Der Weltkrieg am 10. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Höhen bei Pieski erstürmt

Großes Hauptquartier, 10. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich von Souchez wurde ein vorgeschobener französischer Graben genommen und eingeebnet. Die Besatzung fiel bis auf einige Gefangene im Bajonettkampf. In den Vogesen wurden nahe vor unseren Stellungen am Schratzmännle und Hartmannsweilerkopf liegende Gräben gestürmt und dabei 2 Offiziere, 109 Mann gefangengenommen, 6 Maschinengewehre, 1 Minenwerfer erbeutet. Ein Gegenangriff am Schratzmännle wurde blutig abgewiesen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
In Gefechten südöstlich von Friedrichstadt und bei Wilkomierz machten unsere Abteilungen einige hundert Gefangene; sonst ist die Lage zwischen der Ostsee und dem Njemen bei Merecz im wesentlichen unverändert.
Bei Skidel und am Zelwiankaabschnitt ist der Kampf noch im Gange. Die Höhen bei Pieski (an der Zelwianka) wurden gestürmt; im Laufe des Tages sind 1400 Gefangene eingebracht und 7 Maschinengewehre erbeutet.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Die Heeresgruppe ist im Angriff gegen feindliche Stellungen an der oberen Zelwianka und östlich der Rozanka. Olszancka ist genommen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Unsere Verfolgungskolonnen nähern sich dem Bahnhof Kossow (an der Straße von Kobryn nach Milowidy).
Beiderseits der Bahn nach Pinsk erreichten wir die Linie Tulatycze - Gwzicze.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Deutsche Truppen warfen die Russen aus Bucniow (am Sereth südlich von Tarnopol). Südwestlich von Bucniow und bei Tarnopol sind heftige feindliche Angriffe abgeschlagen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Erfolg des Luftschiffangriffs auf die englische Ostküste

Berlin, 10. September.
Wie wir an zuständiger Stelle erfahren, sind beim Angriff unserer Marineluftschiffe auf die City von London in der Nacht vom 8. zum 9. September insbesondere die Stadtteile um den Holbornviadukt herum getroffen worden. Zahlreiche umfangreiche Einstürze und gewaltige Brände konnten von den Luftschiffen, da die Verhältnisse für die Beobachtung äußerst günstig waren, einwandfrei festgestellt werden.
Bei Norwich wurde eine große Industrieanlage im Südwesten der Stadt ausgiebig mit Bomben belegt, worauf mehrere langanhaltende Explosionen und Brände beobachtet wurden.
Bei Middlesborough wurden hauptsächlich die Hafenanlagen und die Hochofenwerke an der Bahn Southbank-Redcar mit Bomben belegt. Auch hier konnte guter Erfolg festgestellt werden.
Die amtliche englische Berichterstattung verschweigt aus naheliegenden Gründen, wie üblich, die bedeutenden materiellen Erfolge der deutschen Luftangriffe und beschränkt sich im wesentlichen auf die Angabe einer willkürlich gegriffenen Zahl von Menschenverlusten.
1)

 

Ein deutsches Marineluftschiff über Baltisch-Port

Berlin, 10. September.
In der Nacht vom 9. zum 10. September hat eines unserer Marineluftschiffe auf den russischen Flottenstützpunkt Baltisch -Port und auf seine Eisenbahnanlagen eine Anzahl Bomben mit gutem Erfolge geworfen. Das Luftschiff wurde vom Gegner mehrfach wirkungslos beschossen und ist unbeschädigt zurückgekehrt.

Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Eine amtliche deutsche Erklärung zur Versenkung der "Arabic"

Berlin, 10. September.
Als Anlage eines kurzen Anschreibens in Notenform ist dem hiesigen amerikanischen Botschafter eine Aufzeichnung übergeben worden, in der es u. a. lautet: "Nach seinen Instruktionen durfte der Kommandant die "Arabic" ohne Warnung und ohne Rettung der Menschenleben nur dann angreifen, wenn das Schiff entweder einen Fluchtversuch machte oder Widerstand leistete. Aus den Begleitumständen mußte er aber den Schluß ziehen, daß die "Arabic" einen gewaltsamen Angriff auf das Unterseeboot plante. Daß durch das Vorgehen des Kommandanten Menschenleben verloren gegangen sind, bedauert die deutsche Regierung auf das lebhafteste; insbesondere spricht sie dieses Bedauern der Regierung der Vereinigten Staaten wegen des Todes amerikanischer Bürger aus. Eine Verpflichtung, hierfür Schadenersatz zu leisten, vermag sie indes selbst für den Fall nicht anzuerkennen, daß der Kommandant sich über die Angriffsabsicht der "Arabic" geirrt haben sollte." Die deutsche Regierung erklärt sich aber bereit, diesen Punkt dem Haager Schiedsgericht zu unterbreiten; dabei setzt sie als selbstverständlich voraus, daß der Schiedsspruch nicht etwa die Bedeutung haben soll, eine generelle Entscheidung über die völkerrechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des deutschen Unterseebootkrieges zu treffen.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Heftige Kämpfe am Sereth

Wien, 10. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die im Raume westlich von Rowno kämpfenden russischen Kräfte wurden über die Stubielniederung geworfen. Unsere von Zalosce vorbrechenden Truppen drängten den Feind in der Richtung gegen Zbaraz zurück. Bei Tarnopol schlugen österreichisch-ungarische und deutsche Bataillone mehrere russische Angriffe zurück. Unsere Verbündeten nahmen das Dorf Bocniow. Westlich des mittleren Sereth traten neuerlich feindliche Verstärkungen ins Gefecht; es wird dort heftig gekämpft. Östlich der Serethmündung und an der beßarabischen Grenze herrscht Ruhe. Die k. und k. Streitkräfte in Litauen haben das breite Sumpfgebiet der Jasiolda und der Orla überschritten und kämpfend den Raum südöstlich von Rozany gewonnen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern, nachmittags und abends, griffen die Italiener den Tolmeiner Brückenkopf mehrmals heftig an, wurden jedoch jedesmal unter schweren Verlusten an unseren Hindernissen zurückgeschlagen. Im Abschnitte von Doberdo wiesen unsere Truppen die üblichen Annäherungsversuche des Feindes wie immer ab. Die Gesamtlage ist unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See:
Gestern wurde bei einer Rekognoszierung unser Torpedoboot "51" von einem feindlichen Unterseeboot torpediert und am Bug beschädigt. Das Torpedoboot ist in seinen Basishafen eingelaufen.

Flottenkommando. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 10. September.
An der Dardanellenfront in den Abschnitten von Anaforta und Ari Burun nichts von Bedeutung. Unsere Artillerie traf das Deck eines feindlichen Torpedobootes, welches unseren linken Flügel beschoß, sich darauf aber sofort entfernte. Unsere Truppen auf diesem Flügel besetzten einen Schützengraben, der sich der feindlichen Linie allmählich nähert und dessen Bau am 9. September beendigt worden war. Unsere Küstenbatterien jagten zwei feindliche Torpedobootszerstörer in die Flucht, welche sich der Einfahrt der Meerenge näherten und unseren linken Flügel beschossen; dieselben Batterien beschossen erfolgreich die feindlichen Infanteriestellungen bei Sed ül Bahr und eine feindliche Gruppe am Landungsplatze von Mortoliman und zerstreuten sie. An der Irakfront fanden zwischen dem 2. und 8. September nördlich von Kornavier Zusammenstöße zwischen unseren Truppen und dem Feinde statt. Unsere Truppen machten auch einen nächtlichen Überfall. Gelegentlich dieser Gefechte wurden 4 feindliche Offiziere, darunter ein Bataillonskommandeur, und 100 Soldaten getötet, 50 verwundet und 100 Pferde getötet. Unsere Verluste betragen 4 Tote, 9 Verwundete. Eine unserer Abteilungen ging bis in die Nähe der feindlichen Motorboote vor und zwang sie zur Flucht. Am 8. September überraschten unsere Truppen bei Kala at ul Nedjim ein feindliches Barackenlager, zwangen den Feind zur Flucht, brannten alle Baracken nieder und erbeuteten das Feldtelephonmaterial.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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