Der Weltkrieg am 22. Juli 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Iwangorod eng eingeschlossen - Die große Brückenkopfstellung vor Iwangorod erstürmt

Großes Hauptquartier, 22. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Im Westteil der Argonnen machten unsere Truppen weitere Fortschritte.
Lebhafte Artilleriekämpfe fanden zwischen Maas und Mosel statt.
Südlich Leintrey brachen französische Angriffe dicht vor den Hindernissen unserer Vorpostenstellungen zusammen.
In den Vogesen griff der Feind gestern südwestlich des Reichsackerkopfes sechsmal an, er wurde durch bayerische Truppen unter großen blutigen Verlusten zurückgeschlagen. Bei einem Gegenstoß gewannen wir das noch in Feindeshand befindliche Grabenstück zurück und machten 137 Alpenjäger (darunter 3 Offiziere) zu Gefangenen. Auch bei Sondernach wiesen wir abends einen feindlichen Angriff ab.
Ein feindlicher Doppeldecker stürzte im Feuer unserer Abwehrgeschütze in den Wald von Parroy ab. Im Luftkampf über dem Münstertal blieben drei deutsche Flieger über drei Gegner Sieger und zwangen auf der Verfolgung zwei von ihnen zur Landung im Thannertal.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Nordöstlich Szawle machten unsere konzentrisch vorgehenden Truppen unter erfolgreichen Kämpfen 4150 Gefangene. Außerdem fielen ihnen 5 Maschinengewehre, viele Bagagen und ein Pionierpark zur Beute.
Der Durchbruch an der unteren Dubissa führte die deutschen Stoßgruppen bis in die Gegend von Grynkiszky-Gudziuny. Auf dem Wege dorthin wurden mehrere feindliche Stellungen gestürmt. Die Russen weichen auf der ganzen Front. Vom Rakiewosee bis zum Njemen südlich der Straße Mariampol-Kowno vergrößerten wir die entstandene Lücke und gewannen weiter vordringend Gelände nach Osten. 4 Offiziere, 1210 Mann wurden gefangen genommen, 4 Maschinengewehre erobert.
Am Narew hat der Feind seine aussichtslosen Gegenstöße eingestellt.
Südlich der Weichsel sind die Russen in die erweiterte Brückenkopfstellung von Warschau, in die Linie Blonie-Nadarzyn-Gora-Kalwarja zurückgedrängt worden.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die deutschen Truppen der Armee des Generalobersten v. Woyrsch vereitelten gestern durch kühnes Zufassen die letzten Versuche des Feindes, seine geschlagenen Truppen vorwärts Iwangorod zum Stehen zu bringen. Gegen Mittag war die große Brückenkopfstellung bei Lagow-Lugowa-Wola von unseren tapferen Schlesiern gestürmt; anschließend wurde der Feind unter Mitwirkung österreichisch-ungarischer Truppen auf der ganzem Front in die Festung geworfen, die nunmehr eng eingeschlossen ist. Nordwestlich von Iwangorod kämpfen österreichisch-ungarische Truppen noch auf dem Westufer der Weichsel; gestern wurden über 3000 Gefangene gemacht und 11 Maschinengewehre erobert.
Zwischen Weichsel und Bug nimmt die Schlacht unter Oberleitung des Generalfeldmarschalls v. Mackensen ihren Fortgang. Südwestlich von Lublin machten österreichisch-ungarische Truppen weitere Fortschritte; zwischen Siennicka-Wola (südlich von Rejowiec) und dem Bug wurden breite Abschnitte der feindlichen Stellung gestürmt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der russische Rückzug über die Weichsel - Verzweifelte Angriffe der Italiener im Görzischen

Wien, 22. Juli, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Raum westlich der Weichsel war gestern abermals der Schauplatz großer Erfolge der Verbündeten. Die feindliche Hauptstellung, die westlich und südlich Iwangorod in der Linie Kozienice-Janowiec angelegt und festungsartig ausgestaltet war, wurde beiderseits der Straße Radom-Nowo-Aleksandria von deutschen Truppen durchbrochen. Die Russen wichen nach Iwangorod und auf das rechte Weichselufer. Ihr Rückzug über die Brücke von Nowo-Aleksandria stand bereits unter dem Feuer der deutschen Artillerie. Österreichisch-ungarische Truppen nahen sich kämpfend von West, deutsche von Süd den Forts von Iwangorod. Zahlreiche Ortschaften westlich der Weichsel wurden von den fliehenden Russen in Brand gesteckt. Östlich der Weichsel dauerten die Kämpfe in unverminderter Heftigkeit fort. Der Feind leistet den zähesten Widerstand. Bei Chodel und Borzechow warfen Teile der Armee des Erzherzogs Ferdinand nach hartem Ringen die Russen aus mehreren Stellungen. Die Verluste des Gegners sind groß. Die Zahl der bei der Armee des Erzherzogs eingebrachten gestern gemeldeten Gefangenen wuchs auf 8000, die Beute auf 15 Maschinengewehre und 4 Munitionswagen.
Auch weiter östlich gegen den Bug hin brachen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen an mehreren Stellen in die feindlichen Linien ein. Am oberen Bug erstürmten ungarische Regimenter den Brückenkopf Dobrotwor nördlich Kamionka-Strumilowa.
An der Zlota-Lipa und am Dnjestr blieb die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Auch gestern wütete die Schlacht im Görzischen mit unverminderter Heftigkeit. Das Plateau von Doberdo stand tagsüber bis zur Küste unter besonders schwerem Artilleriemassenfeuer. Die tapferen Verteidiger hielten stand und schlugen alle Anstürme des Feindes glänzend ab. In dem Abschnitt von Monte Cosich bis Polazzo schoben sich die Italiener bis zum Abend näher an unsere Stellungen heran. Nachts griffen sie zuerst bei Selz, dann in der ganzen Front zwischen diesem Orte und Vermigliano erneuert an. Heute frühmorgens waren alle Stürme blutig abgewiesen. Der brave ungarische Landsturm hat sich hier wieder heldenhaft bewährt. Mehrere Vorstöße des Gegners bei Polazzo waren schon gestern unter tags zusammengebrochen. Östlich Sdraussina schritten unsere Truppen heute früh zum Gegenangriff und bemächtigten sich aller ihrer früheren Stellungen. Der Feind ist hier im Rückzuge. Am Nordwestrande des Plateaus wird erbittert weiter gekämpft. Gegen den Görzer Brückenkopf brachten die Italiener namentlich in der Richtung gegen Podgora immer neue Kräfte in die Schlacht. Zehn Infanterieregimenter griffen hier nacheinander vergebens an. Fast immer führte der Kampf zum Handgemenge. Die Stürme scheiterten gestern vor unseren Hindernissen. In einzelne Grabenstücken gelang es dem Feinde einzudringen, nachts wurde er wieder hinausgeworfen. Ebenso scheiterten Angriffe schwächerer mit Gasbomben bewehrter Kräfte bei Pevna. Auch zwei Vorstöße je eines Regiments auf den Monte Sabotino wurden unter flankierender Mitwirkung unserer Artillerie blutig abgeschlagen.
Unsere mit einzig dastehender Begeisterung und Zähigkeit fechtenden Truppen haben somit nach viertägiger Schlacht ihre Stellungen sowohl am Plateau von Doberdo als auch am Görzer Brückenkopf behauptet. Der Kampf ist jedoch noch nicht abgeschlossen.
Bei Plawa, Tolmein und weiter nördlich unterhielt der Feind gestern ein lebhaftes Artilleriefeuer. Die Gefechte im Krngebiete dauern fort. Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete ist die Lage unverändert.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Der Kampf an der Dardanellenfront

Konstantinopel, 22. Juli.
Am 20. Juli abends versuchte der Feind einen durch Bombenwürfe vorbereiteten Bajonettangriff gegen unseren linken Flügel; seine Reihen wurden aber durch unser Feuer gelichtet und kehrten in ihre Stellungen zurück. Bis zum Morgen erneuerte er seinen Versuch dreimal; wir warfen ihn aber immer wieder zurück und trieben ihn mit schweren Verlusten bis in seine Stellungen. Bei Sed ul Bahr beschoß der Feind am 20. Juli nachmittags unseren linken Flügel zwei Stunden lang vergeblich. In der Nacht zum 21. wiederholte er die Beschießung, indem er unseren rechten Flügel mit Leuchtkugeln und Scheinwerfern beleuchtete, ohne Wirkung; wir hielten es für überflüssig zu antworten. In derselben Nacht verursachten unsere Batterien bei Kum Kaleh durch Feuerüberfall auf das feindliche Lager bei Sed ul Bahr eine große Explosion und einen zwei Stunden dauernden Brand in dem feindlichen Munitionsmagazin. Am 21. Juli beschossen wir das Lager und die Artilleriestellungen bei Mortoliman wirksam, der Feind erwiderte wirkungslos.
An der Front im Irak versuchte der Feind, um seine Niederlage zu verschleiern, Demonstrationen durch abgezweigte Truppen, welche wir mühelos abwehrten.

 

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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