Der Weltkrieg am 1. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Drei Forts von Przemysl durch die Bayern erstürmt - Stryj von der Armee Linsingen erobert - Bomben auf den Londoner Werften und Docks


v. Linsingen

Graf Bothmer

Großes Hauptquartier, 1. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Nach ihrer Niederlage südlich von Neuville am 30. Mai versuchten die Franzosen weiter nördlich gestern einen neuen Durchbruch. Ihr Angriff, der sich in einer Frontbreite von 2 ½ Kilometer gegen unsere Stellungen zwischen Straße Souchez-Béthune und Carency-Bach richtete, brach meist schon in unserem Feuer unter großen Verlusten zusammen, nur westlich Souchez kam es zum Nahkampf, in dem wir Sieger blieben.
Im Priesterwalde gelang es unseren Truppen, die vorgestern verlorenen Grabenstücke größtenteils zurückzuerobern. Der Feind hatte wieder sehr erhebliche Verluste.
Auf den übrigen Frontabschnitten hatte unsere Artillerie einige erfreuliche Erfolge. Durch einen Volltreffer im französischen Lager südlich Mourmelon-le-Grand rissen sich 300-400 Pferde los und stoben nach allen Seiten auseinander. Zahlreiche Fahrzeuge und Automobile eilten schleunigst davon. Nördlich St.-Ménéhould und nordöstlich Verdun flogen feindliche Munitionslager in die Luft. Als Antwort auf die Bewerfung der offenen Stadt Ludwigshafen belegten wir heute nacht die Werften und Docks von London ausgiebig mit Bomben.
Feindliche Flieger bewarfen heute nacht Ostende, beschädigten einige Häuser, richteten aber sonst keinen Schaden an.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei Amboten, 50 Kilometer östlich Libau, schlug deutsche Kavallerie das russische 4. Dragonerregiment in die Flucht. In Gegend Szawle waren feindliche Angriffe erfolglos.
Die Maibeute beträgt: 
Nördlich des Njemen 24700 Gefangene, 16 Geschütze, 47 Maschinengewehre, zwischen Njemen und Pilica 6943 Gefangene, 11 Maschinengewehre, 1 Flugzeug.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Auf der Nordfront von Przemysl sind gestern die Forts 10a, 11 a und 12 (bei und westlich Dunkowiczki gelegen) mit 1400 Mann vom Rest der Besatzung und einer Bestückung von 2 Panzern, 18 schweren und 5 leichten Geschützen durch bayerische Truppen stürmender Hand genommen. Die Russen suchten das Verhängnis durch Massenangriffe gegen unsere Stellungen östlich Jaroslau abzuwenden. Alle Anstrengungen blieben erfolglos. Ungeheuere Mengen Gefallener bedecken das Schlachtfeld vor unserer Front.
Von der Armee des Generals v. Linsingen haben die Eroberer des Zwinin - Gardetruppen, Ostpreußen und Pommern unter der Führung des bayerischen Generals Grafen Bothmer - den stark befestigten Ort Stryj gestürmt und die russische Stellung bei und nordwestlich dieser Stadt durchbrochen. Bisher wurden 53 Offiziere, 9182 Mann gefangen, 8 Geschütze und 15 Maschinengewehre erbeutet. 

    Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 1. Juni.
Amtlich wird verlautbart.
Russischer Kriegsschauplatz:
Die östlich des San vorgedrungenen verbündeten Truppen wurden heute nacht an der ganzen Front von starken russischen Kräften angegriffen. Besonders an der unteren Lubaczowka versuchten der Zahl nach überlegene feindliche Kräfte vorzustoßen. Alle Angriffe wurden unter den schwersten Verlusten des Feindes zurückgeschlagen, der an mehreren Stellen in Auflösung zurückging. Auch am unteren San, flußabwärts Sienawa, scheiterten russische Angriffe.
An der Nordfront von Przemysl erstürmten unterdessen bayerische Truppen drei Werke des Gürtels, machten 1400 Mann zu Gefangenen, erbeuteten 28 schwere Geschütze, darunter 2 Panzergeschütze.
Südlich des Dnjestr sind gestern die verbündeten Truppen der Armee Linsingen in Fortsetzung des Angriffes in die feindliche Verteidigungsstellung eingedrungen, haben die Russen geschlagen und Stryj erobert. Der Feind ist im Rückzug gegen den Dnjestr; 53 Offiziere, über 9000 Mann Gefangene, 8 Geschütze, 15 Maschinengewehre fielen in die Hände der Sieger. Am Pruth und in Polen ist die Situation unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Der Geschützkampf auf dem Plateau von Folgaria-Lavarone, die kleineren Gefechte an der kärntnerischen Grenze und im Raume bei Karfreit dauern fort.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Vergeblicher feindlicher Angriff an der Dardanellenfront

Konstantinopel, 1. Juni. 
Bericht des türkischen Großen Hauptquartiers vom 31. Mai: 
An der Dardanellenfront griff der Feind gestern bei Ari Burun unseren rechten Flügel an, wurde aber mit Verlusten, die auf 100 Tote geschätzt werden, zurückgeschlagen. Andere Leichen von Feinden wurden in den Tälern bemerkt. Der Feind wollte gestern abend einen Teil der von ihm vorgestern verlorenen Schützengräben im Zentrum durch einen überraschenden Angriff wieder nehmen, wurde aber in seine alten Stellungen zurückgedrängt. Er ließ vor den genannten Schützengräben viele Tote, Waffen und Bomben zurück. Im Abschnitt von Sed-ül-Bahr wurde Infanterie- und Artilleriefeuer gewechselt. Auf den übrigen Fronten ereignete sich nichts Wichtiges. 
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Der Zeppelinangriff auf die Londoner Docks

London, 1. Juni. 
Das Londoner Pressebureau gibt bekannt: 
Über Ramsgate, Brentwood und einigen anderen Orten in unmittelbarer Nachbarschaft Londons wurden Zeppeline gesehen. Es brachen viele Brände aus, doch läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob die Brände mit dem Besuche der Luftschiffe im Zusammenhange stehen.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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