Der Weltkrieg am 14. Mai 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Deutsche Truppen vor Przemysl

Großes Hauptquartier, 14. Mai.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Starke englische Angriffe gegen unsere vor Ypern neu gewonnene Front scheiterten unter schwersten Verlusten für den Feind. An Straße Menin-Ypern gewannen wir in Richtung Hooge weiter Gelände. In der Gegend südwestlich Lille griff der Feind nach starker Artillerievorbereitung nur an einzelnen Stellen an. Alle Angriffe wurden abgewiesen.
An der Lorettohöhe und nördlich Arras verlief der Tag verhältnismäßig ruhig. Größere Angriffe des Feindes fanden nicht statt. Unsere Verluste bei der Wegnahme von Carency durch den Feind betragen 600-700 Mann.
Ein weiterer Angriffsversuch des Feindes, uns das nordwestlich Berry-au-Bac genommene Grabenstück wieder zu entreißen, scheiterte abermals. Zwischen Maas und Mosel brach ein feindlicher Vorstoß im Priesterwalde vor unseren Stellungen in unserem Feuer zusammen.
Die Insassen eines bei Hagenau zum Landen gezwungenen französischen Doppeldeckers wurden gefangengenommen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei Szawle sind die Kämpfe auch gestern noch nicht abgeschlossen worden. Nördlich des Njemen an der unteren Dubissa machten wir bei einem nächtlichen Vorstoß 80 Gefangene.
Westlich Prasznysz gelangten Teile des 1. turkestanischen Armeekorps nach viermaligem vergeblichen Ansturm bis in unsere vorderen Gräben, am Abend war der Feind überall wieder hinausgeworfen, er hat schwere Verluste erlitten. 120 Gefangene blieben in unserer Hand.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Vortruppen der Armeen des Generalobersten v. Mackensen stehen vor Przemysl und am linken Ufer des unteren San. Rechts und links anschließend setzten die verbündeten Truppen die Verfolgung in Richtung Dolina-Dobromil einerseits und über Polaniec (an der Weichsel)- Kielce anderseits fort.
Auch von Kielce bis zur Pilica bei Inowlodz haben die Russen ihre Stellungen nicht zu halten vermocht und sind im schleunigen Abzug nach Osten.

    Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der weitere Verlauf der Kämpfe in Galizien

Berlin, 14. Mai.
Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über den weiteren Verlauf der Operationen der Verbündeten in Westgalizien folgendes geschrieben:
Als am 6. Mai die Armee Mackensen die Wisloka überschritten und die erzherzogliche Armee nach der Einnahme von Tarnow den Feind zur Räumung der ganzen Dunajeclinie bis zur Weichselmündung gezwungen hatte, konnte die Durchbruchsschlacht von Gorlice -Tarnow als beendet angesehen werden. Auf einer Frontbreite von 160 Kilometern war der Feind im Rückzuge, die durchbrochenen Stellungen der Russen lagen schon 30 Kilometer hinter dem Sieger, der auf der ganzen Linie die Verfolgung aufgenommen hatte. Diese zeitigte auf der weiten Front die schönsten Früchte. Am 6. Mai, nachmittag, stellte das im Anschluß an den rechten Flügel Mackensens vorgehende österreichische Korps in dem Karpathendorfe Thalwa die russische 48. Division, machte dabei einen General, einen Obersten und gegen 3000 Mann zu Gefangenen und nahm dieser Division 16 Feldkanonen, 6 ganz neue Feldhaubitzen, zahlreiche Munitionswagen und Kriegsgerät aller Art ab. Am 7. Mal erschienen die Reste dieser Division auf der Höhe von Hyrowa Gora vor den Truppen des Generals v. Emmich. Von einem deutschen Parlamentär aufgefordert sich zu ergeben, erklärte der Divisionskommandeur, dies könne er nicht tun, legte sein Kommando nieder und verschwand mit seinem Stabe in den Wäldern. 3000 Mann ergaben sich hierauf dem Korps Emmich. Nach viertägigem Umherirren in den Karpathen ergab sich General der Infanterie Kornilow am 12. Mal samt seinem ganzen Stabe einem österreichischen Truppenteile. Am 8. Mai hatte die österreichische dritte Armee Boroevis bereits 12000 Gefangene in ihren Händen. General v. Emmich konnte an diesem Tage 4500 melden. Eine schwache ungarische Eskadron hatte schon am 6. Mai, unterstützt von einer deutschen Radfahrerabteilung, 3 russische Eskadrons aus Krosno hinausgeworfen und damit den ersten Wislokübergang (nicht zu verwechseln mit der Wisloka) in die Hand genommen. In der Stadt wurde Sanitätsmaterial und Verpflegung erbeutet. In engster Zusammenarbeit mit deutschen Truppen wurden dem Feinde am 8. Mai auch die das Ostufer des Wislok beherrschenden Höhen entrissen. Die Garde fand auf ihrem Vormarsch zum Wislok 9 russische Geschütze und 21 Munitionswagen, die der Feind auf seiner eiligen Flucht stehen gelassen hatte. Die Besatzung von Odrzykon, die der Garde den Übergang über den Fluß streitig machen sollte, ergab sich. Die Zahl der Gefangenen betrug am 8. Mai 3000. Am nächsten Tage ergaben sich einem Garderegiment, das bei Tropie überraschend einer feindlichen Nachhut in den Rücken gekommen war, 12 Offiziere, 3000 Mann und 6 Geschütze, zu dieser Tagesbeute traten an anderer Stelle 2000 weitere Gefangene, 8 Maschinengewehre, 1 Geschütz und mehrere gefüllte Patronenwagen. Bei der Armee des Erzherzogs stieg die Gefangenenzahl bis zum 9. Mai abends auf 20000 Mann. Vor der Armee Boroevic ging der Feind aus den Karpathen eiligst in nordöstlicher Richtung zurück. Er hatte also auch seine anfänglich bestandene Absicht, die Wisloklinie zu halten, unter dem Druck der unaufhaltsamen Verfolgung der Verbündeten aufgeben müssen. Wenn es am 9. und 10. Mai bei der Armee Mackensen noch zu einem größeren russischen Angriffe kam, so erfolgte dieser nur, um überhaupt noch den Abzug auf der langen Karpathenfront in Fluß halten zu können. In der Gegend von Sanok zogen die Russen zwei eilig zusammengeraffte Divisionen zusammen, mit denen sie am 9. und 10. Mai zum Angriff auf Besko und die dortigen Höhen schritten, während sie weiter nördlich etwa eine Division, dabei zwei Regimenter der Festungsbesatzung von Przemysl zu einem Gegenstoß gegen österreichisch-ungarische Truppen ansetzten. Das Ergebnis dieses letzteren in Richtung Krosno geführten Angriffs war ein völliges Mißlingen, wobei einem der aus Przemysl gekommenen Regimenter 1800 Gefangene und 20 Maschinengewehre abgenommen wurden. Die russischen Angriffe auf Besko endeten mit schwerer russischer Niederlage. Nachdem der Ansturm abgeschlagen war, 500 tote Russen vor der Front lagen, gingen die Truppen des Generals v. Emmich zum Angriff über. Völlig geschlagen, wichen die Russen nunmehr eiligst auf Sanok zurück, wobei die Verfolgung durch die Kavallerie der Verbündeten große Ergebnisse zeitigte. An vielen Stellen ergaben sich die Russen, so vor allem auf den Höhen und in den Wäldern südlich Besko. Das Kampffeld bot hier noch in den nächsten Tagen ein düsteres Bild. In ununterbrochener Reihe zogen sich hier die stark ausgebauten russischen Schützenlöcher hin. In jedem dieser vielen Hunderten von Löchern lag, teilweise noch horizontal angeschlagen, je ein Gewehr mit dem aufgepflanzten Bajonett, in der Brustwehr waren umgekehrt eingesteckte Gewehre zu sehen, an deren Schaft weiße Fetzen gebunden waren. So hatten ganze Bataillone kapituliert. 6200 Gefangene, 6 Geschütze, 7 Munitionswagen fielen in die Hand der dort siegreichen Truppen der Verbündeten. Die Russen waren jetzt im vollen Rückzuge nach dem unteren San. Die ganze achte russische Armee räumte die Karpathen, aber auch nördlich der Weichsel wichen die Russen von der Nida in östlicher Richtung zurück. Die Wirkung des gelungenen Durchbruchs machte sich jetzt bereits auf einer Frontbreite von über 300 Kilometern geltend. Während die Nachbararmeen ihren Rückzug noch in verhältnismäßiger Ordnung vollziehen konnten, hatte die Auflösung der Reste der entscheidend geschlagenen Armee Radko Dimitriews einen hohen Grad erreicht. Völlig durcheinandergeraten wälzten sich deren Reste in nordöstlicher Dichtung zurück. Die 49. russische Division vermochte von ihrem ganzen Bestande nur mehr 4 Geschütze zu retten, eine kaukasische Division brachte von 36 Kanonen noch 9 zurück. Dazu waren die russischen Verbände völlig durcheinander geraten, da die Befehlsführung und die Aufrechterhaltung der Verbindung der Truppenteile untereinander gänzlich versagt hatte. Das rechte Flügelkorps der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand stellte an einem einzigen Verfolgungstage Gefangene von 51 verschiedenen russischen Regimentern fest. Am Abend des 10. Mai war die Gesamtzahl der Gefangenen, die die verbündeten Heere in Westgalizien gemacht hatten, auf über 100000 gestiegen, die Zahl der genommenen Geschütze betrug etwa 80, die der erbeuteten Maschinengewehre über 250. 
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Die "Lusitania"
Die "Lusitania"

Der amtliche Bericht über den Untergang der "Lusitania"

Berlin, 14. Mai. 
Aus dem Bericht des Unterseeboote, das die "Lusitania" zum Sinken gebracht hat, ergibt sich folgender Sachverhalt: Das Boot sichtete den Dampfer, der keine Flagge führte, am 7. Mai, 2 Uhr 20 Minuten mitteleuropäische Zeit nachmittags, an der Südküste Irlands bei schönem, klarem Wetter. Um 3 Uhr 10 Minuten gab es einen Torpedoschuß auf "Lusitania" ab, die an Steuerbordseite in Höhe der Kommandobrücke getroffen wurde. Der Detonation des Torpedos folgte unmittelbar eine weitere Explosion von ungemein starker Wirkung. Das Schiff legte sich schnell nach Steuerbord über und begann zu sinken. Die zweite Explosion muß auf eine Entzündung der im Schiffe befindlichen Munitionsmengen zurückgeführt werden.

Der Stellvertretende Chef des Admiralstabes.
 gez. Behncke. 
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der Rückzug der Russen über den San

Wien, 14. Mai, mittags. 
Amtlich wird verlautbart: 
Der Rückzug des Feindes in Russisch-Polen dauert fort, er übergreift auch auf die Abschnitte der bisherigen Pilicafront. Von östlich Petrikau bis zur oberen Weichsel verfolgen die verbündeten Armeen Woyrsch und Dankl den zurückgehenden Gegner. Ihre Truppen haben im Berglande nordöstlich Kielce Fuß gefaßt.
Vor der Armee Erzherzog Josef Ferdinand ziehen sich die Russen in Mittelgalizien über den San zurück und weichen aus dem Raume Dobromil-Stary Sambor vor den Têten der Armeen Boroevic und Boehm-Ermolli in nordöstlicher Richtung. Unsere Truppen haben die Höhen südwestlich Dobromil und Stary Sambor unter Nachhutkämpfen erreicht.
Dem allgemeinen Vorgehen haben sich nun auch die verbündeten Truppen der Armee Linsingen angeschlossen, die über Turka und Skole vordringen.
Die Schlacht in Südostgalizien dauert an. Starke russische Kräfte sind bis über Obertyn bis nördlich Smatyn und bis Mahala vorgedrungen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der 1. Weltkrieg im Mai 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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