Der Weltkrieg am 13. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Weiteres Vorrücken südwestlich Douaumont

Großes Hauptquartier 13. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz: 

Gegen einen Teil unserer neuen Stellungen auf den Höhen südöstlich von Ypern sind seit heute örtliche Angriffe der Engländer im Gange. 
Auf dem rechten Maasufer, beiderseits des von der Feste Douaumont nach Südwesten streichenden Rückens schoben wir unsere Linien weiter vor.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
An der Düna südöstlich von Dubena zersprengte das Feuer unserer Batterien eine russische Kavalleriebrigade. Nordöstlich von Baranowitschi war das feindliche Artilleriefeuer lebhafter. 
Die Armee des Generals Grafen Bothmer wies westlich von Prezewloka an der Strypa feindliche Angriffe restlos ab. Bei Podhajce wurde ein russisches Flugzeug von einem deutschen Flieger im Luftkampf bezwungen; Führer und Beobachter - ein französischer Offizier - sind gefangen, das Flugzeug ist geborgen. 
Balkankriegsschauplatz: 
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der schweren Kämpfe in Ostgalizien und der Bukowina

Wien, 13. Juni.
Amtlich wird verlautbart: 
Russischer Kriegsschauplatz:
 
Am Pruth südlich von Bojan wurde ein russischer Angriff abgewiesen. In Zadogora, Snyatin und Horodenka ist feindliche Kavallerie eingerückt. Bei Burkanow an der Strypa scheiterten mehrere russische Vorstöße. Nordwestlich von Tarnopol stehen unsere Truppen ohne Unterlaß im Kampfe. 
Bei Sapanow wurde ein russischer Angriff durch unser Geschützfeuer vereitelt. Südwestlich von Dubno trieben wir einen feindlichen Kavalleriekörper zurück. 
In Wolhynien hat feindliche Reiterei das Gebiet von Torozyn erreicht; es herrschte zum größten Teile Ruhe. Bei Sokul am Styr trieb der Feind seine Truppen zum Angriff vor; er wurde geworfen. 
Auch bei Kolki sind alle Übergangsversuche der Russen gescheitert. Die Zahl der hier eingebrachten Gefangenen stieg auf 2000.
Italienischer Kriegsschauplatz: 
An der Front zwischen Etsch und Brenta und in den Dolomiten waren die Artilleriekämpfe zeitweise, wenn die Sichtverhältnisse sich besserten, sehr lebhaft. An mehreren Punkten erneuerten die Italiener ihre fruchtlosen Angriffsversuche.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Unverändert. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See: 
Am 12. morgens drangen drei feindliche Torpedoeinheiten in den Hafen von Parenzo ein. Sie wurden durch Abwehrbatterien und Flugzeuge vertrieben. Ihr Geschützfeuer blieb wirkungslos. Nur eine Mauer und ein Dach wurden leicht beschädigt, niemand verwundet, während die Batterien und die Flieger Treffer erzielten.

Flottenkommando. 1)

 

Die russische Offensive

Berlin, 13. Juni. (Priv.-Tel.)
Die von dem österreichischen Kriegspressequartier schon seit längerer Zeit als sicher bevorstehend angekündigte russische Offensive in Wolhynien, Galizien und der Bukowina ist seit mehreren Tagen mit ungeheurer Wucht im Gange. Mit starkem Trommelfeuer haben die Russen ihre unter großem Menscheneinsatz durchgeführten Infanterieangriffe eingeleitet, und es läßt sich nicht leugnen, daß die österreichisch-ungarischen Linien an verschiedenen Stellen weit zurückgeschoben worden sind. Das ist in den amtlichen Meldungen der österreichisch- ungarischen Heeresleitung auch offen zugegeben worden. Die Russen melden nun eine sehr große Zahl von Gefangenen, die sie gemacht haben wollen, und berichten auch über viel Kriegsgerät, das ihnen in die Hände gefallen ist. Wieweit die russischen Meldungen darüber der Wahrheit entsprechen, läßt sich zurzeit nicht feststellen. Aber wenn auch von dem, was sie melden, ein erheblicher Teil wird abgezogen werden müssen, so bleibt doch bestehen, daß die Russen bei den bisherigen Kämpfen einen Erfolg gegen unsere Bundesgenossen erzielt haben. Das Ziel der russischen Offensive ist wohl gewesen, den österreichisch - ungarischen Flügel aufzurollen und die Linien nach dem Muster, das wir bei Tarnow - Gorlice gegeben haben, zu durchbrechen. Zweifellos ist ihnen das nicht gelungen, wie sie es sich gedacht haben; denn vor den deutschen Kräften, die im Verband der österreichisch - ungarischen Truppen in Galizien kämpfen, sind, wie das in den deutschen und österreichischen Heeresberichten auch festgestellt worden ist, die feindlichen Angriffe abgeschlagen worden, und der russische Angriff ist zum Stehen gekommen. Zwar suchen die Russen der aufhorchenden Welt einzureden, daß unter den Gefangenen auch viele Deutsche seien, aber sie werden damit nicht allzu viel Glauben finden, und die Zahl der etwa in Gefangenschaft geratenen deutschen Truppen kann nur ganz gering sein. Dieses Standhalten des unter dem Befehl des Generals Bothmer kämpfenden Zentrums eröffnet aber die Hoffnung, daß, wie so oft schon, auch diesmal die russische Offensive in Blut erstickt werden wird, und wir können auch zuversichtlich erwarten, daß unsere Heeresleitung und die Heeresleitung unserer Verbündeten durch Gegenmaßnahmen alles tun werden, zu verhüten, daß die Russen aus ihren ersten Erfolgen wirklich große strategische Vorteile ziehen können. Die zahlenmäßige russische Übermacht hat uns trotz mancherlei Teilerfolgen, die ihr vergönnt gewesen sind, während dieses zweijährigen Krieges niemals geschreckt, und deshalb liegt auch keinerlei Grund zu der Besorgnis vor, daß uns durch die russische Offensive der Sieg streitig gemacht werden könnte.
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Die "Tubantia"-Untersuchung

Berlin, 13. Juni. (W. B.) 
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt eine ausführliche Veröffentlichung über die Untersuchung der "Tubantia"-Angelegenheit. Von zuständiger Stelle ist danach der niederländischen Regierung als Ergebnis der deutschen Untersuchung mitgeteilt worden, daß die in den Rettungsbooten der "Tubantia" gefundenen Torpedoteile von einem deutschen 45 Zentimeter-Bronzetorpedo 2033 herrühren. Dieser Torpedo ist am 6. März 1916 nachmittags 4 Uhr 43 Minuten 4 Seemeilen nordöstlich des Noordhinder Feuerschiffes von einem deutschen Unterseeboot als Fehlschuß auf einen britischen Zerstörer abgefeuert worden. Diese Tatsache wird durch eine dem Artikel der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" beigefügte Erklärung des deutschen Admiralstabs vom 9. Juni belegt. Der verschossene Torpedo 2033 ist von keinem deutschen Unterseeboot oder einem anderen deutschen Kriegsfahrzeug wieder an Bord genommen worden, wie dienstliche Meldungen aller in Frage kommenden Kommandanten bestätigen. In der Nacht vom 15. zum 16. März, wo die "Tubantia" unterging, befand sich kein deutsches Tauchboot oder anderes deutsches Kriegsfahrzeug innerhalb zehn Seemeilen um die Untergangsstelle der "Tubantia", wie aus den dienstlichen Meldungen aller in Betracht kommenden Kriegsfahrzeuge hervorgeht. Die Gutachten der technischen Sachverständigen lassen es wohl als möglich erscheinen, daß das Schiff gegen den treibenden Torpedo gestoßen ist. Fehlgegangene Torpedos können oft viele Tage umherschwimmen, wobei der explosionsfähig bleibende Kopf in Schräglage mehrere Meter unter Wasser bei einem Zusammenstoß mit einem Gegenstand explodieren muß. Die erschöpfende deutsche Untersuchung hat zur Überzeugung der deutschen Regierung ergeben, daß kein deutsches Kriegsfahrzeug die "Tubantia" versenkte. Dem Artikel sind angeschlossen eine Erklärung des deutschen Admiralstabes über die in dem Artikel enthaltenen tatsächlichen Angaben, ferner ein Gutachten des Werftdepartements des Reichsmarineamts über die Beschädigungen der "Tubantia" und die daraus zu ziehenden Schlüsse.
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Die italienische Ministerkrise

Mailand, 13. Juni. (Priv.-Tel.) 
Der Abgang Salandras und seiner Kollegen erfolgte gestern in bitterböser Form unter heftigem Tumult. Die Opposition der Kammer war dadurch verstimmt, daß der Abgeordnete Schanzer, weil er gegen das Ministerium gestimmt hatte, auf offener Straße in Rom tätlich angegriffen worden war. Unter Anspielung auf diesen Vorfall sagte Turati, die Kammer wünsche nicht, daß ein Ministerium wiederkehre, unter dessen Teilnahme oder stillschweigender Billigung im Mai 1915 die Pöbelexzesse und Plünderungen in Mailand vorgekommen seien. Salandra stand leichenblaß auf, um diese Anklage Turatis als "gemeine Lüge" zurückzuweisen. Der Chor der Sozialisten antwortete: "Plünderer von Mailand, wir erwarten euch vor Gericht!" Salandra protestierte abermals, während Sonnino und Carcano ihn zu beruhigen suchten. Der Ministerpräsident verließ dann, von fünf bis sechs Kollegen gefolgt, den Sitzungssaal.

Rom, 13. Juni. (W. B.) 
Der "Messaggero" meldet: Boselli ist gestern zweimal vom König in langer Audienz empfangen worden. Gestern abend ist Boselli mit keiner politischen Persönlichkeit zusammengekommen. Man versichert jedoch, daß er heute mit den Präsidenten der beiden Kammern und den wichtigsten politischen Persönlichkeiten, die sich in Rom befinden, Unterredungen haben wird, um alsdann dem König mitzuteilen, ob er die angebotene Würde annehmen will oder nicht.

Mailand, 13. Juni. (Priv.-Tel.) 
Der "Secolo" erklärt sich als Wortführer der Kriegslinken, welche Salandra stürzte, mit der Berufung Bosellis einverstanden, da dieser Salandras Kriegswerk ohne dessen Schwächen fortzuführen verspreche. Das Blatt befürwortet die Wiederkehr Sonninos zur Consulta wegen des Vertrauens, das Sonnino bei der Entente genieße, und nennt als voraussichtliche Mitglieder des Kabinetts Boselli, Bissolati, Luzzatti, den Soziologen Nitti-Neapel, die Radikalen Saechi und Fera, den Agronomen Bianchi. Weiter soll ein Portefeuille für Ernährungsfragen geschaffen werden. - Die sozialistische Fraktion erließ einen Aufruf, der die neue Regierung auffordert, nicht den bei allen Völkern wachsenden Friedensbestrebungen entgegenzutreten.
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Eine neue Rede Wilsons


US-Präsident Woodrow Wilson

New York, 13. Juni. (W. B.) 
In seinen Ansprachen an die Zöglinge der Militärakademie in Westpoint sagte Wilson, daß die Vereinigten Staaten, wenn die Zeit für den Friedensschluß gekommen sei, eine uneigennützige Rolle spielen würden. Unter allem, was die Vereinigten Staaten wünschten, sei nichts, was sie durch den Krieg erlangen müßten. Wohl aber gebe es vieles, was die Vereinigten Staaten tun müßten. Sie müßten vor allem dafür sorgen, daß ihre Lebensinteressen nicht durch irgend eine andere Macht bedroht werden. Über die Rüstungen sagte Wilson, die Welt werde einsehen lernen, daß Amerika wirklich meint, was es sagt. Wilson erklärte weiter, es habe ihn in der letzten Zeit sehr beunruhigt, daß einige von denen, die die amerikanischen Bürgerrechte erworben hätten, wenn dies auch nach seiner Meinung nur eine sehr kleine Zahl sei, den Geist Amerikas nicht in sich aufgenommen hätten und andere Länder dem Lande, dessen Bürger sie geworden seien, vorzögen. Für Menschen, die Amerika nicht über alles stellten, sei in Amerika kein Platz. Wilson schloß: Wir sind bereit, uns mit den übrigen Völkern der Welt zu vereinigen, um dafür zu sorgen, daß die Gerechtigkeit, an die wir glauben, über alles zur Herrschaft gelangt.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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