Die
englischen und die deutschen Verluste in der Seeschlacht
Der
Untergang von S. M. S. "Lützow" und "Rostock"
Berlin,
7. Juni. (Amtlich.)
Von englischer Seite wird in amtlichen und nicht-amtlichen Pressetelegrammen
und in Auslassungen, die von den englischen Missionen im neutralen Ausland
verbreitet werden, in systematischer Weise der Versuch gemacht, die Größe
der englischen Niederlage in der Seeschlacht vom 31. Mai in Abrede zu
stellen und den Glauben zu erwecken, als sei die Schlacht für die
englischen Waffen erfolgreich gewesen. So wird u. a. behauptet, daß
die deutsche Flotte das Schlachtfeld geräumt, die englische Flotte
es dagegen behauptet habe. Hierzu wird festgestellt: Das englische Gros
ist während der Schlacht am Abend des 31. Mai durch die wiederholten
wirkungsvollen Angriffe unserer Torpedobootsflottille zum Abdrehen gezwungen
worden und seitdem unseren Streitkräften nicht wieder in Sicht gekommen.
Es hat trotz seiner überlegenen Geschwindigkeit und trotz des Anmarsches
eines englischen Linienschiffsgeschwaders von zwölf Schiffen aus
der südlichen Nordsee weder den Versuch gemacht, die Fühlung
mit unseren Streitkräften wiederzugewinnen, um die Schlacht fortzusetzen,
noch eine Vereinigung mit dem vorgenannten Geschwader zu der angestrebten
Vernichtung der deutschen Flotte herbeizuführen.
Mit der weiteren englischen Behauptung, daß die englische Flotte
vergeblich versucht habe, die fliehende deutsche Flotte einzuholen, um
sie vor Erreichung der heimischen Stützpunkte zu schlagen, steht
die angeblich amtliche englische Erklärung, nach der Admiral Jellicoe
mit seiner großen Flotte bereits am 1.Juni in den über 300
Meilen von dem Kampfplatz entfernten Stützpunkt Scapa Flow (Orkneyinseln)
eingelaufen sei, im Widerspruch. So haben denn auch unsere nach der Schlacht
zum Nachtangriff nach Norden über den Schauplatz der Tagesschlacht
hinaus entsandten zahlreichen deutschen Torpedobootsflottillen von dem
englischen Gros trotz eifrigen Suchens nichts mehr angetroffen, vielmehr
hatten unsere Torpedoboote hierbei Gelegenheit, eine große Anzahl
Engländer von verschiedenen gesunkenen Schiffen und Fahrzeugen zu
retten.
Als ein weiterer Beweis für die von den Engländern bestrittene
Tatsache der Beteiligung der gesamten englischen Kampfflotte an der Schlacht
vom 31. Mai wird darauf hingewiesen, daß der englische Admiralitätsbericht
selber die "Marlborough" als gefechtsunfähig bezeichnet
hat. Des weiteren ist am 1. Juni von einem unserer U-Boote ein anderes
Schiff der "Iron Duke"-Klasse in schwerbeschädigtem Zustande
der englischen Küste zusteuernd gesehen worden. Beide vorgenannten
Schiffe gehörten dem englischen Gros an.
Um die Größe des deutschen Erfolges herabzumindern, wird ferner
von der englischen Presse der Verlust der zahlreichen englischen Schiffe
zum großen Teil auf die Wirkung deutscher Minen, Unterseeboote und
Luftschiffe zurückgeführt. Demgegenüber wird ausdrücklich
betont, daß weder Minen, welche nebenbei bemerkt der eigenen Flotte
ebenso gefährlich hätten werden müssen wie der feindlichen,
noch Unterseeboote von unserer Hochseeflotte verwendet worden sind. Deutsche
Luftschiffe sind lediglich am 1. Juni, und zwar ausschließlich zur
Aufklärung benutzt worden.
Der deutsche Sieg ist durch geschickte Führung und durch die Wirkung
unserer Artillerie und Torpedowaffe errungen worden.
Es ist bisher darauf verzichtet worden, den vielen angeblich amtlichen
englischen Behauptungen über die Größe der deutschen Verluste
entgegenzutreten. Die letzte, immer wiederkehrende Behauptung ist, daß
die deutsche Flotte nicht weniger als zwei Schiffe der "Kaiser"-Klasse,
die "Westsalen", zwei Schlachtkreuzer, vier kleine Kreuzer und
eine große Anzahl von Torpedobootszerstörern verloren habe.
Die Engländer bezeichnen außerdem die von uns als verloren
gemeldete "Pommern" nicht als das aus dem Jahre 1905 stammende
Linienschiff von 13000 Tonnen, sondern als ein modernes Großkampfschiff
desselben Namens.
Demgegenüber wird festgestellt, daß der Gesamtverlust der deutschen
Hochseestreitkräfte während der Kämpfe am 31. Mai und 1.
Juni sowie in der darausfolgenden Zeit beträgt: 1 Schlachtkreuzer,
1 älteres Linienschiff, 4 kleine Kreuzer und 5 Torpedoboote.
Von diesen Verlusten sind in den bisherigen amtlichen Bekanntgaben als
gesunken bereits gemeldet:
S. M. S. "Pommern" (von Stapel gelaufen 1905), S. M. S. "Wiesbaden",
S. M. S. "Elbing", S. M. S. "Frauenlob" und fünf
Torpedoboote.
Aus militärischen Gründen ist bisher von der Bekanntgabe des
Verlustes S. M. S. "Lützow" und "Rostock" Abstand
genommen worden. Gegenüber falschen Deutungen dieser Maßnahme
und vor allem in Abwehr englischer Legendenbildungen über ungeheuerliche
Verluste auf unserer Seite müssen diese Gründe nunmehr zurückgestellt
werden. Beide Schiffe sind auf dem Wege zu ihren Reparaturhäfen verloren
gegangen, nachdem die Versuche fehlgeschlagen waren, die schwerverletzten
Schiffe schwimmend zu erhalten. Die Besatzungen beider Schiffe einschließlich
sämtlicher Schwerverletzten sind geborgen worden.
Während hiermit die deutsche Verlustliste abgeschlossen ist, liegen
sichere Anzeichen dafür vor, daß die tatsächlichen englischen
Verluste wesentlich höher sind, als von unserer Seite auf Grund eigener
Beobachtungen festgestellt und bekannt gegeben worden ist. Aus dem Munde
der englischen Gefangenen stammt die Bekundung, daß außer
"Warspite" auch "Prinzeß Royal" und "Birmingham"
vernichtet sind.
Auch ist zuverlässigen Nachrichten zufolge das Großkampfschiff
"Marlborough" vor Erreichung des Hafens gesunken.
Die Hochseeschlacht vor dem Skagerrak war und bleibt ein deutscher Sieg,
wie sich allein schon aus der Tatsache ergibt, daß selbst bei Zugrundelegung
nur der von amtlicher englischer Stelle bisher zugegebenen Schiffsverluste
einem Gesamtverlust von 60720 deutschen Kriegsschiffstonnen ein solcher
von 117750 englischen gegenübersteht.
Der
Chef des Admiralstabes der Marine. 1) |