Russische Niederlage bei Augustow

Großes Hauptquartier, 3. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei St. Eloi, südlich von Ypern wurde ein Angriff zweier englischer Kompanien nach blutigem Handgemenge zurückgeworfen.
Bei Péronne landete infolge Motordefekts ein französisches Flugzeug. Die Insassen wurden gefangengenommen.
Die französischen Angriffe in der Champagne hatten nicht den geringsten Erfolg; wieder wurden die Franzosen mit schweren Verlusten in ihre Stellungen zurückgeworfen.
Nordwestlich von Ville-sur-Tourbe entrissen wir dem Feinde Schützengräben in Breite von 350 Meter. Französische Vorstöße im Walde von Consenvoye und in Gegend Ailly-Apremont wurden leicht abgewiesen.
Unser Angriff nordöstlich Badonviller brachte uns wieder beträchtlichen Geländegewinn. Wir schoben unsere Front hier in den letzten Tagen um 8 Kilometer vor.
Nordöstlich von Celles machen die Franzosen vergebliche Versuche, den Verlust der letzten Tage wieder auszugleichen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei Grodno ist die Lage unverändert.
Südöstlich von Augustowo versuchten die Russen den Bobr zu überschreiten; unter schweren Verlusten wurden sie zurückgeworfen und ließen 1500 Gefangene in unserer Hand.
Andere Angriffe in der Gegend nordöstlich von Lomza brachen dicht vor unserer Front gänzlich zusammen.
Südwestlich von Kolno machten wir Fortschritte; südlich Mysziniec nahmen wir unsere Vortruppen vor überlegenem Feinde etwas zurück.
Nordwestlich von Prasznysz fühlten die Russen langsam vor.
Mehrere russische Nachtangriffe östlich von Plozk wurden abgewiesen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Kämpfe um Prasznysz

Berlin, 3. März. (W. B.)
Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir:
Nach der bewundernswerten Eroberung des zu einem starken Stützpunkt aufgebauten Ortes Prasznysz durch eines unserer Korps, das aus östlicher Richtung vorging, wurde die Lage hier infolgedessen einen Tag kritisch, als drei russische Armeekorps den deutschen Flügel von Osten, Südosten und Süden her angriffen und das siegreiche Korps veranlaßten, in einer Rückwärtsschwenkung Front gegen diese Übermacht zu machen. Hierbei wurden Teile des Korps scharf angefasst; auch konnte eine größere Zahl von Verwundeten, die in benachbarten Dörfern untergebracht waren, nicht rechtzeitig zurückgeschafft werden. Die Russen waren nicht imstande, den geordneten Verlauf der Rückwärtsschwenkung zu stören, und verloren die Fühlung mit dem deutschen Korps. Daraus geht hervor, daß sie bei ihren Angriffen stark gelitten haben. Inzwischen ist die Lage nach dem Eintreffen deutscher Verstärkungen wieder hergestellt. Der ganz bedeutungslose russische Erfolg hält mit dem vorausgegangenen Sturm auf Prasznysz, wo wir über 10000 Gefangene und reiche Kriegsbeute machten, keinen Vergleich aus. Wenn die Russen sich gleichwohl bemühen, ihn durch ebenso lange wie unglaubwürdige Berichte zu einer beachtenswerten Waffentat aufzubauschen, so spricht daraus nur das vergebliche Streben, die allgemeine Aufmerksamkeit von der vernichtenden Niederlage ihrer 10. Armee in der Winterschlacht in Masuren abzulenken.
2)

 

Die Brotversorgung Deutschlands

Berlin, 3. März (W. B.)
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" berichtet über die Regelung der Brotversorgung:
Am 9. Februar hatte die Reichsverteilungsstelle vorläufig den Betrag von 225 Gramm auf den Kopf und den Tag im Deutschen Reich festgesetzt. Inzwischen haben zahlreiche Kommunalverbände die Regelung der Brotversorgung in ihrem Bezirk durchgeführt und haben hierbei teilweise wie Frankfurt am Main einen Satz von 200 Gramm zu Grunde gelegt, der nach den Untersuchungen namhafter Hygieniker im Durchschnitt als zureichend anzusehen ist. Einzelne Bundesstaaten, wie Württemberg, haben für ihr ganzes Land einen Satz von 200 Gramm vom 10. März 1915 an bestimmt.
Die Getreide- und Mehlvorräte vom 1. März 1915, deren Ergebnis nunmehr vorliegt, würden an sich die Beibehaltung des Mehlsatzes von 225 Gramm rechnerisch zulassen. Es erscheint aber geboten, nicht alle verfügbaren Getreidemengen bis zur nächsten Ernte aufzubrauchen, sondern für eine angemessene Rücklage zu sorgen. Dann werden wir für alle Zufälligkeiten gerüstet sein und bei Beginn des neuen Erntejahres noch über so viel Vorräte verfügen daß sich der Übergang in die neuen Verhältnisse ohne Störung vollzieht. Um diese Rücklage sicherzustellen, beschloß die Reichsverteilungsstelle, künftig allgemein im ganzen Deutschen Reich den Tageskopfbetrag auf 200 Gramm Mehl zu bemessen. Die Kommunalverbände werden sofort die erforderlichen Einrichtungen zu treffen haben, um die Brotversorgung ihrer Bevölkerung nach diesem Satz zu regeln, damit spätestens am 15. März die Neuordnung überall durchgeführt ist. Sie werden hierbei auf die Verschiedenheit der Bedürfnisse ihrer Bevölkerung Rücksicht nehmen können und beispielsweise an Kinder unter einem Jahr keine Brotkarte oder an Kinder bis zu einem gewissen Alter nur eine halbe Brotkarte ausgeben, dafür zum Ausgleich den Angehörigen bestimmter Berufe, die durch ihre Lebens- und Arbeitsgewohnheiten im besonderen Maße an Brotnahrung gewöhnt sind, eine reichlichere Menge zuweisen können. Die Notwendigkeit dieser Einschränkung im Getreideverbrauch unseres Volkes wird allgemein anerkannt werden, denn sie beseitigt gründlich die Sorge, daß wir mit unseren Vorräten nicht zureichen könnten, und sichert die Volksernährung in zureichender Weise gegen alle Zufälligkeiten.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erfolgreicher Sturmangriff bei Cisna

Wien, 3. März.
Amtlich wird verlautbart.
In den Karpathen sind westlich des Uzsoker Passes Kämpfe im Gange, die sich in größerem Umfange um den Besitz wichtiger Höhen und Rückenlinien entwickelten. Mehrere russische Gegenangriffe wurden blutig abgewiesen, im Laufe des Tages auf der Gefechtsfront neue lokale Erfolge erzielt. Bei der Erstürmung einer Höhe nördlich Cisna blieben 400 Gefangene in unseren Händen.
In Südost-Galizien wurde an der ganzen Schlachtfront heftig gekämpft.
Am Dunjec und in Russisch-Polen hat sich nichts Wesentliches ereignet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Der Angriff auf die Dardanellen

Konstantinopel, 3. März. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt mit:
Die feindliche Flotte beschoß gestern drei Stunden lang die Dardanellen, aber erfolglos. Durch das wirksame Feuer unserer Batterien wurde sie gezwungen, sich zurückzuziehen. Gleichzeitig beschoß eine feindliche Flotte, bestehend aus vier französischen Kreuzern und einigen Torpedobooten, ohne jedes Ergebnis unsere Stellungen am Golf von Saros. Unsere Flieger bombardierten erfolgreich feindliche Schiffe.
In Irak, in der Umgegend von Ahoz, wurde nach einem Gefecht zwischen zwei Schwadronen englischer Kavallerie, welche Maschinengewehre mit sich führten, und unseren Aufklärungskolonnen der Feind zur Flucht gezwungen. Er ließ 50 Tote und eine Menge Waffen und Munition auf dem Kampfplatz zurück.

Konstantinopel, 3. März. (W. B.)
Der Sonderberichterstatter von Wolffs Telegraphischem Bureau telegraphiert aus den Dardanellen vom 2. März, daß das englisch-französische Geschwader seit dem 1. März eine regelmäßige, nur durch die Witterungsverhältnisse unterbrochene Beschießung der Forts zum Zwecke einer systematischen Vorbereitung der Forcierung der Dardanellen unterhielt. Die Regierung beschloß, im Einverständnis mit den verantwortlichen Kommandostellen, mehrere zuverlässige Journalisten in die Dardanellenforts zu lassen, weil dies das beste Mittel sei, einer grundlosen Angst der Bevölkerung vorzubeugen. Nachdem diese Korrespondenten am Sonntag unter schwierigen Verhältnissen bei hohem Seegange gelandet waren, gingen sie zunächst auf die Wohnungssuche in den überschwemmten Straßen von Tschanak Kale. Am Montag setzte bei klarstem Wetter die feindliche Beschießung in mäßigem Umfange wieder ein. Dem freundlichen Entgegenkommen der maßgebenden militärischen Stellen zufolge hatten die Korrespondenten Gelegenheit, einen Teil dieser Operationen, auf welche die Augen von Europa gerichtet sind, von dem Hauptturme des Forts Tschanak Kale zu beobachten. Der Vertreter des Wolff-Bureaus konnte nach der Besichtigung mehrerer Befestigungsanlagen und der Erklärung der gesamten Organisation der Verteidigung durch einen Fachmann das Einvernehmen aller Teilnehmer dieser journalistischen Expedition dahin feststellen, daß die Dardanellen niemals stärker gerüstet und entschlossener verteidigt sind als heute. Man war allgemein der Überzeugung, daß die Forcierung der Dardanellenstraße, wenn überhaupt, so doch nur unter ungeheuren Opfern auf englischer Seite möglich sei, welche die gesamten maritimen Stärkeverhältnisse im Mittelmeer beeinflussen und die Vorherrschaft der Westmächte dort beeinträchtigen würden, ein Fall, dessen Eintreten der Aufmerksamkeit der italienischen und griechischen Staatsmänner nicht entgehen dürfte. Die Beschießung am Montag durch einen Teil des feindlichen Geschwaders zeigte wiederum die möglichste Fernhaltung der französischen Schiffe und charakterisierte sich als englisches Privatunternehmen durch die ausschließliche Beteiligung englischer Schiffe, welche die asiatische Seite des äußeren Dardanelleneingangs beschossen, ohne die gewünschte Erwiderung zu erzielen, wodurch die Stellung der türkischen Batterien verraten worden wäre. Dagegen erwiderten die Batterien von der europäischen Seite das Feuer mit dem Erfolge, daß auf dem Achterdeck eines englischen Torpedobootszerstörers ein Brand ausbrach. Nach der Beschießung erschien ein englischer Doppeldecker, um in großer Höhe zu erkunden. Gleichzeitig stieg ein türkischer Bleriot-Eindecker auf. Nachts 11 Uhr gab es Alarm. Mehrere Minensucher näherten sich dem Minenfeld; sie zogen sich aber zurück, da sie sofort beschossen wurden, während ein Linienschiff vor dem Eingang der Meerenge das türkische Feuer auf eine große Entfernung erfolglos erwiderte. Die Bevölkerung der Dardanellendörfer ist angesichts der Sicherheitsmaßregeln der Militärverwaltung vollständig ruhig.

Konstantinopel, 3. März. (W. B.)
Wie ergänzend zu der gestrigen Beschießung der Dardanellen gemeldet wird, verschoß die feindliche Flotte mehr als 600 Granaten, ohne ein Ergebnis zu erzielen. Die Granaten der türkischen Batterien warfen den hinteren Mast eines Schiffes um, das die Kontre-Admiralsflagge führte, und trafen mehrmals feindliche Schiffe. Vorgestern Nacht versuchte ein feindliches Torpedoboot, in die Meerenge einzudringen, wurde aber von den Batterien gezwungen, sich zurückzuziehen. - Nach einem Privattelegramm der "Agence Milli" ist ein Torpedoboot gesunken.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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