Der Weltkrieg am 15. Januar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Russischer Angriff bei Czernysz gescheitert

Großes Hauptquartier, 15. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Ein nordöstlich von Albert durch Leutnant Bölcke abgeschossenes feindliches Flugzeug fiel in der englischen Linie nieder und wurde von unserer Artillerie in Brand geschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Bei der Heeresgruppe des Generals v. Linsingen scheiterte in der Gegend von Czernysz (südlich des Styrbogens) ein russischer Angriff vor der Front  der österreichisch-ungarischer Truppen.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Siegesbeute von Cetinje

Wien, 15. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Neujahrsschlacht in Ostgalizien und an der bessarabischen Grenze dauert fort. Wieder war der Raum von Toporoutz und östlich von Rarancze der Schauplatz eines erbitterten Ringens, das alle früheren auf diesem Schlachtfelde sich abspielenden Kämpfe an Heftigkeit übertraf. Viermal, an einzelnen Stellen sechsmal, führte der zähe Gegner gestern seine 12 bis 14 Glieder tiefen Angriffskolonnen gegen die heißumstrittenen Stellungen vor. Immer wieder wurde er - nicht selten im Nahkampf mit dem Bajonett - zurückgeworfen. Für die Verluste des Feindes gibt die Tatsache, daß im Gefechtsraum einer österreichisch-ungarischen Brigade über 1000 russische Leichen gezählt wurden, einen Maßstab. 2 russische Offiziere und 240 Mann wurden gefangengenommen. Die braven Verteidiger haben alle ihre Stellungen behauptet, die Russen nirgends auch nur einen Fußbreit Raum gewonnen. An der Strypa und in Wolhynien keine besonderen Ereignisse. Am Kormin wies Wiener Landwehr einen überlegenen russischen Vorstoß ab.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Das feindliche Artilleriefeuer gegen die Räume von Malborghet und Raibl setzte auch gestern wieder ein und war vornehmlich gegen Ortschaften gerichtet. Am Görzer Brückenkopf entrissen unsere Truppen den Italienern eine seit der letzten Schlacht stark ausgebaute und besetzte Stellung bei Oslavija. Ein feindlicher Flieger überflog Laibach und warf Bomben ab; es wurde niemand verletzt und kein Schaden verursacht.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Den geschlagenen Feind verfolgend, haben gestern unsere Streitkräfte mit ihrem Südflügel Spizza besetzt. In Cetinje wurden 154 Geschütze verschiedenen Kalibers, 10000 Gewehre, 10 Maschinengewehre und viel Munition und Kriegsmaterial erbeutet. Die Zahl der bei den Kämpfen um das Lowtschengebiet erbeuteten Geschütze erhöhte sich auf 45. Die Zahl der gestern eingebrachten Gefangenen beträgt 300. Südlich von Berane, wo der Gegner noch zähen Widerstand leistet, erstürmten unsere Bataillone die Schanzen auf der Höhe Gradina.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Russische Angriffe im Kaukasus

Konstantinopel, 15. Januar.
In der Nacht zum 10. Januar begann der Feind zunächst mit geringen Kräften Angriffe und Überfälle gegen die linke Flanke unseres Zentrums. Diese Versuche wurden abgeschlagen. Der Feind ging vom 11. und 12. Januar ab mit neuen Verstärkungen zu einer allgemeinen Offensive auf einer Front von 150 Kilometern zwischen dem Karadaghberg südlich vom Arasfluß und Ichhan südlich von Milo vor. Die Kämpfe, die sich dort seit nahezu fünf Tagen in heftiger Weise entwickeln, nehmen einen für uns günstigen Verlauf dank der unvergleichlichen Tapferkeit unserer Soldaten, die in fast allen Abschnitten zum Gegenangriff übergehen. Nach dem zuletzt eingetroffenen Bericht läßt sich der Verlauf der in jedem Abschnitt gelieferten Kämpfe wie folgt zusammenfassen: Erstens: Die am 9., 10. und 11. Januar wiederholt von den Russen mit geringen Kräften in dem Abschnitt der Gegenden von Ichhan bis zum Lauf des Id unternommenen Angriffe wurden von unseren Truppen mit dem Bajonett abgewiesen. Sie töteten Hunderte von Feinden.
Zweitens: In der Nacht zum 12. Januar griff der Feind mit starken Kräften die vorgeschobenen Stellungen in dem Abschnitt zwischen dem Arasfluß und dem südlich davon gelegenen Berge Karadagh an. Unsere Truppen, die sich hier vierfach überlegenen Kräften gegenüber befanden, begegneten den feindlichen Stürmen nicht nur mit Festigkeit, sondern gingen an einzelnen Punkten zum Gegenangriff über und fügten dem Feinde schwere Verluste zu. Am 13. Januar vormittags wurde ein vom Feinde unternommener heftiger Angriff nach einem erbitterten Kampfe zwischen der beiderseitigen Infanterie und der beiderseitigen Artillerie von uns mit kräftigem Feuer empfangen. Er scheiterte vollkommen. Am Nachmittag griff der Feind von neuem alle unsere in diesem Abschnitt gelegenen vorgeschobenen Stellungen an. Die Russen, die in einige unserer Schützengräben hatten eindringen können, wurden mit dem Bajonett abgewiesen.
Drittens: In der Nacht des 11. Januar griff der Feind unsere Stellungen in dem Abschnitt zwischen dem Nordlauf des Aras bis zum Narmanpaß an. Ein Teil der vorgeschobenen Stellungen befindet sich auf den östlich von Azab gelegenen Hängen, die der Feind besetzt hatte. Er wurde im Anschluß an unsere Gegenangriffe wiedererobert. Wir fügten dem Feinde bei dieser Gelegenheit ziemlich schwere Verluste zu und erbeuteten eine große Menge von Waffen und zwei Maschinengewehre. Eine unserer Abteilungen, die von überlegenen feindlichen Streitkräften nördlich Kizlar Kale umzingelt wurde, schlug sich tapfer durch die feindliche Linie durch und zog sich in ihre alten Stellungen zurück, indem sie den Russen gleichzeitig ziemlich schwere Verluste zufügte. Am 13. Januar nachmittags mußte der Feind nach einem von uns gegen ihn gerichteten Angriff östlich Azab einen Teil seiner Stellungen aufgeben. Ein anderer Angriff, den wir nordöstlich von dieser Gegend und östlich von Kizlar Kale ausführten, konnte infolge eines Schneesturms nicht weitergeführt werden.
Viertens: In der Nacht des 12. Januar beiderseitiges Gewehrfeuer und Bombenwerfen in dem Abschnitt zwischen Narmanpaß und Ichhan. Ein Überfall des Feindes am 12. Januar vormittags bei Arab Gadeg wurde abgeschlagen. Die Russen verloren über hundert Tote. Am 13. Januar führten zwei russische Angriffe bei Karadagh südlich Kegig zu einer vollkommenen Niederlage des Feindes. Im Verlaufe des letzten Kampfes warfen sich unsere Offiziere, mit dem Revolver in der Faust, und unsere Grenadiere mit Hochrufen auf den Sultan unter den Klängen der Nationalhymne auf die feindlichen Truppen und zwangen sie zu einer regellosen Flucht. Die in diesem Abschnitt gemachten Gefangenen erklären, daß in den viertägigen Kämpfen jedes ihrer Regimenter zum mindesten achthundert Mann Tote gehabt habe.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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