Der Weltkrieg am 27. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Englischer Gegenangriff bei Ypern zusammengebrochen

Großes Hauptquartier, 27. April.
Weltlicher Kriegsschauplatz:
In Flandern griffen die Engländer mit sehr starken Kräften die neue Linie unserer Stellungen nördlich und nordöstlich von Ypern an, die drei bis vier Kilometer südlich der bisherigen von dicht nördlich der d´Hout-Ferme am Yserkanal über St. Julien in Richtung auf s´Grafenstafel - Calais verläuft. Die Angriffe, die von der deutschen Artillerie südöstlich von Ypern teilweise im Rücken gefaßt wurden, brachen unter außergewöhnlich schweren Verlusten schon im Feuer vollständig zusammen.
Die durch die feindliche Artillerie gänzlich zusammengeschossenen Häuser von Lizerne sind von uns in der letzten Nacht geräumt worden; der unmittelbar örtlich davon auf dem linken Kanalufer gelegene Brückenkopf wird gehalten.
In den bisherigen Kämpfen bei Ypern haben unsere Truppen 50 Maschinengewehre erbeutet.
Den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt und Etappenhauptort Poperinghe, etwa zwölf Kilometer westlich von Ypern, haben wir mit sichtlichem Erfolge zu beschießen begonnen.
Im Argonnerwalde wurde nordöstlich von Vienne-le-Chateau ein nächtlicher französischer Angriff abgewiesen.
Auf den Maashöhen errangen wir auch gestern weitere Vorteile, trotzdem die Franzosen neue Kräfte heranzogen.
Feindliche Angriffe gegen unsere Combres-Stellung scheiterten. Ein heftiger Angriff im Aillywalde wurde von uns unter starken Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. Auch weiter östlich gewann der Feind keinen Boden. Im nächtlichen Nahkampfe arbeiteten wir uns im Priesterwalde erfolgreich vor.
Gegen unsere Stellung auf dem Hartmannsweilerkopf ging der Feind gestern Abend mehrere Male zum Angriff vor. Alle Angriffe mißglückten.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Ostlage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Bombenwürfe auf Oberndorf

Stuttgart, 27. April. (W. B.)
Heute Vormittag zwischen 9 und 10 Uhr flog ein französischer Doppeldecker von westlicher Richtung kommend über Oberndorf, umkreiste mehrmals die Stadt und warf vier Bomben ab. Davon fielen drei bei dem mittleren Werk, eine in der Nähe des oberen Werkes der Waffenfabrik Mauser nieder. Der Flieger wurde schon bei dem Anflug und dann bei dem Kreisen über der Stadt mit Geschütz- und Maschinengewehrfeuer beschossen. Durch Bombensplitter wurden sechs Personen der Zivilbevölkerung, darunter einige Arbeiter, getötet sieben schwer verletzt. Der Gebäude- und Materialschaden ist nur unerheblich. Der Betrieb wurde nicht gestört. Der Flieger entkam und flog in westlicher Richtung davon.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Einstellung der russischen Angriffe am Uzsoker Paß

Wien, 27. April.
Amtlich wird verlautbart:
An der ganzen Front keine besonderen Ereignisse. In manchen Abschnitten heftige Geschützkämpfe.
In den Karpathen haben die Russen ihre verlustreichen Angriffe gegen unsere Stellungen am Uzsoker Passe und in den östlich anschließenden Frontabschnitten zunächst wieder eingestellt.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Karte zum 1. Weltkrieg

Der türkische Heeresbericht:

Türkischer Sieg an den Dardanellen

Konstantinopel, 27. April. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt unterm 25. April mit:
Der Feind versuchte unter dem Schutz der Kriegsschiffe an vier Punkten der Westküste von Gallipoli zu landen, nämlich: an der Mündung des Sighin Dere, am Küstenstrich von Ari-Burun, westlich Kaba-Tepe, an der Küste von Teke-Burun sowie in der Umgebung Kumkalehs. Die feindlichen Truppen, die an dem Küstenstrich von Teke-Burun landeten, wurden durch einen Bajonettangriff der Türken ans Meer zurückgedrängt; die bei Ari-Burun ans Land gingen, versuchten vorzudringen, wurden jedoch durch den Angriff der Türken zum Rückzug gezwungen und wieder an die Küste gedrängt. Ein Teil der feindlichen Streitkräfte dieser Gegend mußte gestern Nacht eiligst auf einem Schiff entfliehen. Die Türken setzten heute ihre Angriffe an allen diesen Punkten erfolgreich fort. Zur selben Zeit näherte sich die Flotte der Meerenge, um von See aus eine Forcierung zu unternehmen, mußte sich aber vor unserem Feuer zurückziehen. Bei dem Kampf wurde ein feindliches Torpedoboot versenkt, ein anderes schwer beschädig. Es mußte nach Tenedos geschleppt werden. Heute unternahm der Feind vom Meere aus keinen Versuch gegen die Dardanellen.

Konstantinopel, 27. April. (W. B.)
Ergänzung zum Bericht des Hauptquartiers:
Die feindlichen Truppen, die bei Kumkaleh gelandet waren, wollten unter dem Schutze der Kriegsschiffe vorrücken. Aber trotz der heftigen Beschießung von allen Seiten führten unsere Truppen den Angriff mit Erfolg durch und drängten den Feind an die Küste zurück. Der Feind hatte 400 Tote; wir machten außerdem 200 Gefangene. Unsere Verluste sind unbedeutend. Eine Abteilung muselmanischer Soldaten, die mit den Franzosen an diesem Küstenstrich ausgeschifft wurden, gingen zu uns über. An der anderen Stelle vor Kaba-Tepe machten wir eine Anzahl Engländer und Australier zu Gefangenen, darunter einen Hauptmann und einen Leutnant.

Konstantinopel, 27. April. (W. B.)
Das Hauptquartier teilt mit:
Die Ufer von Sighin Dere, westlich von Sedd-ül-Bahr, sind vom Feinde gesäubert. Der Feind war in der Nähe von Kaba Tepe gelandet und bemühte sich unter dem Schutz des Feuers seiner Schiffe, sich in seinen Verteidigungsstellungen zu halten. Heute früh nahmen unsere Truppen die genannten Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, sich auf seine Front zurückzuziehen; wir fügten ihm außerordentlich schwere Verluste bei. Ein Teil des Feindes, der nach dem Meer zu flieht, flüchtet sich in seine Schaluppen und entfernt sich schleunigst. Diejenigen, die nicht fliehen können entfalten weiße Fahnen und ergeben sich in Massen. Wir haben festgestellt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von den Geschossen unserer Artillerie getroffen, vor Ari-Burun gesunken ist. Eine in letzter Stunde um 4 Uhr 30 Minuten eingetroffene Meldung besagt, daß die feindlichen Streitkräfte, welche auf vier Brigaden geschätzt werden, an der Küste von Kaba-Tepe ins Meer getrieben worden sind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Mast und havariertem Hinterschiff nach Tenedos geschleppt.
2)

 

Der französische Panzerkreuzer "Léon Gambetta"
Der französische Panzerkreuzer "Léon Gambetta"

Vernichtung des "Léon Gambetta"

Georg Ritter von Trapp

Brindisi, 27. April. (W. B.)
Meldung der "Agenzia Stefani":
Zwanzig Meilen von Kap Santa Maria di Leuca ist der französische Panzerkreuzer "Léon Gambetta" gestern Nacht von einem österreichischen Unterseeboot torpediert worden. Ein Teil der Besatzung wurde gerettet.

Brindisi, 27. April. (W. B.)
Meldung der "Agenzia Stefani":
In Anbetracht der dringlichen Notwendigkeit, den Schiffbrüchigen des französischen Kreuzers "Léon Gambetta" zu Hilfe zu kommen, sind italienische Torpedobootszerstörer und Schleppdampfer von Brindisi und Otranto zum Rettungswerk ausgesandt worden. Nach den bisherigen Feststellungen wurden von der Besatzung 108 Mann gerettet.

Wien, 27. April. (W. B. )
Das Flottenkommando veröffentlicht folgende amtliche Mitteilung:
Unterseeboot VI, Kommandant Linienschiffsleutnant Georg Ritter von Trapp, hat im Ionischen Meer den französischen Panzerkreuzer "Léon Gambetta" torpediert und versenkt. ("Léon Gambetta" ist keines der modernsten Schiffe der feindlichen Mittelmeerflotte - das Schiff stammt aus dem Jahre 1901 - aber mit seinen 12600 Tonnen und der Armierung von vier 19,4 Zentimeter- und acht 16,4 Zentimeterkanonen stellte der Panzerkreuzer doch eine beträchtliche Kampfkraft dar.)
2)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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