Geschosse
mit erstickender Gasentwicklung
Berlin,
22. April. (W. B.)
Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:
In einer Veröffentlichung vom 21. April beklagte sich die englische
Heeresleitung darüber, daß deutscherseits "entgegen allen Gesetzen zivilisierter Kriegführung"
bei der Wiedereinnahme der Höhe 60 südöstlich von Ypern
Geschosse, die beim Platzen erstickende Gase entwickeln, verwendet wurden.
Wie aus den deutschen amtlichen Bekanntmachungen hervorgeht, gebrauchen
unsere Gegner seit vielen Monaten dieses Kriegsmittel. Sie sind also augenscheinlich
der Meinung, daß das, was ihnen erlaubt sei, uns nicht zugestanden
werden könne. Eine solche Auffassung, die in diesem Kriege ja nicht
den Reiz der Neuheit hat, begreifen wir, besonders im Hinblick darauf,
daß die Entwicklung der deutschen Chemiewissenschaft uns natürlich
gestattet, viel wirksamere Mittel einzusetzen als die Feinde, können
sie aber nicht teilen. Im übrigen trifft die Berufung auf die Gesetze
der Kriegführung nicht zu. Die Deutschen Truppen verfeuern keine
"Geschosse, deren einziger Zweck ist, erstickende oder giftige Gase
zu verbreiten" (Erklärung im Haag vom 29. Juli 1899), und die
beim Platzen der deutschen Geschosse entwickelten Gase sind, obschon sie
sehr viel unangenehmer empfunden werden als die Gase der gewöhnlichen
französischen, russischen oder englischen Artilleriegeschosse, jedoch
nicht so gefährlich wie diese. Auch die im Nahkampf von uns verwendeten
Rauchentwickler stehen in keiner Weise mit den Gesetzen der Kriegführung
im Widerspruch. Sie bringen nichts weiter als eine Potenzierung der Wirkung,
die man durch ein angezündetes Stroh- oder Holzbündel erzielen
kann. Da der erzeugte Rauch auch in dunkler Nacht deutlich wahrnehmbar
ist, bleibt es jedem überlassen, sich seiner Einwirkung rechtzeitig
zu entziehen." 2)
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