Der 1. Weltkrieg am 5. Januar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

- Mittwoch -

 Der deutsche Heeresbericht:

Artillerie- und Minenkämpfe an der Westfront 

Großes Hauptquartier, 5. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Artillerie- und Minenkämpfe an mehreren Stellen der Front.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.  

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Zusammenbruch neuer russischer Angriffe an der Bukowinagrenze

Wien, 5. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Unsere Truppen in Ostgalizien und an der Grenze der Bukowina kämpften auch gestern an allen Punkten siegreich.
An der beßarabischen Front setzte der Feind in den ersten Nachmittagsstunden erneuert mit stärkstem Geschützfeuer ein. Der Infanterieangriff richtete sich abermals gegen unsere Stellungen bei Toporoutz und an der Reichsgrenze östlich von Rarancze. Der Angreifer ging, stellenweise acht Reihen tief, gegen unsere Linien vor. Seine Kolonnen brachen vor unseren Hindernissen, meist aber schon früher, unter großen Verlusten zusammen. Kroatische und südungarische Regimenter wetteifern in zähem Ausharren unter den schwierigsten Verhältnissen. Auch Angriffe der Russen auf die Brückenschanze von Uscieczko und in der Gegend von Jaslowice erlitten das gleiche Schicksal wie jene bei Toporoutz. Weiter nördlich keine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Infolge besserer Sichtverhältnisse war die Artillerietätigkeit gestern nachmittag an der ganzen küstenländischen Front lebhafter; im Krngebiete und namentlich bei Oslavia erreichte sie große Heftigkeit. Ein neuer Angriff auf den von unseren Truppen genommenen Graben nördlich Dolje und ein Handgranatenangriff auf unsere Stellung nördlich des Monte San Michele wurden abgewiesen. Unsere Flieger warfen auf militärische Bauten in Ala und Strigno Bomben ab.
 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 5. Januar.
An der Dardanellenfront fand am 4. Januar vormittags ein ziemlich heftiges Artillerieduell und Bombenwerfen statt. Der Feind richtete hauptsächlich gegen unser Zentrum und den rechten Flügel sein Feuer, an dem ein feindlicher Kreuzer und ein Panzerschiff teilnahmen. Am Nachmittag beschossen ein Panzerschiff und ein Monitor heftig dieselben Stellungen, verursachten dabei aber nur in einem sehr kleinen Teil unserer Gräben unbedeutenden Schaden. Unsere Artillerie erwiderte energisch und beschoß sehr wirksam die Landungsstellen bei Sed ül Bahr und Tekke Burun sowie eine Truppenansammlung. Unser Feuer erreichte einmal einen feindlichen Kreuzer, der daraufhin sein Feuer einstellte.
Am 3. Januar beschossen unsere anatolischen Batterien heftig die Landungsstellen bei Sed ül Bahr und Tekke Burun. Die Erwiderung des Feindes blieb unwirksam, obwohl er eine erhebliche Menge Munition verschwendete. Am 4. Januar beschossen dieselben Batterien feindliche Truppen, die bei Sed ül Bahr, in der Umgegend von Sed ül Bahr und bei Tekke Burun arbeiteten, und erzielten gegen sie erhebliche Wirkung.
Eins unserer Wasserflugzeuge unternahm einen gelungenen Erkundungsflug in der Richtung auf Imbros und über Sed ül Bahr und schleuderte dabei drei Bomben auf die Landungsstelle nördlich von Sed ül Bahr und auf dort liegende Schiffe.
Unsere Beute bei Ari Burun erhöht sich um 2000 Kisten Handgranaten, eine Feldküche mit vollständigem Material und eine Menge Kisten mit Artilleriemunition.

 

Asquith bringt die Wehrpflichtbill ein


Premierminister Asquith

London, 5. Januar.
Asquith brachte im vollbesetzten Hause die Bill über den Militärdienst ein. Er trat dafür ein, daß die Meldefrist unter dem Derby-Plan verlängert werde und daß alle Unverheirateten, die nicht befreit seien, sofort in das Heer eintreten sollten. Die Bill sieht die automatische Aushebung Unverheirateter und kinderloser Witwer von 18 bis 41 Jahren vor, für die kein Grund zur Befreiung besteht. Die Leute würden fünf Wochen nach Inkrafttreten der Bill als angemeldet gelten. Die zur Landesverteidigung bestimmten Territorialtruppen würden unter die Bill fallen. Die Befreiungen werden diejenigen einschließen, die unentbehrliche Arbeiten verrichten und die für ihre Angehörigen zu sorgen haben. Wer sich aus Gewissensgründen weigert, wird nur vom Dienst im Felde befreit. Die Bill gilt nicht für Irland.
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England und der Fall "Baralong"

London, 5. Jan. (Priv.-Tel.) 
Die englische Regierung veröffentlicht ein Weißbuch über die von Deutschland gestellte Forderung, die Besatzung des Hilfskreuzers "Baralong", der an der irländischen Küste ein deutsches Unterseeboot versenkt hatte, in Anklagezustand zu versetzen. Sir Edward Grey erklärt, die gegen die Besatzung des "Baralong" erhobenen Anschuldigungen seien nur geringfügig im Vergleich zu den von den deutschen Offizieren gegen Kombattanten und Nichtkombattanten zu Lande und zur See begangenen Verbrechen. Die englische Regierung begnüge sich damit, die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung auf drei Vorfälle zu lenken, die sich innerhalb derselben 24 Stunden zugetragen hätten, da die Versenkung des deutschen Unterseebootes durch den "Baralong" erfolgt sei. Sir Edward Grey erinnert an die Versenkung der "Arabic" und die damit verbundenen Unglücksfälle, ferner an den Umstand, daß ein an der dänischen Küste aufgelaufenes englisches Unterseeboot entgegen dem Kriegsrecht von einem deutschen Torpedobootszerstörer angegriffen wurde, und schließlich an den Angriff eines deutschen Unterseebootes auf den Dampfer "Ruol", der keinerlei Widerstand entgegengesetzt hatte. Sir Edward Grey erklärt sich bereit, diese drei Vorkommnisse zusammen mit der "Baralong"-Affäre einem aus amerikanischen Seeoffizieren bestehenden Schiedsgericht vorzulegen und sich dessen Urteil zu unterwerfen. Dieses Gericht würde indessen zu einer Zurückweisung der gegen die britischen Seeleute erhobenen Anschuldigungen der Unmenschlichkeit gelangen müssen, weil diese unter gefahrvollen Umständen bereits mehr als 1100 deutsche Seeleute gerettet hätten, während die deutsche Marine keinen ähnlichen Akt der Menschlichkeit zu verzeichnen habe. 

Die "Frankfurter Zeitung" bemerkt dazu: 
"Diese Ausflucht des britischen Ministers ist nach mehreren Richtungen hin sehr bemerkenswert. Zum ersten wird dadurch trotz dem Versuche, die Frage zu umgehen, klar, daß die britische Regierung die Ermordung deutscher Seeleute, die sich ergeben hatten, nicht zu bestreiten vermag. Zum anderen aber er sieht man aus der Veröffentlichung, daß Grey und die britische Regierung sich weigern, eine Bestrafung der Mörder eintreten zu lassen, indem sie den Versuch machen, den von den Unterseebooten geführten Seekrieg als gleichwertig mit diesem abscheulichen Verbrechen hinzustellen. Um sich der Pflicht zu entziehen. für ein unbestreitbares Verbrechen Sühne eintreten zu lassen, verleumdet Grey die deutschen Seeleute. Demgegenüber muß aufs neue gesagt werden, daß die Ehre der Befehlshaber und Mannschaften deutscher Unterseeboote, die unter den schwersten körperlichen Entbehrungen und unter Verachtung beständig drohender Todesgefahr ihre Pflicht tun, so hoch über allen Zweifeln steht, daß der Angriff des Ministers, dessen verlogene Politik diesen Krieg in erster Reihe mit verschuldet hat, sie nicht antasten kann. Der Vorschlag, ein aus amerikanischen Seeoffizieren bestehendes Schiedsgericht über den "Baralong"-Fall und über drei gleichzeitig durch deutsche Schiffe angeblich begangene Verletzungen des Völkerrechts aburteilen zu lassen, ist eine leere Komödie, umsomehr als diesem sogenannten Schiedsgericht gleich auch das Urteil vorgeschrieben wird, das es zu fällen hätte, nämlich Freisprechung der britischen Seeleute, die sich so viele Verdienste um die Menschlichkeit erworben hätten, während die deutsche Marine keinen ähnlichen Fall aufzuweisen hätte. Das letztere ist von englischer Seite schon einmal behauptet, es ist aber als erlogen bereits längst zurückgewiesen worden. Die deutschen Seeleute nehmen es in der Erfüllung der Gebote der Menschlichkeit mit denen jeder anderen Flotte, vor allen auch der britischen, auf. Ein "Baralong"-Fall wäre in der deutschen Flotte nicht denkbar. Aber die Ausflüchte Greys haben ja doch nur den Zweck zu erfüllen, daß England eine Bestrafung der Mörder nicht eintreten lassen will. Es mag genügen, das vor aller Welt festzustellen."
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Der 1. Weltkrieg im Januar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung"

 

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