Der Weltkrieg am 22. Mai 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront 1. Weltkrieg: Auf der Höhe 304 bei Verdun
Deutsche Soldaten entnehmen Wasser einem Granattrichter auf der Höhe 304

Der deutsche Heeresbericht:

Siegreicher Sturmangriff bei Höhe 304 - Hauptmann Bölcke schießt sein 17. und 18. Flugzeug ab

Kampfflieger 1. Weltkrieg: Bölcke
Oberleutnant Bölcke

Großes Hauptquartier, 22. Mai.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Östlich von Nieuport drang eine Patrouille unserer Marineinfanterie in die französischen Gräben ein, zerstörte die Verteidigungsanlagen des Gegners und brachte 1 Offizier und 32 Mann gefangen zurück.
Südwestlich von Givenchy-en-Gohelle wurden mehrere Linien der englischen Stellung in etwa zwei Kilometer Breite genommen und nächtliche Gegenstöße abgewiesen. An Gefangenen sind 8 Offiziere, 220 Mann, an Beute 4 Maschinengewehre, 3 Minenwerfer eingebracht. Der Gegner erlitt ganz außergewöhnliche blutige Verluste.
In Gegend von Berry-au-Bac blieb in den frühen Morgenstunden ein französischer Gasangriffsversuch ergebnislos.
Links der Maas stürmten unsere Truppen die französischen Stellungen auf den östlichen Ausläufern der Höhe 304 und hielten sich gegen wiederholte feindliche Angriffe. Neben seinen großen blutigen Verlusten büßte der Gegner an Gefangenen 9 Offiziere, 518 Mann ein und ließ 5 Maschinengewehre in unserer Hand. Die Beute aus unserem Angriff am Südabhange des "Toten Mann" hat sich auf 13 Geschütze, 21 Maschinengewehre erhöht. Auch hier und aus Richtung Chattancourt hatten Versuche des Feindes, den verlorenen Boden zurückzugewinnen, keinen Erfolg.
Rechts der Maas griffen die Franzosen mehrfach vergebens unsere Linien in der Gegend des Steinbruchs (südlich des Gehöftes Haudromont) und auf der Vauxkuppe an. Beim dritten Ansturm gelang es ihnen aber, im Steinbruch Fuß zu fassen, die Nacht hindurch war die beiderseitige Artillerietätigkeit im ganzen Kampfabschnitt außerordentlich heftig.
Unsere Fliegergeschwader wiederholten gestern nachmittag mit beobachtetem großen
Erfolge ihre Angriffe auf den Etappenhafen Dünkirchen. Ein feindlicher Doppeldecker
stürzte nach Kampf ins Meer. Weitere vier Flugzeuge wurden im Luftkampf innerhalb unserer Linien außer Gefecht gesetzt, und zwar in Gegend von Wervicq, bei Noyon, bei Maucourt (östlich der Maas) und nordöstlich von Château-Salins, letzteres durch Leutnant Wintgens als dessen viertes. Außerdem schoß Oberleutnant Bölcke südlich von Avocourt und südlich des "Toten Mann" den 17. und 18. Gegner ab. Der hervorragende Fliegeroffizier ist in Anerkennung seiner Leistungen von Seiner Majestät dem Kaiser zum Hauptmann befördert worden.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist im allgemeinen unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Zunahme der italienischen Niederlage in Südtirol

Bisher 24000 Gefangene

Wien, 22. Mai.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Niederlage der Italiener an der Südtiroler Front wird immer größer.
Der Angriff des Grazer Korps auf der Hochfläche von Lafraun hatte vollen Erfolg. Der Feind wurde aus seiner Stellung geworfen. Unsere Truppen sind im Besitz der Cima Mandriola und der Höhen unmittelbar westlich der Grenze von diesem Gipfel bis zum Astachtal. Die Kampfgruppe Seiner k. u. k. Hoheit des Feldmarschalleutnants Erzherzog Karl Franz Josef hat die Linie Monte Tormeno-Monte Majo gewonnen.
Seit Beginn des Angriffs wurden 23883 Gefangene, darunter 482 Offiziere
gezählt. Unsere Beute ist auf 172 Geschütze gestiegen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Neubesetzung mehrerer Reichsämter - Errichtung eines "Kriegsernährungsamts"

v. Bartocki,

Berlin, 22. Mai.
Amtlich wird bekanntgegeben:
Seine Majestät der Kaiser und König haben dem Vizepräsidenten des Staatsministeriums und Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück die nachgesuchte Entlassung aus seinen Ämtern unter Belassung des Titels und Ranges eines Staatsministers und unter Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler erteilt und ihn von der allgemeinen Stellvertretung des Reichskanzlers entbunden, den Staatsminister und Staatssekretär des Reichsschatzamtes Dr. Helfferich zum Staatssekretär des Innern ernannt und mit der allgemeinen Stellvertretung des Reichskanzlers beauftragt, den Staatssekretär für Elsaß-Lothringen Wirklichen Geheimen Rat Graf v. Roedern vom 1. Juni 1916 ab zum Staatssekretär des Reichsschatzamts ernannt und bestimmt, daß bis zum 1. Juni 1916 die Geschäfte des Reichsschatzamtes durch den Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich weiterzuführen sind.
Seine Majestät der König haben ferner den Staatsminister Dr. v. Breitenbach zum Vizepräsidenten des Staatsministeriums ernannt.
Nach einer amtlichen Mitteilung der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" hat der Bundesrat den Reichskanzler ermächtigt, eine eigene, neue, ihm unmittelbar unterstellte Behörde, das "Kriegsernährungsamt", zu errichten. Der Präsident dieser Behörde erhält das Verfügungsrecht über alle im Deutschen Reiche vorhandenen Lebensmittel, Rohstoffe und andere Gegenstände, die zur Lebensmittelversorgung notwendig sind, ferner über die Futtermittel und die zur Viehversorgung nötigen Rohstoffe und Gegenstände. Das Verfügungsrecht schließt die gesamte Verkehrs- und Verbrauchsregelung (damit erforderlichenfalls natürlich auch die Enteignung), die Regelung der Ein-, Aus-, Durchfuhr sowie der Preise ein. Der Präsident kann in dringenden Fällen die Landesbehörden unmittelbar mit Anweisungen versehen.
Zum Präsidenten des Kriegsernährungsamts ist der Oberpräsident der Provinz Ostpreußen v. Batocki berufen. 
1)

 

Der Jahrestag der italienischen Kriegserklärung 
(Ein Armeebefehl Erzherzog Friedrichs)

Feldmarschall Erzherzog Friedrich

Feldmarschall Erzherzog Friedrich

Wien, 22. Mai. 
Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet:
Feldmarschall Erzherzog Friedrich hat einen Armeeoberkommandobefehl erlassen:
Heute vor einem Jahre hat Italien seinen lang geplanten und sorgfältig vorbereiteten Verrat an der Monarchie durch die Kriegserklärung gekrönt. Über eine halbe Million Feuergewehre stark, den Kräften unserer Verteidigung achtfach überlegen, stand damals das feindliche Heer drohend an unserer Grenze. Mit vermessener Ruhmredigkeit versprachen die führenden Männer drüben dem betörten Volke einen leichten und sicheren Sieg. In raschem Ansturm sollten die italienischen Waffen über die "unerlösten" Gebiete hinaus bis in das Herz unseres Vaterlandes getragen werden und mit dessen Zertrümmerung den Weltkrieg entscheiden, die furchtlosen Verteidiger aber geboten dem verhaßten Gegner überall Halt, wo es meine Befehle bestimmt hatten. Unser Siegeslauf im Norden ward durch den heimtückischen Rückenangriff nicht gehemmt. Allmählich vermochte ich dann unseren schwachen Grenzschutz durch freigewordene Truppen zu stützen, wenn die Lage forderte. Vier Schlachten am Isonzo, zahllose Gefechte an der ganzen Front vom Stilfser Joch bis zum Meere haben mein Vertrauen in die Kraft unserer Abwehr glänzend gerechtfertigt. Während dieser Zeit wurde Galizien vom Feinde befreit, ein weites feindliches Gebiet in Besitz genommen, Serbien niedergeworfen, Montenegro und Albanien erobert. Bis vor kurzem vermochten nur unsere tapfere Flotte und unsere braven Flieger Schrecken und Verwirrung auf italienisches Gebiet zu tragen. Fast ein volles Jahr mußten wir uns gedulden, ehe die Stunde des Angriffes, der Vergeltung schlug. Endlich ist diese Stunde gekommen. Schon unser erster Ansturm brach eine gewaltige Bresche in die feindliche Front. Viel ist getan, mehr noch bleibt zu tun übrig. Ich weiß, ich fühle es: Tapferkeit und Ausdauer werden es leisten. Soldaten der Südwest-Front. Vergesset nicht im Kampfe, daß Italien an der Verlängerung dieses Krieges schuldig ist, vergesset nicht die Blutopfer, die er gekostet hat, befreit eure Heimat von den Eindringlingen. Schaffet der Monarchie auch im Südwesten die Grenze, deren sie für ihre künftige Sicherheit bedarf. Meine innigsten Wünsche, die innigsten Wünsche all eurer Kameraden begleiten euch. 

Erzherzog Friedrich,
 Feldmarschall.
1)

 

Fliegerangriff auf Kairo

Kairo, 22. Mai.
Amtlich wird gemeldet:
Zwei feindliche Flugzeuge warfen 16 Bomben, hauptsächlich auf das arabische Stadtviertel ab. 2 Zivilpersonen wurden getötet, 13 Zivilpersonen und 5 Soldaten verwundet. Die Flieger benutzten Scheinwerfer, ehe sie die Bomben schleuderten. Sie wurden durch das Feuer der Abwehrgeschütze schnell vertrieben. 
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Mai 1916

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

1) TEXTQUELLEN:
Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

 

© 2005 stahlgewitter.com