Der Weltkrieg am 2. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Einnahme von Mitau

Großes Hauptquartier, 2. August. 
Westlicher Kriegsschauplatz:
Im Westteil der Argonnen setzten wir uns durch einen überraschenden Bajonettangriff in Besitz mehrerer feindlicher Gräben, nahmen dabei 4 Offiziere, 142 Mann gefangen und erbeuteten 1 Maschinengewehr.
Am Abend griffen die Franzosen in den Vogesen abermals die Linie Schratzmännle - Barrenkopf an. Die ganze Nacht hindurch wurde dort mit Erbitterung gekämpft. Der Angreifer ist zurückgeworfen. Auch am Lingekopf sind erneut Kämpfe im Gange.
An verschiedenen Stellen der Front sprengten wir mit Erfolg Minen.
Südlich von Ban de Sapt schoß unsere Artillerie einen französischen Fesselballon herunter. Ein Kampfflieger zwang bei Longemer (östlich von Gérardmer) ein feindliches Flugzeug zur Landung.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Mitau wurde gestern von unseren Truppen nach Kampf genommen. Die Stadt ist im allgemeinen unversehrt.
Östlich von Poniewiez haben sich Kämpfe entwickelt, die einen für uns günstigen Verlauf
nehmen. Nordöstlich von Suwalki wurde die Höhe 186 (südöstlich von Kaletnik) erstürmt. Nordwestlich von Lomza erreichten unsere Truppen, nachdem an verschiedenen Stellen zäher russischer Widerstand gebrochen war, den Narew. 1 Offizier, 1003 Mann wurden von uns gefangen genommen.
Auf der übrigen Front bis zur Weichsel ging es vorwärts. 560 Gefangene, dabei 1 Offizier,
wurden eingebracht.
Vor Warschau ist die Lage unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich anschließend an die am 31. Juli eroberten Höhen bei Podzamcze drangen gestern Truppen des Generalobersten v. Woyrsch unter heftigen Kämpfen durch das Waldgelände nach Osten vor. Der weichende Feind verlor 1500 Mann an Gefangenen und 8 Maschinengewehre.
Vor Iwangorod lieferten österreichisch-ungarische Truppen siegreiche Gefechte; der Halbkreis um die Festung zieht sich enger.
Bei den Armeen des Generalfeldmarschalls v. Mackensen hält der Feind noch zwischen Weichsel und der Gegend südwestlich von Lenczna; deutsche Truppen errangen neue Erfolge östlich von Kurow; sie machten 600 Gefangene. Zwischen Lenczna und Zalin (nordöstlich von Cholm) schreitet der Verfolgungskampf vorwärts.
Am Bug erreichten wir die Gegend nördlich Dubienka. Österreichisch-ungarische Truppen dringen südwestlich von Wladimir-Wolynskij über den Bug vor.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Trinitatiskirche in Mitau

Trinitatiskirche in Mitau

Straße in Mitau

Straße in Mitau

Das Herzogliche Schloß in Mitau

Das Herzogliche Schloß in Mitau

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Umzingelung von Iwangorod

Wien, 2. August.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Bei Damaszow, gegenüber der Radomkamündung, errangen unsere Verbündeten gestern neue Erfolge.
Westlich Iwangorod haben unsere siebenbürgischen Regimenter dem Feinde acht etagenförmig angelegte betonierte Stützpunkte mit dem Bajonett entrissen. Vier dieser Werke wurden allein von dem größtenteils aus Rumänen bestehenden Infanterieregiment Nr. 50 erobert. Der Halbkreis um Iwangorod verengte sich beträchtlich. Wir nahmen 15 Offiziere und über 2300 Mann gefangen und erbeuteten 29 Geschütze, darunter 21 schwere, ferner 11 Maschinengewehre, einen großen Werkzeugpark und viele Munition und Kriegsmaterial. Unsere bewährten siebenbürgischen Truppen dürfen diesen Tag zu den schönsten ihrer ehrenvollen Geschichte zählen.
Unmittelbar östlich der Weichsel erstürmte eine unserer Divisionen die Eisenbahnstation Nowo-Alexandrija und einige zunächst gelegene Positionen. Bei Kurow drangen deutsche Truppen, nachdem sie gestern zwei feindliche Linien genommen, in eine dritte ein.
Weiter östlich bis zum Wieprz hält der Feind noch seine Stellungen.
Zwischen Wieprz und Bug wird die Verfolgung fortgesetzt. Unsere zwischen Sokal und Krylow über den Bug gegangenen Truppen rücken in der Richtung Wladimir-Wolynskij vor.
In Ostgalizien ist die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Front wurde eine feindliche Abteilung im Ledrotale, westlich Bezzecca, überfallen und unter großen Verlusten zurückgeworfen. In den Judikarien vertrieben unsere Patrouillen zwei italienische Beobachtungsposten, die sich auf den Höhen nordwestlich Condino eingenistet hatten.
Im Kärntner Grenzgebiet hat sich nichts Wesentliches ereignet.
Im Küstenlande herrscht in den nördlichen Abschnitten größtenteils Ruhe.
Am Plateau hält der Geschützkampf an. Die gegen unsere Stellungen östlich Polazzo geführten starken italienischen Angriffe wurden durch einen Gegenangriff der unsere Infanterie bis über die ursprünglichen Stellungen hinausführte, vollständig zurückgeschlagen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Petersburg, 2. August.
In der Duma hielt Sasonow eine Rede, in der er u. a. sagte:
Die Familie unserer Freunde und Verbündeten hat sich um einen neuen Teilnehmer vergrößert, nämlich um Italien (lebhafter, anhaltender Beifall), dessen Volk seit langer Zeit danach strebte, seine Mitbürger vom fremden Joche zu befreien. Das Ministerium Salandra bereitete im Laufe der ersten Kriegsmonate sorgfältig seinen Eintritt in die Aktion vor, und als die Stunde kam, schloß es sich Rußland, Frankreich und England im Namen der Verwirklichung der Ideale des italienischen Volkes an. Ich ergreife mit Freuden den Anlaß, mit Ihnen das verbündete Italien zu begrüßen. (Bravo!) Unsere gegenwärtigen Bundesbeziehungen zu Japan sollen die Vorläufer zu einem noch festeren Bündnis bilden. (Bravorufe, Beifall.) Die Rede endete wie folgt: "Zum Schluß will ich Ihnen sagen, dass, wenn nach einem Jahre Krieg die Ergebnisse solcher Bemühungen als nicht ihrer ungeheuren Größe entsprechend erscheinen könnten, man nicht vergessen soll, daß die Bürgschaft des Sieges in unserer Festigkeit und Zähigkeit liegt. Ich kann mit voller Sicherheit erklären, daß die Regierung im engen Verein mit der öffentlichen Meinung nicht daran denken wird, Frieden zu schließen vor der endgültigen Vernichtung des Feindes. (Lang anhaltender Beifall.) Unsere treuen Verbündeten sind von derselben unerschütterlichen Festigkeit beseelt. (Beifall.) Endlich gibt es Notwendigkeiten, die von unserem Willen unabhängig sind und unaufhaltsam durch den historischen Gang der Ereignisse vorwärts getrieben werden. Das müssen wir berücksichtigen. Der Krieg, der uns vor einem Jahre aufgezwungen wurde, hat Probleme aufgeworfen, die uns im Juli 1914 nur als ferne Träume erschienen. Diese Probleme, die uns jetzt so klar sind, daß es überflüssig ist, sie genauer zu bezeichnen, verlangen von uns die Entwicklung aller unserer Kräfte, denn wir sind vor ganz Rußland verpflichtet, sie zu lösen. Wir können nicht darauf verzichten. Deshalb, wie auch die vorübergehenden Prüfungen sein mögen, die wir durchmachen, wir müssen beständig in unserem Entschluß bleiben, den Feind bis zum Siege zu bekämpfen, und bis dahin behalten wir den festen Glauben an den endgültigen Sieg unserer gerechten Sache." (Lang anhaltender Beifall.)

 

Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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