Der Weltkrieg am 18. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Einbruch russischer Reichswehrhaufen in Memel

Großes Hauptquartier, 18. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Ein französischer Vorstoß auf unsere Stellung am Südhang der Loretto-Höhe wurde abgeschlagen.
Französische Teilangriffe in der Champagne nördlich von Le Mesnil wurden durch Gegenangriffe zum Stehen gebracht. Ein dort gestern Abend erneut einsetzender französischer Angriff ist unter schweren Verlusten für den Feind abgewiesen.
In den Argonnen flauten die Gefechte gestern ab.
Französische Flieger warfen auf die offene elsässische Stadt Schlettstadt Bomben ab, von denen nur eine Wirkung erzielte, indem sie in das Lehrerinnenseminar einschlug, zwei Kinder tötete und zehn schwer verletzte. Als Antwort darauf wurde heute Nacht die Festung Calais mit Bomben schweren Kalibers belegt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die russischen Angriffe auf unsere Stellungen zwischen Pissek und Orzyc sowie nordöstlich von Prasznysz wurden auch gestern ohne Erfolg fortgesetzt.
Westlich der Szkwa machten wir 900, östlich der Szkwa 1000 Gefangene und erbeuteten 4 Maschinengewehre.
Einen billigen Erfolg errangen russische Reichswehrhaufen beim Einbruch in den nördlichsten Zipfel Ostpreußens in Richtung auf Memel. Sie plünderten und steckten Dörfer und Güter in Brand. Den Städten des von uns besetzten russischen Gebietes ist zur Strafe die Zahlung größerer Summen als Entschädigung auferlegt. Für jedes von diesen Horden auf deutschem Boden niedergebrannte Dorf oder Gut werden drei Dörfer oder Güter des von uns besetzten russischen Gebietes den Flammen übergeben werden. Jeder Brandschaden in Memel wird mit Niederbrennung der russischen Regierungsgebäude in Suwalki und den anderen in unseren Händen befindlichen Gouvernements-Hauptorten beantwortet werden.

Oberste Heeresleitung. 1)

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier: 
Der russische Raubzug gegen Memel 

 

Wie das französische Heer belogen wird

"Wie die Deutschen die Gefangenen behandeln"
"Wie die Deutschen die Gefangenen behandeln"

Großes Hauptquartier, 18. März. (W. B. Amtlich.) 
Bei einem im Walde von Bolante in den Argonnen gefallenen französischen Offizier des 5. Kolonial-Regiments wurde der nachstehend gedruckte Befehl gefunden. Zunächst wurde das Schriftstück hier nicht ernst genommen, da es nicht glaubhaft erschien, daß sich die feindliche Heeresleitung zu der Herausgabe eines solchen Machwerks erniedrigen würde. Nachdem aber festgestellt ist, daß der Inhalt des Schriftstückes zahlreichen Gefangenen bekannt war, und nachdem westlich von Lille ein weiterer gleicher Abdruck des Befehls durch eine Rakete an unsere Truppen herübergeworfen wurde, kann an seiner Echtheit nicht mehr gezweifelt werden. Es steht also fest, daß die französische Heeresleitung mit folgendem Erlaß einen letzten Versuch unternahm, für den mißglückten Durchbruchsversuch in der Champagne den entmutigten Truppen Dinge vorzutäuschen, die ihnen neue Hoffnung einflößen
sollten. Der Befehl lautet:

"Grand Quartier General, deuxieme bureau 8. Mars 1915. 

Unser Sieg ist gewiß. Die französischen Armeen haben jetzt sieben Monate hindurch gefochten mit dem Willen zum Siege. Von nun ab kämpfen sie mit der Gewißheit des Sieges.
1. Die deutschen Verluste:
Das deutsche Heer kann sich nicht mehr verstärken, weder an Zahl noch an innerem Gefechtswert. Es ist dem Untergang verfallen. Die Verluste der Deutschen einschließlich der Kranken übersteigen jetzt schon drei Millionen. Die Regimenter und Bataillone sind vollkommen verbraucht. Für die Regimenter sind durchschnittlich nur noch zwölf Berufsoffiziere zum Dienst vorhanden, und da das deutsche Offizierskorps sich nur aus den ersten Gesellschaftskreisen ergänzt, ist Deutschland nicht mehr in der Lage, den Truppen neue Offiziere zuzuführen. Die deutschen Geschütze sind abgenutzt. Viele ihrer Granaten krepieren nicht. Unsere Soldaten wissen es. Für die Rekrutenausbildung steht nur jedem dritten Mann ein Gewehr zur Verfügung.
2. Deutschland verhungert:
Der Nachschub an Kriegsmaterial für die kämpfenden Truppen, schon bisher schwierig, fängt an, unmöglich zu werden. Die Flotten Englands und Frankreichs beschlagnahmen alle Waren, die von dem Auslande für Deutschland herangeführt werden. Die deutsche Zivilbevölkerung erhält Brot, Kartoffeln, Bier und Fleisch von der Regierung in nur unzureichender Menge. Beweise für die Unzulänglichkeit der Verpflegung finden sich in den Briefen, die deutschen Gefangenen und Toten abgenommen worden sind. Die deutsche Regierung hat diesen Mangel selbst anerkannt, indem sie die amerikanische Regierung ersuchte, die Verpflegung der deutschen Zivilbevölkerung zu sichern und diese zu beaufsichtigen. Ein solcher Vorschlag, der übrigens von Amerika abgelehnt wurde, steht bisher einzig da in der Geschichte einer Großmacht. Das deutsche Geld hat in neutralen Ländern einen Kursverlust von 15 Prozent erfahren. Die deutschen Soldaten, bisher von ihren Offizieren planmäßig über alle Kriegsereignisse getäuscht, fangen langsam an, zu begreifen, daß Deutschland geschlagen ist, und daß die Hungersnot das durch unsere Waffen begonnene Zerstörungswerk vollenden wird.
3. Die Verbündeten Deutschlands geschlagen:
Die Türkei, der Verbündete Deutschlands, wird in ihrer eigenen Hauptstadt durch die Flotte Englands und Frankreichs bedroht. Griechenland und Rumänien haben mobil gemacht, um sich uns anzuschließen. Die Russen haben soeben den Versuch eines deutschen und österreichischen Angriffes im Keime erstickt und dabei noch nicht einmal den fünften Teil ihrer ungeheuren Kräftequellen im Rekruten-Nachersatz verbraucht. Die Serben haben die Österreicher für immer aus ihrem Lande vertrieben. Die deutschen Schlachtschiffe wagen nicht, den schützenden Hafen zu verlassen. Was die Unterseeboote anbetrifft, so haben wir und unsere Verbündeten schon mehr davon in den Grund gebohrt, als sie selbst Handelsschiffe vernichten konnten. Der Sieg ist uns sicher. Ohne Mitleid für den Feind muß er bis zum letzten Ende durchgeführt werden.
4. Die Verbrechen der Deutschen:
Mitleid verdient Deutschland wahrhaftig nicht. Seine Regierung hat durch den Einfall in Belgien seine Vertragspflicht gegen dieses edle Land auf das gröblichste verletzt und im Lande des Feindes jedes Völkerrecht außer Acht gelassen. Die deutschen Truppen haben offene Städte beschossen, wehrlose Dörfer in Brand gesteckt, Greise und Kinder ermordet, Frauen und Mädchen geschändet. Die Unterseeboote haben sogar neutrale Handelsschiffe versenkt. In den Gebieten Frankreichs und Belgien, in denen die Deutschen zur Zeit hausen, zwingen sie die Frauen, deren Männer im Felde stehen, sich ihrem brutalen Willen zu fügen. Viele der Unglücklichen gehen schwanger infolge der Vergewaltigung.
5. Die Leiden der französischen Gefangenen:
In zahlreichen Kämpfen haben wir gesehen, wie die Deutschen in planmäßiger Bestialität unsere Verwundeten mit dem Bajonett töteten. Die wenigen, die als Gefangene abgeführt worden sind, sind in Deutschland fürchterlicher Willkür und Gemeinheit ausgeliefert. Sie sterben vor Hunger. Ihre Nahrung besteht des Morgens und des Abends aus einem Aufguß von Eicheln, des Mittags aus einer Suppe, dazu für je fünf Mann ein verschimmeltes Brot.
6. Der sichere Sieg:
Welche Schlußfolgerungen sind nun aus alledem zu ziehen. Zunächst die Mahnung, unsere Kräfte doppelt anzuspannen, um das nahe Ziel zu erreichen, nämlich die Sicherstellung und dauernde Erhaltung des europäischen Friedens, andererseits aber die Überzeugung, daß es besser ist, auf dem Schlachtfelde zu sterben als den Deutschen in die Hände zu fallen und an Entkräftung oder Schwindsucht in ihren Kerkern elend umzukommen. Also vorwärts! Vertrauensvoll mit aller Kraft dem sicheren Siege entgegen, dem Siege des Vaterlandes und der Republik, dem Siege von Recht, Freiheit und Sitte."

Eine Erläuterung zu diesem Befehle zu geben, erübrigt sich.

Oberste Heeresleitung. 2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Große russische Verluste in den Karpathen

Wien, 18. März.
Amtlich wird verlautbart:
In den Karpathen und auf den Höhen westlich Laberczrev wurde der Angriff stärkerer feindlicher Kräfte nach blutigem Kampfe unter großen Verlusten für den Gegner zurückgeschlagen. Mehrere feindliche Kompanien wurden hierbei vernichtet.
Ebenso scheiterten im Südosten Galiziens wiederholte Versuche der Russen, durch überraschendes Vorgehen numerisch überlegener Kräfte einzelne Stützpunkte in unseren Stellungen zu nehmen. Bei dem Zurückweisen dieser Angriffe, die überall auf den nächsten Distanzen im Feuer unserer Truppen zusammenbrachen, wurden auch 280 Mann gefangen.
Auf allen übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Der Angriff auf die Dardanellen gescheitert

Konstantinopel, 18. März. (W. B.)
Das Hauptquartier meldet:
Heute früh eröffnete die feindliche Flotte ein heftiges Feuer gegen die Forts der Dardanellen, welches mit Erfolg erwidert wurde. Um 2 Uhr nachmittags wurde das französische Panzerschiff "Bouvet" in den Grund gebohrt.

Konstantinopel, 18. März. (W. B.)
Das Hauptquartier meldet:
Heute Vormittag 11½ Uhr eröffneten vierzehn feindliche Panzerschiffe das Feuer gegen die Dardanellenbatterien. Um 3 Uhr nachmittags zog sich ein Teil der Panzerschiffe aus unserem Feuer zurück. Acht Panzerschiffe setzten das Bombardement bis 5 Uhr in sehr großen Zwischenräumen fort. Außer dem französischen Panzerkreuzer "Bouvet" wurde ein feindliches Torpedoboot zum Sinken gebracht. Ein englisches Panzerschiff vom "Irresistible"-Typ wurde kampfunfähig gemacht, ein anderes vom "Cornwallis"-Typ beschädigt und gezwungen, sich aus der Kampflinie zurückzuziehen.

Konstantinopel, 18. März. (Priv.-Tel.)
Das französische Linienschiff "Bouvet" sank innerhalb drei Minuten.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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