Der Weltkrieg am 1. Januar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Gescheiterter russischer Angriff bei Friedrichstadt

Großes Hauptquartier, 1. Januar 1916.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei Friedrichstadt scheiterte ein über das Eis der Düna geführter russischer Angriff in unserem Feuer.
Feindliche Jagdkommandos und Patrouillen wurden an mehreren Stellen der Front abgewiesen.
Nördlich von Czartorysk stießen stärkere deutsche und österreichisch-ungarische Erkundungsabteilungen vor. Sie nahmen etwa 50 Russen gefangen und kehrten nachts in ihre Stellungen zurück.
Österreichisch-ungarische Batterien der Armee des Grafen v. Bothmer beteiligten sich wirkungsvoll flankierend an der Abwehr russischer Angriffe südlich von Burkanow.
 
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.
 

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der Schlacht in Ostgalizien - Abgewiesene russische Angriffe

Wien, 1. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Schlacht in Ostgalizien dauert unvermindert heftig an. Das Schwergewicht der Kämpfe lag auch gestern auf unserer Front an der mittleren und unteren Strypa. Im Raume nordöstlich von Buczacz traten kurz nach Mittag die russischen Artilleriemassen in Tätigkeit, deren Feuer bis in die Abendstunden währte, dann ging der Feind zum Angriff über. Seine Kolonnen drangen in zahlreichen Angriffswellen stellenweise vier- bis fünfmal an unsere Drahthindernisse vor, brachen aber immer und überall unter der verheerenden Wirkung unseres Feuers zusammen. In der Nacht zog sich der Gegner, Hunderte von Toten und Schwerverwundeten liegen lassend, in seine 600 bis 1000 Schritt entfernte Ausgangsstellung zurück.  Auch die Angriffe, die die Russen bei Jaslowic südlich von Buczacz und nächst Uscieczko am Dnjestr unternahmen, erlitten das gleiche Schicksal wie die an der mittleren Strypa. An der beßarabischen Front verlief der Tag abermals verhältnismäßig ruhig. Die Stellungen der Armee des Generals Grafen v. Bothmer an der oberen Strypa und der Heeresgruppe Boehm-Ermolli an der Ikwa standen unter feindlichem Artilleriefeuer. Bei der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand wurde ein russisches Bataillon zersprengt, das südlich von Berestiany vorzustoßen versuchte. Am Styr-Bug nordöstlich von Czartorysk überfielen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen mit Erfolg die feindlichen Vorposten. Bei Kolodia westlich von Rafalowka schlugen wir einen Angriff ab.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern beschoß die italienische schwere Artillerie neuerdings die Orte Malborghet und Wolffbach. In der Neujahrsnacht unterhielt sie ein besonders lebhaftes Feuer gegen den Col di Lana.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Bei Ipek wurden neuerlich vier von den Serben vergrabene Geschütze eingebracht. An der Tara Geplänkel.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 1. Januar.
An der Dardanellenfront bei Sed ul Bahr fanden in der Nacht zum 31. Dezember lebhafte Bombenkämpfe am rechten Flügel statt. Im Zentrum dauerte der heftige Artilleriekampf und das Bombenwerfen bis zum Morgen an. Am 31. Dezember nachmittags brachten wir am rechten Flügel zwei Minen zur Explosion. Sodann beschoß die feindliche Artillerie unter Mitwirkung zweier feindlicher Kreuzer unsere Schützengräben im Zentrum. Wir erwiderten das Feuer kräftig. Unsere Batterien in den Meerengen beschossen die Ausschiffungsstelle von Sed ul Bahr und die benachbarten Lager. Das Panzerschiff "Suffren" antwortete unter dem Schutze von fünf Torpedobooten und mit Hilfe der Beobachtungen eines Flugzeuges auf dieses Feuer erfolglos. Eins unserer Wasserflugzeuge griff ein feindliches Flugzeug an, das Beobachtungen anstellte, verhinderte es, seine Beobachtungen fortzusetzen, und zwang es, zu fliehen.
 

 

Der englische Ostindiendampfer "Persia" versenkt

London, 1. Januar. (Reuter-Meldung.)
Lloyds berichtet: Der Postdampfer "Persia" der Peninsular and Oriental Line ist am 30. Dezember auf der Fahrt nach Bombay versenkt worden. Die Mehrzahl der Passagiere und der Besatzung ist umgekommen. Vier Boote vermochten das Schiff zu verlassen. Der letzte Hafen, welchen die "Persia" angelaufen hatte, war Malta, wo sie am 28. Dezember ankam. Offizielle Zahlen sind noch nicht bekanntgegeben, aber die "Persia" hatte viele Passagiere und eine beträchtliche Besatzung an Bord. Nach anderen Meldungen geht aus der Passagierliste der "Persia" hervor, daß 230 Passagiere in London Billette nahmen. Darunter befanden sich 87 Frauen, 25 Kinder und 3 Amerikaner.
Notiz: Der Dampfer "Persia" faßte 7951 Tonnen.

London, 1. Januar. (Reuter-Meldung).
Die Peninsular and Oriental Line erhielt die Nachricht von der Admiralität, daß die "Persia" torpediert wurde. Die Peninsular and Oriental Line gibt ferner bekannt, daß die "Persia" bei Kreta versenkt wurde. Die Personen, welche in den vier Booten den Dampfer zu verlassen vermochten, wurden von einem anderen Dampfer, der nach Alexandria fuhr, aufgenommen. Die Besatzung des Dampfers "Persia" betrug zwischen 200 und 300 Köpfe, größtenteils Laskaren. Wenn also vier Boote selbst mit der Höchstzahl von 60 Personen gerettet wurden, müssen immer noch 200 Personen umgekommen sein. Unter den an Bord befindlichen Amerikanern befand sich auch der amerikanische Konsul von Aden.
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Der englische Ministerrat beschließt die Wehrpflicht

London, 1. Januar. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
Von maßgebender Seite wird erklärt, daß nach der heutigen Kabinettsberatung keine Wahrscheinlichkeit für eine Ministerkrise bestehe. Man habe sich dahin geeinigt, daß Asquiths Versprechen eingehalten werden müsse. Wenn der Wehrpflicht-Gesetzentwurf im Parlament zur Sprache komme, werde er auch von den Mitgliedern der Regierung unterstützt werden, deren Haltung bisher zweifelhaft war. Zweifelhaft sei allein die Haltung Hendersons, dessen Stellungnahme von den Beschlüssen der bevorstehenden Arbeiterversammlung abhänge. - Die Tatsache, daß Sir John Simon den beiden gestrigen Kabinettssitzungen nicht beigewohnt hatte, wird viel besprochen. Einige Blätter melden, daß er wegen seiner Gegnerschaft gegen die Dienstpflicht seinen Rücktritt angeboten habe.
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Der 1. Weltkrieg im Januar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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