Der Weltkrieg am 31. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Feindlicher Fliegerangriff auf Ostende

Großes Hauptquartier, 31. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nach erfolgreicher Sprengung wurde den Engländern nordwestlich von Hulluch ein vorgeschobener Graben entrissen. Zwei Maschinengewehre und einige Gefangene fielen in unsere Hand.
Ein feindlicher Fliegerangriff auf Ostende richtete in der Stadt erheblichen Gebäudeschaden an, besonders hat das Kloster vom Heiligen Herzen gelitten. Neunzehn belgische Einwohner sind verletzt, einer getötet. Militärischer Schaden ist nicht entstanden.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Keine Ereignisse von besonderer Bedeutung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Neujahrserlaß des Kaisers an Heer, Flotte und Schutztruppen

Kaiser Wilhelm II.
Kaiser Wilhelm II.

Berlin, 31. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser hat aus Anlaß des Jahreswechsels folgenden Erlaß gegeben:

An das deutsche Heer, die Marine und die Schutztruppen. 

Kameraden!

Ein Jahr schweren Ringens ist abgelaufen. Wo immer die Überzahl der Feinde gegen unsere Linien anstürmte, ist sie an Eurer Treue und Tapferkeit zerschellt.
Überall, wo Ich auch zum Schlagen ansetzte, habt Ihr den Sieg glorreich errungen. Dankbar erinnern wir uns heute vor allem der Brüder, die ihr Blut freudig dahingaben, um Sicherheit für unsere Lieben in der Heimat und unvergänglichen Ruhm für das Vaterland zu erstreiten.
Was sie begonnen, werden wir mit Gottes gnädiger Hilfe vollenden.
Noch strecken die Feinde von West und Ost, von Nord und Süd in ohnmächtiger Wut ihre Hände nach allem aus, was uns das Leben lebenswert macht. Die Hoffnung, uns im ehrlichen Kampf überwinden zu können, haben sie längst begraben müssen. Nur auf das Gewicht ihrer Masse, auf die Aushungerung unseres ganzen Volkes und auf die Wirkung ihres ebenso frevelhaften wie heimtückischen Verleumdungsfeldzuges auf die Welt glauben sie noch bauen zu dürfen.
Ihre Pläne werden nicht gelingen; an dem Geist und dem Willen, der Heer und Heimat unerschütterlich eint, werden sie elend zuschanden werden: dem Geist der Pflichterfüllung für das Vaterland bis zum letzten Atemzug und dem Willen zum Siege.
So schreiten wir denn in das Neue Jahr. Vorwärts mit Gott zum Schutz der Heimat und für Deutschlands Größe!

Gegeben Großes Hauptquartier, 31. Dezember.

Wilhelm. 1)

Neujahrserlaß von Kaiser Wilhelm II. 1914

 

Der Kaiser an den Generalstabchef v. Falkenhayn

v. Falkenhayn
v. Falkenhayn

Berlin, 31. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser hat an den Chef des Generalstabes des Feldheeres folgendes Handschreiben gerichtet:

Mein lieber General v. Falkenhayn!
Ich will das Jahr 1915 nicht zu Ende gehen lassen, ohne noch einmal mit Dankbarkeit der großen militärischen Erfolge zu gedenken, die uns mit Gottes Hilfe in demselben beschieden gewesen sind.
Im Westen die Winterschlacht in der Champagne, die siegreichen Kämpfe in Flandern, die große Herbstschlacht bei La Bassée und Arras, im Osten die durch die endgültige Befreiung
Ostpreußens gekrönte Masurenschlacht, der Siegeszug in Polen und Kurland, der in Anlage und Durchführung gleich bewundernswerte Feldzug in Galizien und zum Schluß die glänzenden Operationen auf dem Balkankriegsschauplatz, das alles sind, um nur die größten hervorzuheben, Leistungen, die in ihrer ganzen, vollen Bedeutung zu würdigen, erst einer späteren Geschichtsschreibung vorbehalten sein wird.
Schon heute aber ist auszusprechen, daß neben der zähen Tapferkeit und dem Heldenmut der Truppen, sowie ihrer mustergültigen, hervorragenden Führung der planvollen, tatkräftigen und vorausschauenden Arbeit der obersten Heeresleitung das Verdienst hierfür gebührt. Unter Ihrer vorbildlichen, sicheren Leitung hat der deutsche Generalstab seine oft erprobte Tüchtigkeit von neuem bewiesen und sich im alten Rufe bewährt. Ihnen und Ihren Mitarbeitern gilt daher heute im besonderen Mein Dank und Meine höchste Anerkennung. Ich weiß deshalb auch, daß Ich, wie Ich mit dem deutschen Volke auch im kommenden Kriegsjahre der Umsicht und Tatkraft der Führer und der Tapferkeit unserer unvergleichlichen Truppen mit ruhiger Zuversicht vertraue, so auch weiterhin auf Ihre Hilfe Mich unbedingt verlassen und auf Ihre erprobte Einsicht bauen kann.

gez. Wilhelm. 1)

 

Telegrammwechsel zwischen dem Kaiser und dem König von Bayern

König Ludwig III. von Bayern
König Ludwig III. von Bayern

München, 31. Dezember.
Die "Korrespondenz Hoffmann" meldet:
Aus Anlaß des Jahreswechsels hat der König von Bayern nachstehendes Telegramm an den Kaiser gerichtet:
Seiner Majestät dem Kaiser. Zum zweitenmal bringen Wir Dir zur Jahreswende Unsere herzlichen, tiefempfundenen Glück- und Segenswünsche dar. Der Rückblick auf die von glänzendem Erfolge gekrönten, gewaltigen Leistungen der deutschen und der uns verbündeten Heere, auf die kraftvolle Haltung des ganzen, in freudigem Opfermute bewährten deutschen Volkes stärkt Unsere unerschütterliche Zuversicht, daß mit Gottes Hilfe Unsere gerechte Sache unter Deiner ruhmreichen Führung zu einem ehrenvollen, Deutschlands Größe und seine friedliche Weiterentwicklung sichernden Ende gebracht wird. In dieser vertrauensvollen Zuversicht treten Deutschlands Fürsten und Freie Städte und das ganze deutsche Volk ein in das neue Jahr mit dem festen Entschlusse, alle Hindernisse zu überwinden, die dem erstrebten Ziele noch im Wege stehen. Gott schütze weiterhin Dich und Dein Haus und unser liebes deutsches Vaterland.
Ludwig. Marie Therese.
Hierauf ist von dem Kaiser folgende Antwort eingetroffen:
Seiner Majestät dem König von Bayern.
Dir und der Königin Meinen innigsten Dank für Euer so freundliches Gedenken zum Jahresschluß. Von ganzem Herzen erwidere Ich Eure guten Wünsche für Euch und Euer ganzes Haus. Zuversichtlicher denn je dürfen wir bei dieser Jahreswende auf den endgültigen Sieg unserer mit reinem Gewissen erhobenen und geführten Waffen und auf eine glückliche Zukunft des deutschen Vaterlandes hoffen. Dein treues Bayernvolk hat hierzu durch seine unvergänglichen Taten heroischer Tapferkeit und den bei jeder Gelegenheit bewiesenen unerschütterlichen Siegeswillen rühmlichst beigetragen. Gottes Gnade lasse alle unsere Hoffnungen, Wünsche und Gebete zum neuen Jahre in Erfüllung gehen. Wilhelm.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Schwere Verluste der Russen in Ostgalizien

Wien, 31. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Das Vorgelände unserer Strypafront war zwischen Buczacz und Wisniowczyk auch gestern der Schauplatz wiederholter, mit starken Kräften geführter russischer Angriffe. Abermals brachen wie an den Vortagen, die feindlichen Sturmkolonnen unter dem Feuer der kaltblütigen, tapferen Truppen der Armee Pflanzer-Baltin zusammen.
An der unteren Strypa und an der beßarabischen Front hat die Tätigkeit des durch die letzten Kämpfe stark erschöpften Gegners vorläufig nachgelassen. Die Verluste, die die Russen in den vergangenen Tagen auf den ostgalizischen Gefechtsfeldern erlitten, übersteigen überall weit das gewöhnliche Maß. So lagen gestern an der Strypa vor einem Kompagnieabschnitt 161, vor einem anderen 325 russische Leichen.
An der Strypa, an der Ikwa und an der Putilowka gab es keine besonderen Ereignisse. Am Korminbach und am Styr wurden abermals mehrere russische Vorstöße abgewiesen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
In Südtirol wurden zwei Alpinibataillone, die unsere Stellung südöstlich von Torbole zweimal angriffen, abgewiesen.
An der Kärntner Front nahm die feindliche schwere Artillerie den Ort Wolffbach (südöstlich Malborghet) unter Feuer.
An der küstenländischen Front dauern die Geschütz- und Minenwerferkämpfe stellenweise fort.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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