Der Weltkrieg am 9. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Siegreicher Angriff in den Argonnen -
Zeppelinangriff auf die Londoner Docks

Großes Hauptquartier, 9. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In den Argonnen brachen gestern nordöstlich von Vienne Le Château unsere Württemberger und Lothringer Regimenter zum Angriff vor. Die durch die Artillerie vortrefflich unterstützte stürmende Infanterie setzte sich auf eine Frontbreite von über 2 Kilometern und einer Tiefe von 300 bis 400 Metern in den Besitz der feindlichen Stellungen und mehrerer Stützpunkte, darunter des von den Franzosen vielgenannten Werkes Marie-Therese. 30 Offiziere, 1899 Mann wurden gefangengenommen, 48 Maschinengewehre, 54 Minenwerfer, 1 Revolverkanone erbeutet.
Während der Nacht von vorgestern zu gestern wurden in London die Docks sowie die sonstigen Hafenanlagen und deren Umgebung ausgiebig mit Spreng- und Brandbomben belegt. Die Wirkung war recht befriedigend. Unsere Luftschiffe sind trotz heftigster Beschießung ohne jeden Schaden zurückgekehrt.
Deutsche Flugzeuggeschwader griffen Nancy an.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Von der Ostsee bis östlich von Olita keine wesentliche Veränderung.
Zwischen Jesiory und dem Njemen wehrt sich der Gegner hartnäckig; unsere Truppen nähern sich Skidel. Südlich des Njemen entzog sich der Feind der Niederlage durch Rückzug hinter die Zelwianka; auf dem Westufer halten nur noch Nachhuten. Die Heeresgruppe machte 3550 Gefangene und erbeutete 10 Maschinengewehre.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Auch hier ist die Zelwianka an den meisten Stellen unter Kämpfen mit feindlichen Nachhuten erreicht; südlich von Rozana ist der Übergang über die Rozanka erzwungen. Österreichisch- ungarische Truppen gehen weiter durch den Wald nordöstlich von Sielec vor.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Bei Chomsk ist das Nordufer der Jasiolda gewonnen. Durch unser Vorgehen nach Norden gezwungen räumte der Gegner seine Stellungen bei Bereza-Kartuska.
Zwischen dem Sporowskiesee und dem Dniepr-Bugkanal haben wir weiter Boden gewonnen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Der südlich von Ostrow über den Sereth vorgedrungene Feind ist auf seinem Nordflügel zurückgeworfen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Luftbombardement der City von London

Berlin, 9. September.
Unsere Marineluftschiffe haben in der Nacht vom 8. zum 9. September den Westteil der City von London, ferner große Fabrikanlagen bei Norwich sowie die Hafenanlagen und Eisenwerke von Middlesborough mit gutem Erfolge angegriffen. Starke Explosionen und zahlreiche Brände wurden beobachtet. Die Luftschiffe wurden von den feindlichen Batterien heftig beschossen. Sie sind sämtlich wohlbehalten zurückgekehrt.

Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Erfundene russische Siegesnachrichten

Berlin, 9. September. (Amtlich.)
Der amtliche russische Bericht vom 8. September über Erfolge bei Tarnopol bezieht sich auf die Ereignisse, die im deutschen Tagesbericht vom 8. September geschildert sind. Der russische Bericht ist, wie jeder Sachverständige sofort bei genauerer Prüfung erkennen muß, frei zu dem durchsichtigen Zweck erfunden, die Übernahme des Oberbefehls seitens des Zaren durch erdichtete Erfolge zu verherrlichen.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Festung Dubno genommen

Wien, 9. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Unser Angriff in Wolhynien schreitet fort. Gestern wurde die russische Front nördlich von Olyka durchbrochen. Dubno, der zweite Punkt des wolhynischen Festungsdreiecks, ist genommen, in die Stadt ist gestern nachmittag österreichische Landwehr-Kavallerie eingerückt. Die flußaufwärts liegenden Sperrforts sind in unserem Besitz. Die Armee des Generals von Boehm-Ermolli ist an die obere Ikwa und über Nowo-Aleksiniec vorgedrungen. Die russischen Kräfte, die im Raume westlich von Trembowla über den Sereth vorgebrochen sind, wurden größtenteils wieder zurückgeworfen. In den Kämpfen, die hier gegen feindliche Überzahl stattfanden, griffen deutsche Gardebataillone unter dem Obersten von Leu besonders erfolgreich an. Am unteren Sereth und am Dnjestr herrschte verhältnismäßig Ruhe. Bei der gestern berichteten Eroberung der feindlichen Stellungen von Nowo-Siolka-Kostinkowa hatte im Kampf zu Fuß die von Feldmarschalleutnant von Brudermann geführte Kavallerie hervorragenden Anteil. Von den im Jasioldagebiet kämpfenden österreichisch-ungarischen Truppen gewannen Teile, die Gegend von Michalin, südlich von Rozany.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die allgemeine Ruhe hält an. Im Raume von Schluderbach vertrieben unsere Truppen schwächere feindliche Abteilungen, die gegen unsere Popenastellung vorfühlten, durch Feuer. Ebenso wurden zwei italienische Kompagnien, die im Paralbagebiet einen unserer Stützpunkte angriffen, zurückgeschlagen und feindliche Patrouillen, die den Monte Ciadenis ersteigen wollten, abgeschossen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 9. September.
Im Abschnitt von Anaforta sind, wie sich feststellen ließ, am 8. September durch die Wirkung unseres gegen die feindlichen Stellungen südlich von Azmakdere gerichteten Artilleriefeuers Explosionen von Munition und Granaten in den feindlichen Schützengräben verursacht worden. Bei Ari Burun schlenderte der Feind Bomben mit giftigen Gasen gegen unseren linken Flügel, konnte jedoch keine Wirkung erzielen. Bei Sed ül Bahr gab es nur schwaches gegenseitiges Feuer.

 

Der Zeppelinangriff auf die östlichen Grafschaften Englands

London, 9. September.
Das Pressebureau teilt mit:
Beim letzten Zeppelinangriff auf die östlichen Grafschaften und den Londoner Bezirk wurden 20 Personen getötet, 14 schwer verwundet und 72 leicht verletzt. Alles sind Zivilpersonen, mit Ausnahme von vier Soldaten, von denen einer getötet und drei verwundet wurden.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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