Der Weltkrieg am 30. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Mißglückter englischer Angriff bei Lille

Großes Hauptquartier, 30. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Nacht zum 29. Dezember mißglückten englische Versuche nordwestlich von Lille, durch Überraschung in unsere Stellung einzudringen.
Eine kleine nächtliche Unternehmung unserer Truppen südöstlich von Albert war erfolgreich und führte zur Gefangennahme von einigen Dutzend Engländern.
Am Hartmannsweilerkopf wurden gestern die in französischer Hand gebliebenen Grabenstücke zurückerobert.
Im übrigen fanden an vielen Stellen der Front bei günstigen Beobachtungsverhältnissen zeitweise lebhafte Feuerkämpfe statt.
Auch die Fliegertätigkeit war beiderseits sehr rege. Ein feindliches Geschwader griff die Orte Werwicq und Menin und die dortigen Bahnanlagen an. Militärischer Schaden ist nicht angerichtet, dagegen sind sieben Einwohner verletzt und ein Kind getötet. - Ein englisches Flugzeug wurde nordwestlich von Cambrai im Luftkampf abgeschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Südlich von Schlok sowie an mehreren Stellen der Heeresgruppe des Generals v. Linsingen wurden Vorstöße russischer Jagdkommandos abgewiesen. Bei der Armee des Generals v. Bothmer wiesen österreichisch-ungarische Truppen den Angriff starker russischer Kräfte gegen den Brückenkopf von Burkanow an der Strypa ab. Neben starken blutigen Verlusten büßte der Feind etwa 900 Gefangene ein.
Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Neue russische Sturmangriffe in Ostgalizien abgeschlagen

Das französische Unterseeboot "Monge" in der Adria versenkt

Wien, 30. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Kämpfe in Ostgalizien nahmen an Umfang und Heftigkeit zu. Der Feind richtete gestern seine Angriffe nicht nur gegen die beßarabische Front, sondern auch gegen unsere Stellungen östlich der unteren und mittleren Strypa. Sein Vordringen scheiterte meist schon unter dem Feuer unserer Batterien, wo dies nicht geschah, brachen die russischen Sturmkolonnen in unserem Infanterie- und Maschinengewehrfeuer zusammen.
Im nördlichen Teil seines gestrigen Angriffsfeldes vor dem Brückenkopf von Burkanow ließ der Gegner 900 Tote und Schwerverwundete zurück. Es ergaben sich hier 3 Fähnriche und 870 Mann. Die Gesamtzahl der gestern in Ostgalizien eingebrachten Gefangenen übersteigt 1200.
An der Ikwa und an der Putilowka kam es stellenweise zu Geschützkämpfen, am Korminbach und am Styr wiesen österreichisch-ungarische und deutsche Truppen mehrere russische Vorstöße ab.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Front wurden feindliche Angriffsversuche auf Torbole und gegen den Monte Carbonile durch unser Feuer zum Stehen gebracht. Auf den Hängen nördlich des Tonalepasses versuchten die Italiener unter Mißbrauch der Genfer Flagge ihre Drahthindernisse auszubauen, sie wurden beschossen. Auf der Hochfläche von Doberdo fanden lebhafte Minenwerferkämpfe statt, die bis in die Nacht hinein anhielten.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See:
Am 29. Dezember früh hat eine Flottille von fünf Zerstörern und Kreuzer "Helgoland" das französische Unterseeboot "Monge" vernichtet, 2 Offiziere und 15 Mann gefangengenommen, darauf im Hafen von Durazzo einen Dampfer und einen Segler durch Geschützfeuer versenkt und das Feuer mehrerer Landbatterien zum Schweigen gebracht. Dabei stießen zwei Zerstörer auf Minen. "Lika" gesunken, "Triglav" schwer beschädigt. Größter Teil der Mannschaft gerettet. "Triglav" wurde ins Schlepptau genommen, mußte jedoch nach einigen Stunden versenkt werden, da mehrere überlegene feindliche Kreuzer und Zerstörer den Rückzug der ganzen Flottille bedrohten. Unsere Flottille ist in den Basishafen zurückgekehrt. Unter den feindlichen Schiffen wurden nur englische Kreuzer Typ "Bristol" und "Falmouth" sowie französische Zerstörer Typ "Bouclier" deutlich erkannt.

Flottenkommando.  1)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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